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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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sie. »Ich will Sie nicht kritisieren, Mrs. Barbieto, aber wollen Sie damit sagen, Sie haben die Tasse in die Geschirrspülmaschine gestellt?«
    Na also, so ein übler Kerl war er ja gar nicht. Mrs. Barbieto lächelte verlegen. »Ja, ich meinte die Geschirrspülmaschine.«
    »Gut.« Freeman fuhr fort zu rekapitulieren, was sie bis dahin alles gemacht hatte und wiederholte dabei vor dem Zeugenstand pantomimisch den Handlungsablauf. »Und was haben Sie dann gemacht?«
    Powell versuchte erneut einen Einspruch, indem er anführte, sie habe diese Fragen bereits beantwortet. Villars gab dem Einspruch nicht statt.
    »Sie meinten das Hühnchenschnippeln?«
    »Wenn es das ist, was Sie danach gemacht haben, ja.«
    Sie versuchte zu bocken, ihr Gesicht verdüsterte sich. »Die Sachen, die ich in der Küche gemacht habe, das hab ich gemacht.«
    »Haben Sie die Küche in dieser Zeit verlassen?«
    Sie schwieg.
    »Mrs. Barbieto, haben Sie die Küche in dieser Zeit verlassen?«
    Die Zeugin sah zur Richterin hoch. »Ich muß zur Toilette gehen.«
    »Mr. Freeman«, sagte Villars, »brauchen Sie hierfür noch lange? Die Zeugin muß zur Toilette.«
    »Nein, nein, nein!« Mrs. Barbieto war jetzt äußerst verlegen. »So sage ich eben ... habe ich gesagt. Ich muß ... Ich mußte zur Toilette.«
    Freeman blieb einen Augenblick reglos stehen. »Sie sind zur Toilette gegangen, bevor Sie das Hühnchen zerkleinert haben? Können Sie sich daran erinnern, wie lang sie dort blieben?«
    Die Zeugin wand sich, ihr war dieses Thema sichtlich unangenehm. »Nicht lang, vielleicht eine Minute, ich weiß nicht genau.«
    Im Gerichtssaal ließ sich ein leichtes Raunen vernehmen. Freeman, der erreicht hatte, worauf er hinaus wollte, achtete nicht weiter darauf und versuchte, Mrs. Barbieto wieder auf seine Seite zu ziehen. »Gut, lassen Sie uns nun fortfahren. Sie haben ausgesagt, daß Sie dann begonnen haben, ein Huhn kleinzuschneiden. Wo lag dieses Huhn vorher?«
    Freeman führte sie Schritt für Schritt, daß es einen verrückt machen konnte, in der Aussage weiter - das Huhn lag eingewickelt im Kühlschrank, sie war vom Kühlschrank quer durch die Küche zum Spülbecken gegangen, hatte es ausgewickelt, dann das feuchte Einwickelpapier weggeworfen, das Huhn in kaltem Wasser gewaschen, es mit einem Handtuch abgetrocknet. Zuerst hatte sie die Flügel abgeschnitten, dann die Beine und Schenkel im Stück. Als nächstes hatte sie ein Bein vom Schenkel abgetrennt - und genau in dem Moment, als sie das andere Stück zerteilen wollte, hörte sie den Schrei und dann den Schuß.
    »Nun. Mrs. Barbieto«, kam Freeman, weiterhin freundlich und hilfsbereit, zum Schluß, »aus diesem Grund haben wir die Befragung mit meiner kleinen Demonstration darüber begonnen, was eine Minute eigentlich ist. Eine Minute ist, wie Sie wissen, nicht nur ein kurzer Zeitabschnitt. Es ist ein exakter Zeitabschnitt - sechzig Sekunden. Und Sie haben ausgesagt, daß Sie Jennifer eine Minute - sechzig Sekunden - lang mit ihrem Mann streiten hörten, bevor Sie den ersten Schuß hörten.«
    »Nein, das war länger.«
    »Es war möglicherweise sehr viel länger, nicht wahr? Vielleicht sogar so lang wie, sagen wir, zehn Minuten?«
    »Das weiß ich nicht. Ich hab nicht auf die Uhr gesehen. Wissen Sie, es kam mir einfach nicht sehr lang vor.«
    Aber ohne weiteres, dachte Hardy, lang genug, daß Jennifer das Haus verlassen und »ein anderer Typ« das Haus betreten und die Morde begehen konnte.
    Freeman wartete ein Weilchen ab, damit die Geschworenen diese Tatsache auch mitbekommen konnten, zog die Notizen zu Rate, die er in der Hand hielt. Dann faßte er seinen Entschluß und wandte sich an die Richterin. »Euer Ehren, es ist fast halb eins. Es gibt noch eine Menge Fragen, die ich dieser Zeugin stellen möchte, aber jetzt wären wir an einem guten Punkt angelangt, um eine Unterbrechung einzuschieben, sofern die Staatsanwaltschaft keine Einwände hat.« Die Staatsanwaltschaft hatte keine.

36
    Auszeit.
    Hardy besaß eine schwarze, gußeiserne Bratpfanne, die seine Eltern ihm geschenkt hatten, als er von zu Hause auszog und ans College ging. Die Pfanne war das einzige Stück Hausrat aus jenen längst vergangenen Tagen, ein Relikt aus seiner eigenen verlorenen Jugend. Sie wog um die fünf Pfund, und ihre Bratfläche war so glatt und schwarz wie Hämatit. Nach dem Gebrauch pflegte er sie mit Salz zu reinigen und mit einem Handtuch auszuwischen, auch wenn er alle paar Jahre eine volle Stunde damit

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