Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
Vom Netzwerk:
keinerlei Grundlage für die Behauptung der Staatsanwaltschaft, daß Fluchtgefahr gegeben ist. Mrs. Witt ist seit Dezember in der Stadt geblieben, und sie muß zumindest geahnt haben, daß sie zu der Zeit unter Verdacht stand. Sie hat sich der Verhaftung nicht widersetzt.«
    »Na schön, na schön.« Thomasino lugte über seine Brille. »Trotzdem hatte man, Mr. Freeman, damals noch nicht An klage gegen sie wegen irgendeines Verbrechens erhoben, geschweige denn wegen drei Fällen von Mord, auf den die Todesstrafe steht. Jetzt haben wir eine andere Situation, würden Sie mir da nicht zustimmen?«
    »Euer Ehren, Mrs. Witt hat diese Verbrechen nicht begangen, und ihr ist viel daran gelegen, daß die Sache vor Gericht geklärt und ihr Name von jedem Verdacht reingewaschen wird.«
    Thomasino hätte beinahe gelächelt. »Ja. Nun, sie wird die Gelegenheit dazu bekommen, doch ich bin beinahe geneigt, der Staatsanwaltschaft beizupflichten, daß sie angesichts der Möglichkeit der Todesstrafe zumindest versucht sein könnte, diese Gelegenheit verstreichen zu lassen. Und ohne alle verbliebenen Bande zu dieser Stadt und ohne direkte Familienan ...«
    »Euer Ehren!« Jennifers Stimme war eine Überraschung für jedermann im Gerichtssaal. Schließlich waren Angeklagte üblicherweise von dem ganzen Geschehen und von der Tatsache, daß man sich in ihrer Gegenwart in der dritten Person auf sie bezog, so eingeschüchtert, daß ihnen nur selten in den Sinn kam, daß sie ja auch für sich selbst sprechen konnten. Jennifer tat dies. »Heute sind sehr wohl Familienangehörige von mir zugegen.«
    Hardy wandte sich um. In der zweiten Reihe war ein Mann mit ergrauendem Haar, der Thomasinos Bruder hätte sein können, halb aufgestanden. Ein zweiter, jüngerer Mann machte den Eindruck, als überlege er sich, ebenfalls aufzustehen. Zwischen den beiden saß eine Frau in mittlerem Alter.
    Hardy bemerkte ferner einen Blickkontakt zwischen Jennifer und einem gutgekleideten Mann mit Bart, der ein paar Reihen Weiter hinten im Parkett Platz genommen hatte. Wer war er? Und warum machte Jennifer nicht irgendeine freundliche Geste zu ihrem Vater, ihrer Mutter, ihrem Bruder? Sie machte Thomasino auf sie aufmerksam, in der Hoffnung, sie könnten vielleicht dazu beitragen, daß sie auf Kaution freikam, aber sie nickte nicht einem von ihnen zu.
    Thomasino erholte sich rasch wieder. »Na schön, ich danke ihnen. Die Herrschaften da hinten, bitte nehmen Sie wieder Platz.«
    »Mit der Erlaubnis des Hohen Gerichts.« Dean Powell war aufgestanden. »Ich möchte Mrs. Witt gerne fragen, wann sie ihre Familie zuletzt gesehen hat.«
    »Euer Ehren, bitte!« Hardy war sich sicher, daß Freeman ebensowenig wie er selbst auch nur die geringste Ahnung hatte, wovon Powell soeben sprach, aber David war jedenfalls nicht gewillt, solch ein Ansinnen ohne Widerspruch durchgehen zu lassen. Sie waren hier vom eigentlichen Prozeß noch weit entfernt, und die Befragung der Angeklagten kam überhaupt nicht in Frage.
    »Worauf wollen Sie hinaus, Mr. Powell?« »Euer Ehren, im Verlauf der Ermittlungen ist klargeworden, daß Mrs. Witt keine Bindungen zu ihrer Familie unterhält. In Wahrheit sind sie einander seit langem fremd ...«
    Freeman schoß aus der Hüfte. »Und ist das der Grund, weshalb sie heute hier sind, Dean?«
    Der Hammer knallte auf den Tisch. »Mr. Freeman, Sie werden sämtliche Bemerkungen an das Gericht wenden. Klar?«
    »Selbstverständlich, Euer Ehren, tut mir leid.« Wie die meisten der Schachzüge Freemans war auch dieser genau berechnet. Nichts wie weg von einem Punkt, wo man keine Chance hatte, und die Aufmerksamkeit woandershin gerichtet, selbst wenn es einem eine Verwarnung wegen Mißachtung des Gerichts einbrachte. Und Thomasinos Tadel gab ihm ein paar zusätzliche Augenblicke, in denen er sich etwas Neues ausdenken konnte. »Aber Mr. Powell sollte es besser wissen. Die Familie von Mrs. Witt ist hier und heute zugegen und unterstützt sie ganz offensichtlich. Was wollen wir mehr?«
    Thomasino winkte ihm zu, er solle sich setzen und verschränkte die Hände über seinem Hammer. »Mrs. Witt, von der Gegenwart Ihrer Familie wird Notiz genommen, doch das ändert nicht das Gesetz. Dies ist ein Fall, in dem eine Kaution nicht in Betracht kommt.« »Euer Ehren ...« Freeman, ein letztes Mal. Aber Thomasino hatte jetzt genug. Der Hammer wurde mit einem richterlichen Drohblick hochgenommen. Der Richter pochte sachte damit auf den Tisch und verkündete dann:

Weitere Kostenlose Bücher