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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Grimasse angesichts der kalten Plörre. »Manchmal nicht, Mr. Freeman.«
    Erneut ertappte sich Hardy dabei, daß er gewünscht hätte, sie hätte nichts gesagt. Wollte sie ihnen, vielleicht unabsichtlich, sagen, daß sie die Wahrheit erfahren hätten, wenn der Trick geklappt hätte? Oder daß sie einfach begriff, wie das Spielchen gespielt wurde und ohnehin die Wahrheit sagte?
    Freeman fing an, seine Papiere zu ordnen, und steckte sie in den Hefter. »Na gut«, sagte er. »Ich denke, wir haben genug, u m anfangen zu können. Lassen Sie uns das Ganze verdauen u nd uns morgen wieder treffen.«
    »Um welche Uhrzeit?« fragte sie.
    »Freeman zuckte die Achsel. »Wann immer es Ihnen paßt, Jennifer.«
    Jetzt zeigte sich die Angst ... die Angst, allein gelassen zu Verden, vor der Nervenprobe, die ihr bevorstand. »Dann also 2 iemlich früh, abgemacht?«
    Freeman gab ihr einen Klaps auf die Schulter. »Im Morgentauen«, sagte er.

7
    Um sieben Uhr saß Hardy über einem Guinness und wartete darauf, daß Frannie im Taxi beim Little Shamrock vorgefah ren kam, der Kneipe an der Ecke von 9th Street und Lincoln, die ihm und Moses McGuire, seinem Schwager, gehörte. Mittwochs war nach heiliger Tradition der Tag, an dem die Hardys miteinander ausgingen.
    Bevor Hardy sich wieder auf die Juristerei verlegte, hatte er zehn Jahre lang im Shamrock als Barkeeper in der Tages schicht gearbeitet. Vorher war er ein junger dynamischer Assistent bei der Staatsanwaltschaft gewesen, der mit der Tochter eines Richters verheiratet und im Begriff war, eine Familie zu gründen - Hardy und Jane Fowler und ihr Sohn Michael.
    Michael sollte mit seinen fünf Monaten noch gar nicht imstande sein, sich hinzustellen, also hatten weder Jane noch Hardy sorgfältig darauf geachtet, ob das Schutzgitter des Kinderbettchens ganz oder nur halb hochgezogen war. Dieses Versäumnis raubte ihnen den Jungen. Er schaffte es nämlich doch, über das Gitter zu klettern und auf den Kopf zu fallen. Der Sturz kostete ihn das Leben.
    Nach Michaels Tod ging Hardys Welt nach und nach zu Bruch, innen und außen. Jetzt, nachdem er wieder verheiratet war und mit Frannie zwei neue Kinder hatte, kam es ihm nicht so vor, als ob er zurückzugewinnen versuchte, was er besessen hatte - das war endgültig weg -, aber es gab wieder Hoffnung, eine Zukunft. Einen Sinn? Das war nicht unbedingt Hardys Sache, aber es vergingen nicht viele Tage, an denen er nicht darüber nachdachte, wie leer sein Leben früher gewesen war und daß es jetzt nicht mehr so war.
    Er begriff nicht recht, wie all das zu der beruflichen Kehrtwendung paßte, die er im letzten Jahr vollzogen hatte, aber es gab wohl irgendeinen wichtigen Zusammenhang, der dabei eine Rolle spielte, nahm er mal an. Vor einem Jahr hatte er plötzlich zum erstenmal in seinem Leben die Verteidigung bei einem Mordfall übernommen, weil er zu der Überzeugung gelangt war, daß der Angeklagte unschuldig war.
    Mehrere Faktoren fielen während des Prozesses zu seinen Gunsten aus - ein unerfahrener Richter ließ ihn seine Argumente ungewohnt ausführlich darlegen, eine allzu ehrgeizige Staatsanwältin brachte einen Fall zur Verhand lung, der noch nicht wirklich Hand und Fuß hatte, und Hardy selber hatte sich genügend über die Bürokratie der Staatsanwaltschaft geärgert, daß er mit Leib und Seele bei der Sache war. Aus all diesen Gründen und weil sich zusätzlich herausstellte, daß jemand anderer den Mord begangen hatte, hatte er gewonnen. Jetzt, nachdem er so lange auf der Seite der Anklagebehörde gestanden hatte, trat er unversehens zum zweiten Mal als Strafverteidiger auf.
    »Kein Grund zur Entschuldigung«, sagte Moses McGuire. »Du bist zum Sensibelchen geworden. Das geht schon in Ord nung. Du gehörst immer noch zur Familie. Wir mögen dich immernoch.«
    Hardy sah auf die Uhr. »Wo könnte Frannie denn stecken?«
    Moses schwenkte seinen Macallan, eine feste Größe im Getränkerepertoire der Kneipe. »Sie ist zweifelsohne unterwegs, um bald durch die Tür spaziert zu kommen und dich davor zu retten, deine im Grund unhaltbare Position gegen jemanden verteidigen zu müssen, der mehr Grips hat als du.«
    »Was ist unhaltbar?«
    »Die Strafverteidigung.« Moses hielt einen krummen Finger hoch. »Nix da, du hast dir genau das bereits selber vorge halten. Mehr als nur einmal.«
    Er hörte sich sagen, daß er von Jennifers Schuld nicht recht überzeugt sei.
    Moses schnaubte die Nase. »Wiederum zitiere ich eine ver läßliche Quelle, die

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