Das Urteil
Zuschauerraums, gleich neben Dr. Lightner, unmittelbar hinter Hardy und Jennifer, und sie stand ungelenk auf, wie man es von einer Person er warten durfte, die sich mit bandagierten und gebrochenen Rip pen von ihrem Sitz erhob. Sie trug noch immer den Verband über der Nase, die Augen waren blaugrün und zugeschwollen.
Die Reporter knipsten Fotos, als Nancy sich unter Schmer zen langsam bis zum Mittelgang durchquälte. Villars duldete das nicht - sie hatte Kameras im Saal bis zu diesem Zeitpunkt erlaubt, solange ihr Gebrauch nicht weiter störte, aber das hier War ihr zuviel.
Sie klopfte mit dem Hammer auf den Tisch. »Das reicht jetzt mit den Fotos. Setzen Sie sich alle hin. Ab sofort unter sage ich Kameras im Gerichtssaal. Wer eine Kamera dabeihat, kann jetzt den Saal verlassen. Wachtmeister, bitte stellen Sie sicher, daß das geschieht.«
Die Justizwachtmeister gingen vor zur Trennbarriere. Im nachfolgenden Tumult, als die Reporter entweder den Saal verließen oder die Kameras an ihre Assistenten weiterreichten, damit diese sie aus dem Saal brachten, ging Nancy DiStephano durch die Barriere und machte beim Tisch der Verteidigung halt. Jennifer griff nach ihr, und die beiden Frauen hielten sich kurz und wortlos bei den Händen. Die Mutter richtete sich auf und zwang sich dazu, nach vorn in den Saal zu gehen, wo man sie vereidigte.
Hardy bezog rund drei Meter vor dem Zeugenstand Position. »Mrs. DiStephano, in welcher Beziehung stehen Sie zu der Angeklagten?« »Ich bin ihre Mutter.«
Allem Anschein nach hatten doch nicht alle gewußt, was die frühere Unruhe wegen dieser Zeugin zu bedeuten gehabt hatte, weil diese Einlassung erneut für Unruhe hinten im Saal sorgte. Villars rührte sich nicht, also mußte Hardy abwarten, bis es wieder still geworden war. »Mrs. DiStephano, darf ich Sie Nancy nennen?« »Sicher.«
Hardy überlegte sich, daß er wohl die besten Chancen hatte, wenn er ohne Umschweife zur Sache kam. »Nancy, im Interesse der Geschworenen würde ich Sie gerne bitten, uns von Ihren Verletzungen zu berichten.« Powell sprang auf. »Einspruch, Euer Ehren. Irrelevant.« Erstaunlicherweise bat Villars um eine Erläuterung, bevor sie ihre Entscheidung traf. »Mr. Hardy?«
»Euer Ehren, Mrs. Witt ist im Haushalt ihrer Mutter aufgewachsen. Ihre ganze Persönlichkeit wurde dort geprägt. Die Geschworenen sollten wissen, um was für ein Umfeld es sich handelt.«
Villars gab die Erlaubnis für diese Zielrichtung der Befragung. Hardy bedankte sich bei ihr.
Es kam ihm so vor, als hätten er und die Richterin - vielleicht auf osmotischem Wege - so etwas wie eine Übereinkunft getroffen. Es mochte zwar an den weniger strengen Regeln liegen, was die Zulässigkeit von Aussagen in dieser Phase des Prozesses anging, aber er spürte, daß da noch etwas anderes war.
Hardy ging hinüber zum Zeugenstand. »Nancy, man hat Sie vor kurzem aus dem Krankenhaus entlassen, stimmt das?«
»Ja.«
»Würden Sie uns sagen, welche Verletzungen Sie haben?«
Nancy beschrieb die Rippenbrüche, den Nasenbeinbruch, die Nierenschäden, die dazu führten, daß sie Blut im Urin hatte, die Blutergüsse auf den Brüsten, dem Oberkörper, den Oberschenkeln.
»Und wie kam es zu diesen Verletzungen?«
»Mein Mann hat mich verprügelt.«
Im Gerichtssaal herrschte gebanntes Schweigen.
»Ihr Ehemann, Phil DiStephano, der leibliche Vater der Angeklagten?«
»Ja.«
»Und war dies das erste Mal, daß er Sie geschlagen hat?«
Als sie jetzt darüber sprechen sollte, zog sich Nancy zurück, nahm sie die Schultern hoch, genau wie ihre Tochter es tat. Oder war es andersherum? Sie schüttelte den Kopf, und Villars beugte sich über den Richtertisch, sprach mit leiser Stimme. »Sie müssen bitte mit Worten antworten.«
»Nein«, sagte Nancy, »es war nicht das erste Mal.«
Um ihr einen Moment Zeit zu gönnen, ging Hardy ein paar Schritte auf die Bank der Geschworenen zu und drehte sich dann um, sah seine Mandantin an - Jennifer runzelte die Stirn, das Ganze paßte ihr nicht. Hardy ging wieder zurück zu Nancy. »Hat Ihr Mann Sie oft geschlagen?«
Die Zeugin nickte und sagte dann, als sie sich an die Worte der Richterin erinnerte: »Ja.«
»Wie lange ist es her, daß Ihre Tochter, die Angeklagte, von zu Hause ausgezogen ist?«
»Ungefähr zehn Jahre.«
»Und bevor sie auszog, mußten Sie da bereits diese Mißhandlungen durch Jennifers Vater erdulden?«
»Ja ... das ging schon immer so. Phil hat zuviel getrunken und wurde wegen irgendwas
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