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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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mit von der Partie zu sein. Sie sah zu ihnen hoch und war ganz besorgt, wo ihre Zungen abgeblieben sein mochten.
    »Onkel Moses macht Quatsch«, sagte Hardy. »Böse. Böse. Böser Onkel Moses.«
    Moses McGuire kauerte sich zu Boden. »In den meisten Gesellschaften, Beck, genießt der Onkel größere Verehrung als alle übrigen Verwandten. Der psychische Schaden, den dein Vater mit diesem Auftritt anzurichten versucht, ist überhaupt nicht auszudenken, sofern du dir den Unfug zu Herzen nehmen solltest, den er da von sich gibt.« Er lächelte seine kleine Nichte lieb an und gab ihr einen Kuß.
    »Ich finde nach wie vor, daß der Kleine hier süß ist«, sagte Susan. »Macht es dir was aus, wenn ich ihn noch ein bißchen auf dem Arm behalte?«
    Frannie warf ihrem Bruder einen wissenden Blick zu und sagte, sie habe nichts dagegen, solange es Susan Spaß mache.
    Man hörte ein leises Piepsen.
    »Was ist das?« fragte Moses. »Erzähl mir bloß nicht, daß einer meiner Verwandten tatsächlich einen Piepser hat.«
    Hardy hatte das Gerät bereits aus der Tasche geholt. »Und wieder mal muß ein Familiengeheimnis ins Gras beißen. Außerdem hör bitte auf, mich als Verwandten von dir zu bezeichnen. Frannie ist mit dir verwandt.« Er kniff die Augen zusammen, um die Nummer ablesen zu können.
    »Laß es doch einfach gut sein«, sagte Frannie. »Ruf am Montag an. Wir sind auf einem Fest.«
    »Das hier ist kein Fest«, wiederholte Moses. »Es ist ein Mittagessen.«
    »Es ist Glitsky. Es ist Samstag. Es muß wichtig sein.«
    »Dismas, laß es doch einfach gut sein ...«
    »Dauert bloß 'ne Minute.« Er war schon auf dem Weg zur Tür, die vom Dach ins Treppenhaus führte. »Ich muß nur mal nachschauen, worum's geht.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Frannie.
    »Ich komm gleich wieder. Großes Ehrenwort.«
    Hardy kam als erster an, genau wie damals. Anders als damals allerdings war diesmal auch Freeman auf dem Weg hierher. Es war immer noch hell draußen, heiß und jetzt sonderbar ruhig im Frauentrakt des Untersuchungsgefängnisses. Später Samstag nachmittag.
    Er mußte an sich halten, um die Ruhe zu bewahren. Man hatte ihn an der Tür gefilzt. Üblicherweise zeigte er, um ins Gefängnis eingelassen zu werden, seinen Anwaltsausweis vor, und dann ließ ihn der Wärter,-den er schon oft gesehen hatte, einfach passieren. Heute nachmittag jedoch mußte er sich abtasten lassen, um Jennifer besuchen zu können, und jetzt ließ man ihn auch noch in dem heißen und stickigen Raum warten.
    Diesmal erschien Jennifer in Begleitung von zwei Wärterinnen, und sie hatte einen roten, keinen gelben Trainingsanzug an. Außerdem trug sie Fuß- und Handschellen, die an einem Eisenring um ihre Hüfte befestigt waren. Man hatte ihr die Haare geschnitten, sie ungleich abgezwackt, bis ringsum nur zwei bis drei Zentimeter übrig geblieben waren.
    Ihr Gesicht war verschwollen, die Lippen aufgesprungen, um beide Augen herum waren lila Blutergüsse zu sehen.
    Hardy - in Jeans und T-Shirt - stand auf, und sie stürzte sich geradezu auf ihn, hob die Hände zu ihm hoch, bis die Ketten dem Einhalt geboten. Sie schluchzte.
    »Was zum Teufel ...!« fing Hardy an.
    Eine der Wärterinnen schnappte sich Jennifer und packte sie auf den Stuhl. »Schluß jetzt mit dem Theater, Herzchen.«
    »Nehmen Sie die Pfoten von meiner Mandantin.« Die Wärterin starrte ihn finster an. Die Kollegin hatte ihren Gummiknüppel gezogen. »Sie beide bleiben ihr gefälligst vom Leib. Jetzt sofort!«
    Die beiden Frauen ließen sich von einem Rechtsanwalt in Bluejeans nicht einschüchtern. Aber es brachte ihnen auch nichts, wenn sie Jennifer in seiner Anwesenheit schikanierten, also zogen sie sich - murrend und zögernd - zurück.
    Als sie die Tür geschlossen hatten, beugte sich Hardy vor. »Das haben doch nicht etwa die da getan, oder?«
    Sie schüttelte verneinend den Kopf.
    »Wer dann ...«
    »Da unten«, murmelte sie, ohne aufzusehen. Dies war nicht länger der geduckte Blick, den sie früher gezeigt hatte, dachte sich Hardy, sondern echte Angst. Ganz offensichtlich war ihr irgend etwas Schlimmes zugestoßen.
    Glitsky hatte ihm bei dem Anruf ein bißchen von dem erzählt, was passiert war - daß Terrell nach Costa Rica geflogen war und sich um die Einzelheiten ihrer Auslieferung gekümmert hatte. Sie würden demnächst im Flughafen von San Francisco/Oakland landen. Vielleicht wäre es ratsam, wenn Hardy und Freeman kurz danach im Gefängnis aufkreuzten.
    »Was ist passiert?«
    Langsam

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