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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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plätscherte und gurgelte über bemooste Felsen und kleine Wasserfälle. Das immer noch warme Sonnenlicht drang durch die Zypressen, warf helle Tupfen auf den Boden.
    Pico hatte zugehört, während Hardy ihm von dem Geldautomaten erzählte, und war überhaupt nicht der Ansicht, daß bei der Sache alles sonnenklar sei. »Also war Larry Witt um 9:30 am Leben, stimmt's? Weißt du das sicher? Um wieviel Uhr fielen die Schüsse?«
    »Sagen wir mal zwischen 9:35 und 9:40.«
    »Und wer hat dir von dem Unterschied zwischen der Zeitdurchsage unter 911 und der Zeit der Bank erzählt?«
    »Niemand. Ich bin mit Abe hingefahren und ...«
    »Also dieser Staatsanwalt - wie heißt er? -, willst du mir etwa erzählen, daß er das nicht weiß? Was ist mit der Polizei?« Pico war schon ein paar Schritte weitergegangen, bevor er merkte, daß Hardy haltgemacht hatte. Er drehte sich zu ihm um. »Was ist?«
    »Ich bin wirklich blöd.«
    Pico nickte. »Jetzt kommen wir endlich voran.«
    Hardy sagte sich das Ganze laut vor, um mitzukriegen, wie es sich anhörte. »Nein, hör zu. Du hast recht, vergiß die Zeitdurchsage, Jennifer ist um 9:43 bei der Bank, stimmt's? Larry ist um 9:30 definitiv noch am Leben. Rechne zwei oder drei Minuten ab, damit Larry wieder in den ersten Stock hochgehen kann, sagen wir also, es ist 9:35 oder später, als er erschossen wird. Jennifer ist am Geldautomaten um 9:43, nicht um 9:46 -acht, nicht elf Minuten später.«
    Pico schüttelte den Kopf. »Siehst du? Soviel Kopfzerbrechen wegen der Wahrheit. Wenn der Staatsanwalt nichts von den drei Minuten weiß ...«
    »Ich bin nicht mal sicher, daß der Staatsanwalt überhaupt von ihrem Stop beim Geldautomaten weiß.«
    Pico streckte die Arme von sich. »Na bitte, da hast du's. Du gewinnst.«
    »Völlig unmöglich, daß sie 1,7 Meilen in maximal acht Minuten geschafft hätte, selbst wenn es immer bergab geht.«
    »Ich glaub's dir«, sagte Pico. »Ich, der ich schneller als eine Gewehrkugel bin, hätte es packen können, aber der durchschnittliche menschliche Zweibeiner...«
    Nancy DiStephano versetzte ihn.
    Er sollte sie um Viertel nach fünf vor dem Büro des Immobilienmaklers treffen, wo sie als Sekretärin arbeitete. Das Büro befand sich in der Kirkham Street kurz vor der 19th Avenue, und alles war dicht, als Hardy ankam. Er überprüfte noch einmal die Adresse, die Uhrzeit, die Querstraßen. Keine Nancy.
    Nach fünfzehn Minuten beschloß er, für heute Schluß zu machen. Er überlegte noch ein bißchen hin und her, ob er beim Shamrock vorbeifahren und sich persönlich bei Moses entschuldigen sollte, entschied sich dann aber dagegen, stieg ins Auto und fuhr nach Hause.
    »Ich möchte sie kennenlernen.« »Wen?« »Du weißt wen. Ich würde sie einfach gern kennenlernen.«
    Frannies rotes Haar wallte lang und seidig herab, schimmerte in der Abendsonne. Sie gingen die Clement Street entlang -Hardy mit Vincent in einem Tragegestell auf dem Rücken, Rebecca immer vornweg, die an Hauszufahrten, Gassen und Straßenecken anhielt, wie ihre Eltern es ihr beigebracht hatten. Frannie sah Hardy von der Seite an. »Du hast gesagt, sie sei ein Mensch und nicht einfach ein Fall, erinnerst du dich noch? Ich würde mich einfach wohler dabei fühlen. Rebecca!«
    »Nicht auf die Straße!«
    Rebecca hatte eine Zehe über den Randstein gesetzt. Sie zog sie zurück und drehte sich lächelnd um. »Ich mach bloß Spaß.«
    »Damit macht man keinen Spaß«, sagte Hardy. »Die Straße ist gefährlich. Wir halten uns an der Hand, wenn wir über die Straße gehen.«
    Rebecca wußte das. Sie warf ihrer Mutter einen verschwörerischen Blick zu und schob ihr winziges Händchen in Hardys Hand. »Ich glaube nicht, daß das eine gute Idee ist«, sagte er.
    »Was?«
    »Mommy und Daddy reden miteinander, Schatz.«
    »Wir könnten uns später darüber unterhalten, Dismas.«
    »Nein. Jetzt ist prima. Wir sollten doch imstande sein, uns kurz zu unterhalten, ohne unterbrochen zu werden, meinst du nicht auch? Und ich glaube nicht, daß das eine gute Idee ist. Ich weiß nicht einmal, ob man es dir erlauben würde. Oder ob Jennifer Lust hat, dich zu sehen.«
    »Wer ist Jennifer?«
    Hardy ließ Becks Hand los. »Lauf ruhig schon voran.«
    »Aber wer ist Jennifer? Kenn ich sie?«
    »Jennifer ist eine von Daddys Mandantinnen, Liebling.«
    »Kann sie dich nicht leiden?«
    »Sie kennt mich nicht. Ich möchte sie kennenlernen.«
    »He.« Hardy, der Schiedsrichter, machte ein Handzeichen. »Auszeit, abgemacht? Das

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