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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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des 28. Dezember durchzugehen, und noch nicht sehr weit gekommen.
    »Um das noch einmal zu wiederholen, Mrs. Barbieto, Sie haben gehört, daß die Witts sich stritten?«
    »O ja. Die Häuser stehen nicht weit auseinander. Sie haben sich angeschrien, und der Junge weinte.«
    »Konnten Sie einzelne Worte verstehen?«
    Mrs. Barbieto legte den Finger an die Lippen. »Nein«, sagte sie schließlich, »nicht an jenem Morgen.« Sie deutete damit an, daß sie an anderen Tagen sehr wohl etwas verstanden hatte. Aber Powell war klug genug, an diesem Punkt nicht weiterzubohren. Freeman würde sofort aufspringen, falls er es täte, und hätte recht. Es ging hier nur um diesen einen Morgen.
    »Gut. Könnten Sie uns nun etwas über die Ereignisse erzählen, die den Schüssen vorausgingen?«
    »Also, ich war in meiner Küche und hab Huhn für adobo kleingeschnitten. Die Küche liegt mit dem Fenster zur Seitenwand des Hauses der Witts.«
    »Sie standen direkt am Fenster?«
    »Ich hab das Huhn auf der Arbeitsplatte geschnitten. Das Fenster ist über der Spüle. Weiter hinten ist noch ein Fenster, das wegen dem Essig einen Spalt offenstand.«
    »Wegen dem Essig?«
    »Für das adobo.«
    Powell nickte, als wüßte er, wovon sie sprach. »Ich verstehe. Und deshalb konnten Sie hören, was sich nebenan abspielte?«
    »Nicht mehr. Sie hatten aufgehört.«
    »Sie hatten aufgehört zu schreien, meinen Sie?«
    » Ja. «
    »Und wie lange blieb es relativ ruhig dort drüben, nebenan beiden Witts?«
    »Nicht sehr lang. Vielleicht eine Minute. Ich habe meinen Kaffee weggeräumt, die Tasse saubergemacht und in die Waschmaschine gestellt...«-... Hardy hatte die Vision einer Waschmaschine voller Porzellanscherben, kein Wunder, daß das Mistding nicht funktionieren wollte - ... »dann habe ich das Huhn rausgeholt und kleingeschnitten, und dann hörte ich plötzlich, wie jemand Nein schrie, und dann diesen schrecklichen Knall. Es mußte ein Schuß gewesen sein. Trotzdem, ich dachte an all die Streitereien am Morgen und das ganze Wochenende über, und dann ist da dieser Krach, also geh ich ans Fenster.«
    »An das Fenster, das einen Spalt geöffnet war?«
    »Ja, zu dem weiter hinten. Als ich dort bin, höre ich noch einen Schuß. Er ist so laut, daß ich fast das Gefühl habe, als ob er mich selbst trifft.«
    Powell nickte wieder mehrmals, drehte sich dann um, suchte mit den Augen den Tisch der Verteidigung. Jennifer saß nach vorn gebeugt, ihre Hände lagen zur Faust geballt auf der Tischplatte. Sie erwiderte seinen direkten Blick.
    »Und was haben Sie dann gemacht?«
    »Na ja, da steht ein Stuhl gleich am Fenster. Ich hab mich hingesetzt und versucht nachzudenken. Ich wußte nicht, was ich davon halten soll.«
    »Was konnten Sie von diesem Stuhl aus sehen?«
    »Einen Teil der Hecke, dann die Hausseite nach hinten.«
    »Entschuldigen Sie. Meinen Sie die Seite des Hauses oder die Rückseite?«
    »Die Seite, aber wissen Sie, nach hinten raus eben. Außer, daß nichts passiert. Ich sehe ein oder zwei Minuten lang gar nichts, ich sitze nur da und versuche nachzudenken, was ich tun soll. Dann denke ich, ich sollte lieber rausgehen oder vielleicht meinen Mann rufen, ich weiß auch nicht.« Mrs. ßarbieto durchlebte den Augenblick aufs neue, verdrehte mit Jen Händen den Stoff ihres Kleides und rutschte auf dem Stuhl des Zeugenstands hin und her. »Dann hab ich mir gesagt, ich muß raus und nachsehen. Wenn was nicht in Ordnung ist, kann ich vielleicht helfen. Es ist so still jetzt, noch stiller als vorher, als sie sich nicht mehr gestritten haben.«
    Powell stand nun neben ihr, beruhigend, aber hartnäckig. »Und was haben Sie dann gemacht?«
    Mrs. Barbieto holte Luft. »Ich bin nach nebenan gegangen und hab geklingelt. Dann warte ich und klingele noch mal. Aber niemand macht auf, und ich weiß doch, der Krach kam aus dem Haus, das ist erst eine Minute her, also muß doch jemand drin sein. Aber keiner hat aufgemacht.«
    Sie schüttelte den Kopf und warf Jennifer verstohlene Blick zu, hatte offensichtlich Angst, sie anzusehen. Hatte vielleicht, so sah es wohl in den Augen der Geschworenen aus, Angst vor Jennifer. Powell holte sie wieder auf den Boden zurück, indem er die sicherste Frage stellte, die sich in einem Gerichtssaal stellen läßt. »Und was haben Sie dann gemacht?«
    »Ich hab noch eine Minute abgewartet, aber es kam niemand, also hab ich versucht, die Tür aufzumachen, aber sie ließ sich nicht öffnen, und dann hab ich Angst bekommen und bin

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