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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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hatte Richter Leo Chomorro, der damals im Prozeß gegen Andy Fowler, Hardys Ex-Schwiegervater, den Vorsitz führte, Hardy als einen der drei Pflichtverteidiger in einem Mordfall benannt.
    Der Haken an der Sache war, daß Hardy sich die Akte angesehen und den Entschluß gefaßt hatte, daß er lieber zum Henker gehen wollte, ehe er ein halbes Jahr mit dem Versuch zubrachte, eine Jury davon zu überzeugen, daß Leon Richman nicht mit den beiden anderen Angeklagten in einem Ford Escort gesessen und pro Mann rund zehn Schrotladungen in einen gewissen Dämon Lapierre geballert hatte, der zufälligerweise mit Leons Ex-Freundin schlief.
    Abgesehen von der Tatsache, daß man Leon bereits einmal wegen Totschlags verurteilt und einmal wegen Mordes freigesprochen hatte, waren zwei abgesägte sowie eine reguläre Schrotflinte im Kofferraum des Escort gefunden worden. Unter dem Sitz fanden sich Patronenhülsen. Leon hatte sich zudem vor einer Menge seiner Freunde damit gebrüstet, daß keiner von ihnen Dämon wieder zu Gesicht bekommen würde. Und vier Gäste im Woodshack hatten gesehen, wie Leon und die beiden anderen Angeklagten in der Mordnacht mit dem nicht gerade kooperativen Opfer die Kneipe verlassen hatten.
    Kurzum, Leon war der Täter, und Hardy würde nicht mithelfen, daß er freikam. Ende.
    Das hatte Chomorro nicht geschmeckt. Wollte Hardy nun auf der Liste der verfügbaren Pflichtverteidiger stehen oder nicht? Falls nicht, warum stahl er dann allen Beteiligten die Zeit?
    Hardy hätte um ein Haar gesagt, daß er kein Interesse daran hatte, Leute zu verteidigen, die schuldig waren, bremste sich aber gerade noch rechtzeitig. Diese Worte hätten ihm im Gerichtsgebäude auf der Stelle den Nimbus des legendären Arsches mit Ohren eingebracht. Statt dessen hatte er im Gespräch mit Chomorro irgend etwas von Terminüberschneidungen gemurmelt, und der kritische Augenblick war vorüber. Aber Hardy wußte, daß er wiederkehren würde, und er wußte auch, daß ihm ähnlich zumute sein, daß er sich ebenso verhalten würde. Das war kein angenehmer Gedanke.
    Rebecca, die plötzlich neben seinem Ellbogen auftauchte, unterbrach seine Überlegungen. »Hallo, Daddy. Warum bist du schon so früh wach?«
    Er legte den Arm um seine Adoptivtochter - das leibliche Kind von Frannie und ihrem ersten Ehemann Eddie Cochran. Man hatte Eddie an dem Tag ermordet, als Frannie feststellte, daß sie mit Rebecca schwanger war.
    Hardy zog die Kleine enger an sich heran. Er konnte sich nicht vorstellen, daß Blutsbande irgendeinen Unterschied machen würden. Rebecca war seine Tochter. Er nahm sie auf den Schoß, und sie kuschelte sich sechs Sekunden - was für sie fast ein Weltrekord war - an ihn, bevor sie wieder zu zappeln anfing. »Warum bist du denn schon so früh wach?« fragte er.
    Dies war eine ernste Frage, die sorgfältig überlegt sein wollte. »Daddy, du weißt doch, daß ich immer früh wach werde.«
    »Und deshalb hast du's heute gemacht?«
    Beck nickte. »Mommy schläft noch«, flüsterte sie. Das war offenbar eine vertrauliche Information.
    »Dann lassen wir sie weiterschlafen, abgemacht? Wir machen uns eine schöne Zeit, nur du und ich. Wie wär's mit Waffeln?«
    »Ahornsirup?«
    Hardy zog sie zärtlich an den Haaren, küßte sie auf den Scheitel. »Abgemacht, also Ahornsirup, du Ahornsirupkopf.«
    Frannie und Hardy saßen auf einer krümelübersäten Decke im Schatten des auf Stelzen stehenden Anbaus zu ihrem Haus, den sie in Auftrag gegeben hatten, als sie wußten, daß Vincent unterwegs war. Der Garten war lang und schmal, von vierstöckigen Apartmenthäusern eingegrenzt, aber nach Osten hin genossen sie an diesem klaren Tag über ihren Redwoodzaun den Blick bis hinein in die Innenstadt - auf die Transamerica Pyramid, auf den Coit Tower, die Bay Bridge, die Hügel der East Bay. Es war ein schöner Garten für die sechs Tage im Jahr, an denen es warm genug war, um ihn zu nutzen.
    Rebecca, ganz ins Spielen vertieft, baute in ihrem Sandkasten irgendwas in Schildkrötenform. Vincent schlief in seinem Autositz, den sie mit in den Garten herausgenommen hatten.
    Den ganzen Vormittag hatten sie ihren Streit ignoriert, ebenso beim Mittagessen mit den Kindern. Jetzt, im langen, gemächlichen Verstreichen des warmen Nachmittags, stand er greifbar zwischen ihnen. Hardy starrte hinaus in die Ferne. Frannie pickte einige Krümel auf.
    Zuletzt streckte sie die Hand vor und legte sie Hardy aufs Bein. »Ich fand es einfach unfair gegenüber

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