Das Urteil
hatte ja keine Ahnung - wie hätte er es auch wissen können? Sie fühlte sich einfach ... wertlos ohne Larry. Und die Schläge ... es war ja nicht Larry, sie war es. Konnte sie nicht die Schläge herausfordern? Indem sie böse war? Oh, es tat weh, geschlagen zu werden, aber es gab ihr auch das Gefühl, daß sie etwas unter ihrer Kontrolle hatte. Larry gab ihr dieses Gefühl, oder etwa nicht? Das tat er doch, oder etwa nicht?
Es war wie damals, als sie die Party zu Matts fünftem Geburtstag plante. Larry erlaubte sogar, daß sie Kinder aus Matts Schulklasse einlud, was er normalerweise nicht mochte, weil - es war nicht ihr Fehler, aber Kinder hatten einfach keinen Respekt vor Eigentum. Larry sagte, der beste Weg, um zu vermeiden, daß alles zu Bruch geht, ist, daß man Kindern gar nicht erst die Gelegenheit dazu gibt. Wenn irgendwas wegen eines Kindes kaputtging, dann waren die Eltern daran schuld - darauf konnte man wetten. Wenn man beispielsweise einen Elefanten im Porzellanladen losließ -tja, wer sollte dem Elefanten einen Vorwurf daraus machen? War denn der Elefant daran schuld? Natürlich nicht, sagte Larry.
Egal, zurück zu der Party. Sie hatte Ken davon erzählt, als er fragte, ob sie denn Angst hätte, daß Larry die Party kaputtmacht, wenn er in Anwesenheit der Kinder wütend wird. Sie hatte gesagt: »Schau mal, das ist doch keine Situation, die außerhalb jeder Kontrolle liegt, Ken. Du sprichst doch andauernd von Kontrolle. Na schön, ich habe dabei alles unter Kontrolle.« Und sie hatte recht gehabt, weil sie wußte, daß es in Larry wieder ziemlich brodelte, wie es immer der Fall war, bevor er explodierte. Also servierte sie drei Tage vorher - es war Mittwoch, die Party war am Samstag -das Abendessen zu spät, und Matt war noch nicht bettfertig, als Larry heimkam, so daß er nach einem langen, anstrengenden Tag mit den Patienten dabei helfen mußte. Und dann hatte sie das billige Kleid vom K-mart an, das Larry auf den Tod nicht ausstehen konnte, wie sie wußte. Und als er sich deswegen beklagte, hatte sie ihm widersprochen, also hatte sie den Stein ins Rollen gebracht, und er schlug sie ein paarmal ziemlich fest.
Und dann - das war das Gute daran - war er bester Laune für die Party, und es gab keine Szene, und sie hatte genau arrangiert ... noch so ein Wort von Ken ..., wann alles Passieren würde. Also zu sagen, daß sie keinerlei Einfluß hatte, solange sie mit Larry zusammenblieb - nun, Ken be-8 r iff es einfach nicht, konnte es vielleicht auch gar nicht verstehen.
Aber na ja, die Schläge fielen immer schlimmer aus. Kamen immer öfter. Das war ein Problem. Es war nicht so leicht zu verbergen - jetzt hatte sie die blauen Flecken auf dem Gesicht statt nur auf dem Bauch und auf den Beinen wie früher. In letzter Zeit hatte er sie immer öfter ins Gesicht geschlagen, und das beunruhigte sie wirklich. Ihr Gesicht war ihr wahres Ich.
Als kleines Mädchen hatte sie stundenlang im Spiegel ihr Gesicht angeschaut, das Mienenspiel perfektioniert, daran gefeilt, wie sie aussah, wenn sie bestimmte Dinge sagte. Jetzt machte sie das ganz automatisch - der kleine Schmollmund und das Stirnrunzeln und das rasche Lächeln.
Daß Larry ihr also ins Gesicht schlug - das mußte aufhören. Es mußte wirklich aufhören. Beim letzten Mal, als es soweit gekommen war, da war sie weggegangen, weggelaufen, wenn sie ehrlich sein sollte, und Larry war gekommen und hatte sie zurückgeholt. Er würde das wieder tun, kein Zweifel. Er hatte sogar gesagt, daß er sie umbringen würde, wenn sie es noch mal versuchte.
Wenn sie zum Beispiel, hatte er gesagt, irgendwas mit einem anderen Mann hätte - genau dasselbe, er würde sie umbringen.
Würde er das wirklich tun? Vielleicht schon. Er war stark, er verlor die Beherrschung. Ein Unfall konnte schon vorkommen. Ein schlimmer Unfall. Also mußte sie irgend etwas unternehmen - vielleicht unmittelbar danach mit ihm reden. Dann hörte er am besten zu. Sie würde ihm einfach sagen, daß er aufhören mußte, ihr ins Gesicht zu schlagen.
In dem Punkt hatte Ken recht - darüber hatte sie keine Kontrolle. Jetzt haßte sie Larry manchmal sogar. Haßte ihn von Herzen und wußte es, gestand es sich selber ein. Das machte ihr angst.
Oder falls es je auch Matt betreffen sollte. Falls Matt dabei war, wenn Larry durchdrehte. Sie würde nicht zulassen, daß Larry Matt verprügelte, selbst wenn er ihm einfach irgendwie in die Quere käme, sich zwischen sie stellte oder sonst was. Falls Larry das
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