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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Auswirkung auf das, was am 28. Dezember im Schlafzimmer der Witts geschehen war.
    Das Flugzeug senkte über der Bucht von San Francisco die Nase. Es war fast vier Uhr, und er mußte Villars morgen früh um halb zehn gegenübertreten.
    Er hatte nur noch einen letzten Dart übrig.
    »Natürlich werde ich alles tun.«
    Dr. Lightner saß in seiner Praxis, ganz von Glas eingerahmt. Seine Sekretärin war nach Hause gegangen. Das Eukalyptuswäldchen hinter ihm lag im Schatten.
    »Prima. Ich möchte, daß Sie der Richterin erzählen, daß Larry Jennifer geschlagen hat.«
    Lightner setzte sich vor, wurde bei dem Vorschlag stocksteif.
    Hardy setzte sich ebenfalls vor, flehte jetzt beinahe. »Ich weiß, was ich von Ihnen verlange, Herr Doktor, aber es ist wirklich Jennifers einzige Hoffnung. Sie haben sie bei alldem so lange unterstützt.«
    Aber jemanden zu unterstützen und die ärztliche Schweigepflicht zu brechen war zweierlei.
    Nach ein paar Sekunden stand Lightner auf. Er kehrte Hardy den Rücken zu und sah hinaus in das Wäldchen. »Ich kann nicht glauben, daß es überhaupt soweit gekommen ist.«
    Hardy stellte sich neben ihn. »Nachdem Larry tot war, als Sie sie besucht haben, hat sie das eigentlich nie ...?«
    Lightner schüttelte bereits den Kopf. »Sie wollte nicht darüber reden.«
    Er spürte eine plötzliche Leere in seinem Bauch, einen Schwindel. Einen Augenblick lang dachte er, es sei wieder die Grippe. Unaufgefordert war ihm der schreckliche Gedanke wieder in den Sinn gekommen - war sie es am Ende etwa doch gewesen? Hör auf damit.
    Lightner ging wieder ans Fenster, lehnte einen Arm an den Türrahmen, blickte hinaus. »Wir spielen Priester und Beichte, stimmt's?«
    Hardy brachte es nicht fertig, das Problem lockerer zu formulieren. »Stimmt.«
    »Die Schweigepflicht brechen. Ihr Vertrauen brechen.«
    »Ihr das Leben retten.«
    Lightner drehte sich um und sah Hardy in die Augen, das rötliche Gesicht mit dem Bart sah blaß und abgezehrt aus. »Was ist mit den Ärzten, die ich Ihnen genannt habe? Könnten sie nicht weiterhelfen?«
    »Was sollen sie sagen? Wo liegt der Beweis?« Zu diesem Zeitpunkt reichten Aussagen über Jennifers Hautabschürfungen und blauen Flecke nicht mehr aus. Er brauchte die Bestätigung ihres Therapeuten.
    Lightner wandte sich wieder dem Wäldchen zu, öffnete die Tür und trat nach draußen ins Freie. Hardy folgte ihm, und die beiden Männer spazierten dreißig Meter über den Waldboden.
    »Was glauben Sie, ist an jenem Morgen geschehen ?«
    Lightner atmete tief aus. Man hörte gedämpft den Verkehrslärm auf der 19th Avenue. Der Arzt starrte durch die Bäume. »Ich denke, es war weitgehend so, wie sie es erzählt hat, außer daß sie den physischen Teil ausgelassen hat.«
    »Den physischen Teil?«
    »Daß Larry sie geschlagen hat.«
    »Er hat sie an jenem Morgen geschlagen?«
    Lightner drehte sich zu ihm um. »Sagen wir, ich habe die blauen Flecken bei unserem nächsten Treffen gesehen, was zwei Tage später war. Ich denke, daß er Matt ebenfalls geschla gen hat. Ich sage nicht, daß er es getan hat, ich sage, daß es vielleicht so gewesen sein könnte ...«
    »Matt hatte keine blauen Flecken.«
    Lightner schüttelte den Kopf, brachte es nicht über die Lippen. »Matts Kopf ...«, setzte er an. Und Hardy begriff, was er meinte. Falls Larry Matt am Kopf geschlagen hatte, hätte die Kugel jede Spur davon zerstört. Es ließ ihn an das Szenario denken, das er vor ein paar Tagen im Fiebertraum gehabt hatte.
    »Ich habe keine Ahnung, was geschehen ist«, wiederholte Lightner.
    »Was glauben Sie, was geschehen ist, Dr. Lightner? Hier geht es um das Leben von Jennifer. Ich muß es Villars begreiflich machen.«
    Lightner versuchte eine Gratwanderung, versuchte die ärztliche Schweigepflicht nicht zu brechen. »Na schön, so ist es meiner Meinung nach abgelaufen.«
    Lightner sah ihn an, die letzten flachen Sonnenstrahlen betonten das Rot in seinem Bart. Ermattet von der Anspannung und von dem moralischen und beruflichen Dilemma, schien er sich nun endlich entschlossen zu haben. »Sie wollte ihn verlassen, wollte Matt mitnehmen. Darum ging der Streit. Er hatte sie an Weihnachten fürchterlich verprügelt. Sie rief mich an und hat es mir erzählt.«
    »Und was unternahmen Sie?«
    »Ich habe zur ihr gesagt, sie soll fortgehen, abhauen. Sie sagte, sie hat Angst, Larry wird sie umbringen. Sie erzählte mir von der Pistole. Sie befand sich im Kopfbrett des Bettes. Er würde sie benutzen. Ich sagte zu

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