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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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angerufen, hätte es vielleicht nicht tun sollen, aber wenn es Jennifer helfen kann ...«
    »Hat Phil das je mit ihr gemacht?«
    »Mit Jennifer? Nein. Er würde sie niemals anfassen. Ich glaube, wenn er das getan hätte, hätte ich ihn verlassen, und er wußte das. Er konnte die Vorstellung nicht ertragen, daß ich ihn verlasse. Nein, all das« - sie zeigte an sich herab - »all das geht nur mich und ihn etwas an. Es hat mit Jennifer nichts zu tun.«
    Hardy starrte zu Boden, auf die dünne Mondsichel - diese Frau hier, die den Mann verteidigte, der sie soeben grün und blau geschlagen hatte. »Er ist eben so eifersüchtig ...«
    Er versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. »Also was jetzt, Nancy?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich wollte eigentlich gar nicht, daß Sie das hier mitbekommen. Es ist nicht der Rede wert.«
    »Na schön, es ist nicht der Rede wert.«
    »Sie wollten sich mit mir über Jennifer unterhalten, wenn das hier nicht passiert wäre ... Ich schätze mal, ich hätte Phil nichts davon erzählen und mich einfach heimlich mit ihnen treffen sollen. Es ist in Wahrheit mein Fehler.«
    Das erneute Erinnern, das Wiederholen, das Ableugnen. »Es ist in Wahrheit Ihr Fehler, was?« War das bei Jennifer ebenso?
    Nancy nickte, allem Anschein nach dankbar, daß er zu be greifen schien. »Also können wir das Ganze hier vergessen und uns einfach darüber unterhalten, worüber Sie mit mir sprechen wollten. Können wir uns nicht einfach darauf be schränken?«
    Hardy versuchte es. Er atmete einmal tief durch, die Luft war inzwischen reichlich abgekühlt, und versuchte seine Gedanken zu ordnen, um mit ihr über Tom zu reden. Es gelang ihm nicht.

18
    Wie er es bisweilen zu tun pflegte, stand Abe Glitsky unan- gekündigt vor der Tür. Als ihm Frannie aufmachte, tra t er einen Schritt zurück und pfiff. »Alle Achtung.« Frannie hatte einen blauen Rock an, dazu eine weiße Bluse, flache Pumps, Seidenstrümpfe. Auf die Wangen hatte sie ein dezentes Rouge aufgelegt, was eigentlich gar nicht nötig war. Ihre Augen sahen aus wie Malachitintarsien im Alabaster ihrer Haut. Das rote, elegant frisierte Haar reichte knapp unter die Schulter. »Was immer auf dem Programm steht«, sagte er, »du bist blendend dafür gerüstet.«
    Frannie machte lächelnd einen Knicks. »Es ist nicht zuviel des Guten?«
    »Willst du Gold waschen gehen? Fußball spielen? Zum Damenringkampf?« Frannie schaute ernst. »Nein, ich habe eine Verabredung.« »Für eine Verabredung reicht's völlig, schätze ich.« Sie gingen in die Küche. Sie bewohnten ein eher kleines viktorianisches, wie ein Eisenbahnwaggon geschnittenes Haus mit einem langen Flur in der Mitte, von dem es nach rechts ins Wohnzimmer und Eßzimmer, nach links ins Bad abging. Hinten öffnete sich das Haus zu einer Anzahl weiterer Zimmer - eine luftige Küche mit Oberlicht, das Schlafzimmer von Hardy und Frannie mit eigenem Bad, Rebeccas Zimmer (Hardys altes Arbeitszimmer) sich daran anschließend und Vincents Kinderzimmer ganz nach hinten.
    Hardy kam eben mit einer großen Tasse voll dampfend heißem Kaffee in der Hand aus dem Schlafzimmer. Er hatte die Hose eines seiner besseren Anzüge an, dazu ein weißes Hemd und eine italienische Seidenkrawatte.
    Glitsky blieb an der Tür zur Küche stehen. »Ich muß im falschen Haus gelandet sein. Wo stecken die Kinder?«
    »Wir haben einen Tag frei«, sagte Frannie. »Ihre Großmutter ist gekommen und hat sie abgeholt. Ich bin sofort wie der da. Willst du 'ne Tasse Tee?« Frannie verschwand im näch sten Zimmer.
    Glitsky griff zum Wasserkessel. »Mit wem seid ihr denn verabredet?«
    Hardy war immer noch ziemlich angeschlagen von dem Besuch bei Nancy DiStephano. Er hatte Frannie davon erzählt, als er nach Hause kam, sich dann alleine ins Wohnzimmer gesetzt, konnte lange nicht einschlafen.
    Und jetzt stand Abe vor ihm, kam auf einen Sprung vorbei und wollte wissen, mit wem Frannie verabredet war. Abe wäre nicht damit einverstanden, daß Frannie loszog, um Jennifer Witt kennenzulernen. Wenn man Grips besaß und irgendwie mit dem Polizei- und Justizapparat zu tun hatte, hielt man Arbeit und Familienleben feinsäuberlich getrennt. Das Problem war nur, daß Hardy keine große Lust hatte, sich zu rechtfertigen, warum er Frannies Idee unterstützte, wenn er selbst genau wußte, daß es keine gute Idee war. »Ich hab mir gedacht, ich nehm Frannie mit in die Innenstadt, und später gehen wir irgendwo schick zum Mittagessen. Was bringt dich zu

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