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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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wütend und schlug mich.«
    »Und ist das je vor den Augen Ihrer Tochter passiert?«
    »Ja.«
    »Hat er je Ihre Tochter geschlagen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Er hat es ein paarmal angedroht, aber ich habe es nicht zugelassen. Ich habe mich zwi schen die beiden gestellt. Er hat sie sehr gern gehabt.« Auf ihren Wangen waren Tränen zu sehen. »Er hat einfach die Kontrolle verloren.« /
    »Er hat einfach die Kontrolle verloren«, wiederholte Hardy. Er ging erneut ein paar Schritte auf die Geschworenen zu und fragte weiter: »Nancy, hatte dieses Muster, daß Ihr Mann Sie geschlagen hat, Ihrer Meinung nach irgendwelchen offen sichtlichen Einfluß auf Jennifers Verhalten?«
    Nancy stand es durch, ließ die Tränen fließen. Aber genau wie Jennifer sprach sie ungeachtet der Tränen ganz deutlich. »Wir haben nicht darüber geredet, wenn es vorbei war.«
    Das war nicht die Antwort auf die Frage, aber kam ihr nahe. »Sie haben über was nicht geredet?«
    »Es ist einfach passiert, und dann war es vorbei, und alles war genau wie vorher.«
    »Sie haben nicht wahrhaben wollen, daß dies geschehen ist? Die Familie hat es nicht wahrhaben wollen?«
    »Ja. Wir haben einfach so getan, als ob nichts wäre.«
    »Und Jennifer?«
    »Sie wurde immer stiller. Und dann zog sie aus.«
    »Würden Sie sagen, daß sie sich zurückzog, launisch wurde, mißtrauisch?« Damit lotste er die Zeugin im Grunde dahin, wo er sie haben wollte, aber in dieser Phase des Verfahrens war das zulässig, und es würde, so hoffte er, den Geschwo renen doch weitgehend erklären, weshalb Jennifer angesichts der Autorität des Gerichts so augenscheinlich abgebrüht rea gierte.
    »Ja.« Nancy sah zu ihrer Tochter hinüber. »Sie war so ein süßes kleines Mädchen. Sie war mein kleines Baby ...«
    Obwohl sie Haltung bewahrte, lagen Nancys Gefühle offen zutage - ihr Gesicht war tränenüberströmt. Villars beugte sich erneut über den Richtertisch. »Mrs. DiStephano? Hätten Sie gerne, daß wir eine kurze Pause einlegen?«
    Es ging weiter.
    »Nancy, hat Ihre Tochter Ihnen jemals erzählt, was für Ge fühle sie Matt entgegenbrachte?«
    »Matt war ihr ein und alles.«
    »Matt war ihr ein und alles.« Er musterte die Geschworenen, wandte sich dann wieder der Zeugin zu. »Sie hat ihren Sohn geliebt?«
    »Völlig. O ja, mein Gott, ja.«
    »Haben Sie jemals irgendwelche Anzeichen gesehen, daß sie ihn schlecht behandelt hat, mißhandelt hat, irgend etwas in der Richtung?«
    »Nein, nichts. Wenn überhaupt, dann hatte ich den Ein druck, daß sie ein wenig zu fürsorglich war. Ihn vielleicht mehr verwöhnt hat, als ich das getan hätte. Aber ich begriff, warum das so war.«
    »Und warum war das so?«
    »Na ja, was sie miterlebt hatte. Ihr Vater und ich. Larry war genauso, zu fürsorglich. Sie wollten einfach nicht, daß Matt etwas Böses widerfährt.«
    Das war gut. Er ließ Larry und Jennifer an einem Strick ziehen. Drüben am Tisch der Verteidigung stierte Jennifer wortlos weinend starr geradeaus.
    »Nancy« fragte Hardy abrupt, »hätte Ihre Tochter ihren Sohn Matt umbringen können, selbst aus Versehen?« Er hielt den Atem an, wartete.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn sie es getan hätte, selbst aus Versehen, wie Sie gesagt haben, dann hätte sie sich umgebracht.«
    Powell stand langsam auf. Er wußte, daß dies eine emotionsgeladene Zeugenaussage war, und wollte nicht seinerseits abgebrüht erscheinen, aber er hatte doch das Gefühl, er müsse gegen die Spekulation Einspruch einlegen. Villars gab seinem Einspruch statt.
    Aber Hardy hatte zumindest erreicht, was er gewollt hatte. Er ging zur letzten der Fragen über, die er vorbereitet hatte, und damit zu der Antwort, die er erwartete, von der er aber glaubte, daß sie aufrichtig war. »Was für Gefühle haben Sie jetzt im Moment Ihrer Tochter gegenüber?«
    »Ich liebe sie«, sagte Nancy DiStephano. »Sie ist alles, was mir noch geblieben ist.«
    Powell wußte, was er zu tun hatte, besonders nachdem Villars eine Verhandlungsunterbrechung vor seinem Kreuzverhör abgelehnt hatte. Vor ihm saß eine emotionsgeladene, körperlich mißhandelte Frau, und seine Aufgabe war es, sie in ein schlechtes Licht zu rücken, sie auseinanderzunehmen. Wenn er damit Erfolg haben wollte, mußte er behutsam vorgehen.
    Er lächelte sie an, um das Eis zu brechen. Er hatte keinen Zweifel daran, daß sie sich von gestern abend in der Mordkommission noch an ihn erinnerte, aber er hatte keine andere Wahl - er konnte nicht

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