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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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hier ist unsere Unterhaltung. Beck, genug jetzt, ich mein's ernst.«
    »Du mußt sie deswegen nicht gleich anschreien.«
    Hardy versuchte, die Lautstärke im Griff zu behalten. »Ich schreie sie überhaupt nicht an. Ich versuche ihr beizubringen, daß sie uns nicht unterbrechen soll. Das ist ein nützliches Sozialverhalten.« Vincent, der plötzlich hochschreckte, plärrte ängstlich los.
    »Na großartig«, sagte Hardy. »Einfach großartig.« Das war zuviel für Rebecca, die die Arme vorstreckte und mit offenem Mund dastand. Sie klammerte sich greinend an Frannies Beinen fest.
    »Ich hab 'ne Idee. Wir schicken sie für zwei Wochen zu Moses und Susan.« Hardy trank ungefähr zweimal pro Jahr Gin, und heute schien ihm genau der richtige Abend dafür zu sein. Bombay Sapphire on the rocks mit zwei Oliven.
    Sie hatten die Kinder ins Bett gebracht. Es war immer noch hell draußen, noch vor acht und immer noch mild. Sie saßen gemeinsam auf den Stufen vor dem Haus und warteten, daß die bestellte Pizza geliefert wurde, hielten Händchen. Die Tür hinter ihnen stand offen, damit sie hören konnten, falls jemand rief. Oder weinte - was wahrscheinlicher war.
    »Ich glaube nicht, daß zwei Wochen reichen.« Frannie trank ein Glas Weißwein. Das Geplärr der Kinder hatte beinahe eine Stunde lang angehalten. »Wenn die beiden wirklich einen Vorgeschmack haben wollen.«
    »Moses wohnt ganz in der Nähe.« Hardy malte es weiter aus. »Wir könnten sie andauernd besuchen.« Er nippte an dem kalten Gin, so weich, daß er kaum zu spüren war.
    »Weil wir gerade von Besuchen reden ...«
    Hardy schüttelte den Kopf. Schon wieder Jennifer. »Ich weiß nicht, Fran. Ich sehe nicht, wozu das gut sein soll, was das bringt.«
    »Es wäre eine Erleichterung für mich. Dazu ist es gut.«
    »Du glaubst doch nicht wirklich, daß sie versucht mich umzulegen, oder? Ich meine, wir haben doch bei Andy Fowler genau dasselbe erlebt.«
    »Ich hab Andy gekannt, Dismas, oder wußte zumindest, wer er ist. Ein Richter, dein Ex-Schwiegervater. Außerdem hast du ihn freibekommen. Diese Frau da ...« - sie fröstelte, führte das Weinglas an die Lippen - »alles, was ich über sie weiß, ist, was ich gelesen hab, nämlich daß sie geldgierig, kaltblütig, unglaublich schön...«
    »Sie ist nicht so hübsch - sie ist nicht annähernd so hübsch wie du.«
    Frannie schmiegte sich an ihn, machte sich über seine Schmeichelei lustig. »Nun dann, jedenfalls ist sie die photogenste nichthübsche Frau der Welt. Aber was sie für mich nicht ist, ist ein Mensch aus Fleisch und Blut, jemand, vor dem ich keine Angst habe, wegen dem ich mir keine Sorgen machen muß.«
    »Was ist, wenn sie dich nicht sehen will?«
    »Dann will sie mich nicht sehen.«
    Sie hatte recht. Wenn Jennifer keine Lust hatte, Frannie zu sehen, war die ganze Sache sowieso gelaufen. Der Gin, der kaum zu spüren war, ließ Hardys Körperzellen wissen, daß das doch nicht ganz stimmte - der Abend fühlte sich jetzt rundum angenehm an, wohlig warm. Er sagte zu Frannie, daß er fragen würde, sehen wollte, was er tun konnte. Es war letztlich kein so großes Anliegen. Und wenn sich Frannie besser fühlte ...
    Was konnte es schaden?
    Als er heute Nancy DiStephano zu kontaktieren versucht und um Rückruf wegen eines Termins für ein Treffen gebeten hatte, wußte Hardy noch nicht, wie sein weiterer Tagesablauf aussehen würde, also hatte er ihr neben der Telefonnummer der Kanzlei auch seine Privatnummer gegeben.
    Sie rief kurz nach neun an, ihre Stimme war ein Flüstern, heiser, kaum zu hören. »Mr. Hardy?« Sie sagte ihm, wo sie war und fragte, ob er bitte kommen und sie jetzt gleich treffen könne. Vielleicht gebe es keine andere Gelegenheit mehr. Als er Frannie erzählte, daß er sich auf den Weg machen würde, schlug sie nicht gerade Purzelbäume vor Freude.
    Die Ulloa Street lag im Dunkel.
    Hardy hatte einen Martini getrunken, war dann zu Preiselbeersaft übergegangen, und mit der Wärme des Abends war auch das wohltuende Gefühl verschwunden. Das Haus der DiStephanos lag im Block mit den Hausnummern ab 4500, zwei Querstraßen vom kalten Pazifik entfernt. Er hielt genau vor dem Haus mit der von ihr genannten Hausnummer an.
    Nancy DiStephano hatte einen Anorak an und trug dazu Jeans, war aber barfuß, saß im matten Licht der Veranda auf den Treppen vor dem Haus. Als Hardy aus dem Auto ausstieg, kam sie ihm mit unsicheren Schritten auf dem aus Zement gegossenen Weg entgegen, der mitten durch den Garten

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