Das Urteil
zurück in mein Haus gelaufen und hab d ie 911 ange rufen.«
»Und was haben Sie dann gemacht?«
»Ich hab mich ans Fenster gesetzt, das nach vorn rausgeht, bis der Polizeiwagen kam, vielleicht ein paar Minuten lang. Ich hatte Angst, draußen zu bleiben.«
Powell begleitete sie mit seinen Fragen durch die nächsten ein oder zwei Stunden, nachdem der Polizeiwagen aufge taucht, Jennifer vom Joggen nach Hause gekommen und die Mordkommission eingetroffen war, erfragte Mrs. Barbietos Handlungen und Eindrücke. Es war ein schnörkelloser Be richt, der Hardys Ansicht nach Jennifer nicht besonders schadete. Schließlich und endlich war jemand in dem Haus gewe sen und hatte die Morde begangen - aber keine von Mrs. Barbietos Aussagen belastete Jennifer unmittelbar. Es ließ sich immer noch argumentieren, daß sie nicht zu Hause gewesen war.
Als Powell die Zeugin der Verteidigung übergab, stand Freeman nicht auf. Statt dessen sah er zuerst die Richterin, dann die Zeugin an. »Ich bitte das Gericht um eine Minute Zeit, Euer Ehren.«
Er saß da, ohne sich zu rühren. Er schaute nicht in seine Aufzeichnungen. Seine Arme lagen verschränkt auf dem Tisch. Nach ungefähr zehn Sekunden Stille wurde es im Gerichtssaal unruhig, die Leute rutschten auf ihren Stühlen hin und her, räusperten sich. Freeman schien es nicht zu bemerken. Hardy sah zu ihm hinüber; Jennifer tat das gleiche. Die Sekunden vergingen.
Powell stand nach etwa einer halben Minute auf. »Euer Ehren ...«
Villars stimmte ihm zu. Sie zeigte mit dem Hammer auf den Anwalt. »Mr. Freeman, wollen Sie Mrs. Barbieto nun ins Kreuzverhör nehmen oder nicht? Wenn ja, dann fangen Sie bitte an.«
Dieser Wortwechsel dauerte ungefähr zehn Sekunden, und Freeman begann sich schließlich zu bewegen. Langsam streckte er sich, stand auf, griff sich seinen gelben Notizblock. Er hatte noch immer kein Wort gesagt. Er seufzte, trat ein paar Schritte vor, warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Jetzt!« rief er. Die Hälfte der Geschworenen schreckte hoch, die Zeugin ebenso.
Freeman drehte eine schnelle Runde vor der Bank für die Jury, nahm den ganzen Raum in Augenschein. »Das war eine Minute.«
Er begab sich jetzt direkt zum Zeugenstand und lächelte. »Nun, Mrs. Barbieto, bitte entschuldigen Sie diese kleine Demonstration, und wenn ich Sie erschreckt habe, dann tut es mir leid. Aber es gibt einige grundlegende Probleme in Ihrer Zeugenaussage, was die Zeit angeht, und ich dachte, es wäre sehr hilfreich, einmal darüber nachzudenken, was eine Minute eigentlich ist.«
Sein Vorgehen verstieß gegen alle Regeln. Er stellte der Zeugin keine Fragen. Villars schickte sich an, ihn zu maßregeln, aber er ging jetzt sofort ans Werk. »Sie haben ausgesagt, daß das Geschrei im Hause der Witts, Zitat, ungefähr eine Minute, Zitatende, aufhörte, bevor Sie eine Stimme Nein schreien hörten, und dann den Schuß, ist das korrekt?«
Mrs. Barbieto sah Freeman an, als sei er verrückt, und sie mochte damit mindestens zur Hälfte recht haben. Sie nickte, ja, das stimmte ...
Die Richterin sah zu der Zeugin hinüber. »Bitte benutzen Sie Worte in Ihren Antworten. Ein Nicken genügt nicht.«
»Tut mir leid«, sagte Mrs. Barbieto. »Wie war noch mal die Frage?«
Freeman wiederholte sie, und dieses Mal sagte sie ja, es hatte ungefähr eine Minute gedauert.
»Nur um in diesem Punkt ganz sicher zu gehen, als Sie dort saßen und Ihren Kaffee tranken, da haben Sie drüben in dem Haus den Streit gehört?«
» Ja. «
»Genauso lange, bis Sie Ihren Kaffee ausgetrunken hatten und aufgestanden sind?«
»Vielleicht nicht so lange.«
»Vielleicht nicht so lange?«
»Aber währenddessen. Solange ich saß.«
»Ungefähr eine Minute vorher?«
»Ja, ungefähr.«
»Gut, und im Verlauf dieser Minute sind Sie vom Kaffeetisch aufgestanden - wo haben Sie ihn übrigens getrunken?«
»Direkt am Fenster, das weiter hinten liegt.«
»Gut, also am Fenster weiter hinten. Sie haben Ihre Tasse nach vorn zum Spülbecken getragen, ist das richtig?«
» Ja. «
»Und was dann?«
»Dann habe ich sie abgewaschen.«
»Mit Spülmittel?«
Powell erhob sich und wollte Einspruch erheben, aber Villars gab dem nicht statt. Sie mochte der Ansicht sein, daß Freeman ein Armleuchter sei, aber in diesem Fall folgte er einer nachvollziehbaren Spur, und die mochte ja sogar zu irgend etwas führen.
»Nein, ich spüle sie nur ab und stelle sie dann in die Waschmaschine.«
Freeman lächelte, sichtlich mit ihr, nicht über
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