Das Urteil
zubrachte, sie mit Öl und extrafeiner Stahlwolle blank zu schmirgeln. Seines Wissens war die Pfanne noch nie mit Spülmittel in Berührung gekommen.
Frannie las gerade Rebecca vor dem Zubettbringen etwas vor. Hardy hatte Schalotten entdeckt und vier davon kleingeschnitten, mit Butter und Olivenöl und ein wenig Petersilie in die Pfanne geworfen. Er nahm einen Schluck von seinem Chardonnay und gab ein paar Tropfen Wein in die Pfanne. Ein kleiner Topf mit Reis stand auf einer anderen Herdplatte, und Hardy hob den Deckel ab, um nachzusehen, wie weit er war. Gutes Timing war alles. Er drehte die Flamme unter der gußeisernen Pfanne aus. Die Garnelen würden nur zwei Minuten brauchen, und er wollte warten, bis Frannie mit Beck fertig war. Er ließ sein Glas Wein stehen und ging durch das Schlafzimmer in den Raum, der ihm zehn Jahre lang als Arbeitszimmer gedient hatte.
Jetzt, mit hellblau gestrichenen Wänden und von einer Menagerie aus mit Schablone aufgemalten Tieren umgeben, war es ein Kinderzimmer. Rebecca trug ihren neuen türkisfarbe- n en Seidenpyjama. Ihr Daddy mochte den am allerliebsten, deshalb zog sie ihn jede Nacht an - er würde ihr bald einen zweiten kaufen müssen. Sie hockte inmitten eines halben Dutzends ihrer »Freunde« - ein Teddybär und ein Hase und eine Puppe aus Stoffresten und einige andere, alle hatten einen Namen -, halb auf Frannies Schoß und halb lässig auf dem kleinen Sofa der Regenbogenkinder ausgestreckt, völlig bezaubert von den Abenteuern des braven Hundes Carl Good Dog. Hardy stand in der Tür und genoß die Szene. Er ging zu den beiden hinüber, setzte sich zu ihnen, und Beck veränderte ihre Lage, bis sie bei beiden Eltern auf dem Schoß lag. Hardy legte den Arm um Frannie, und sie kuschelte sich an ihn, roch verlockend süß.
Es gefiel ihm nicht besonders, daß Frannie weiterhin mit Jennifer sprach, aber Frannie hatte ein schlechtes Gefühl dabei, sie im Stich zu lassen, andererseits wollte sie Jennifer nicht im Gefängnis aufsuchen, also telefonierte sie dann und wann mit ihr.
»Sie scheint voller Zuversicht, daß David sie am Ende doch rauskriegt.«
»Ich hoffe es.« Hardy packte eine Garnele am Schwanzende und biß einmal ab. »Ich hab den Bogen allmählich raus«, sagte er. »Die hier sind richtig gut gelungen.«
Frannie war nicht seiner Meinung. »Die sind nicht nur gut gelungen, die sind perfekt. Jedesmal, wenn du dich dranmachst, für ein Abendessen wie dies hier ein paar Kleinigkeiten in die Pfanne zu schmeißen, wird es ein echter Hit.« Frannie stillte Vincent inzwischen nicht mehr. Sie trank ein wenig Wein. »Du hörst dich aber nicht so überzeugt an.«
»Na ja, David zieht wirklich eine gute Show ab. Heute hättest du ihn sehen sollen. Du gehst aus dem Gerichtssaal und hast das Gefühl, der ganze Spaß war sein Geld wert.«
»Aber ...?«
»Aber ich weiß nicht so recht.«
Frannie legte die Gabel hin und sah ihn im Kerzenlicht über den Tisch hinweg an. »Machst du dir wirklich Sorgen?«
»Ich mach mir wirklich Sorgen.« Er stocherte im Reis herum. »Heute hatte er Florence Barbieto ungefähr sechs Stunden lang im Kreuzverhör und hat dabei nachgewiesen, daß sie jedesmal, wenn sie eine Minute sagte - und das hat sie oft gesagt -, nicht wortwörtlich eine Minute meinte. Aber falls dieser Alvarez, der Nachbar von gegenüber, aussagt, er hat gesehen, wie Jennifer das Haus - bitte verzeih den Ausdruck - eine Minute nach den Schüssen verlassen hat, dann war sie eben doch da.«
»Aber diese andere Frau, die du ausfindig gemacht hast. Die Joggerin ...«
»Ja, schon. David wird sie mit großem Brimborium vorführen - und ich bin froh, daß ich sie gefunden habe -, und sie wird sagen, daß sie die Schüsse gehört hat, oder irgendwelchen Krach, der sich wie Schüsse anhörte, und daraufhin stehengeblieben und direkt am Tor wieder losgelaufen ist, aber Powell braucht sie nur zu fragen, woher sie überhaupt weiß, daß es am selben Tag war. Sie weiß es nicht. Wenn Alvarez bei seiner Identifizierung bleibt, dann war Jennifer zu der Zeit zu Hause, und dann verlieren wir höchstwahrscheinlich.« Er zeigte auf ihren Teller, sein Gesicht wurde weicher. »Iß deine Garnele, junge Frau, das macht dich groß und stark.«
Frannie biß gehorsam einmal ab, aber in Gedanken war sie ganz woanders. »Ich kann einfach nicht glauben, daß jemand -dieser Mann da, Powell -, der mit ihr gesprochen und sie gesehen hat, so darauf aus sein kann, sie in den Tod zu schicken. Du großer
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