Das Urzeit-Monstrum
bilden, weil genau darunter ein Strudel oder Sog entstanden war.
Und das leichte Rumoren in der Friedhofserde bildete er sich auch nicht ein. Es hatte sich nicht verstärkt. So war er zu dem Entschluß gelangt, daß er sich nicht im Zentrum dieses seltsamen Bebens befand, sondern mehr an seinen Ausläufern und damit nicht in unmittelbarer Gefahr. Aber er wollte genau wissen, wo sich das Zentrum befand.
Es tat sich etwas. Eine unheimliche Kraft war dabei, mit ihren Vorbereitungen zu beginnen, und Harry fand, daß er auf dem alten Friedhof nicht mehr richtig stand.
Er mußte wieder hinunter zum Watt.
Jetzt ärgerte er sich, daß er ohne Auto gekommen war. Aber es gab Abkürzungen, die ihn ans Ziel führten.
Schmale Pfade, die den Deich hinab bis zum eigentlichen Strand führten, vorbei an den Grundstücken der dort vereinzelt stehenden Häuser.
Stahl hatte es jetzt eilig. Sehr schnell verließ er den Bereich der Kirche und auch den Friedhof, überquerte die Straße, bevor ihn das Licht der Scheinwerfer eines heranfahrenden Wagens erfassen konnte, lief auf der gegenüberliegenden Seite ein paar Schritte in Richtung Keitum, bevor er die erste Lücke fand. Der schmale Pfad führte tatsächlich zwischen zwei Grundstücken entlang, wobei er teilweise an den Rändern dicht bewachsen war, so daß die harten Zweige über die Kleidung des Mannes kratzten. Ein Hund bellte, weil er durch die Geräusche aufgeschreckt war, aber Harry lief weiter.
Der Weg drehte sich in einer Linkskurve über den Kamm der Düne hinweg, bevor er abkippte, um unten am Strand zu enden.
Mittlerweile waren in allen noch bewohnten Häusern die Lichter eingeschaltet worden. Die Umgebung bekam ein anderes, ein warmes und romantisches Bild. Kleine Oasen inmitten der Kälte und einer winterlich kahlen Natur. Davon sah Stahl nichts.
Er lief und rutschte auch seinem Ziel entgegen, mußte achtgeben, nicht zu stolpern und war schließlich froh, den Strandabschnitt erreicht zu haben.
Es war nicht der gleiche, an dem er am Morgen den Horror erlebt hatte, diesmal hielt er sich weiter südlich auf, noch am Rand von Keitum, aber die Umgebung sah gleich aus. Nicht weit entfernt führten die Holzstege durch die Dünen. Oft als breite Treppen angelegt, damit Spaziergänger die Umwelt schonten, sich aber trotzdem durch das Schutzgebiet bewegen konnten.
Harry war allmählich wieder zu Atem gekommen, so daß er sich auf die Umgebung konzentrieren konnte. Die Schatten überwogen. Das Watt hatte eine andere Farbe bekommen, aber es gab noch die Trennung zwischen ihm und dem Himmel.
Es zeigte einen matten Glanz, und er hörte auch die Geräusche, die es abgab.
Hin und wieder ein Klatschen, wenn kleine Wellen ausliefen, der Schrei einer Möwe oder anderer Wasservögel, aber keine menschlichen Stimmen, obwohl die Behausungen der Bewohner nicht weit entfernt lagen.
Harry Stahl spürte, daß man auch hier einsam sein konnte. Einsam, aber nicht allein. Davon ging er aus, denn er glaubte einfach daran, daß sich in seiner Umgebung etwas tun würde. Werde ich belauert? Fragte er sich und suchte nach einer Antwort, indem er sich umdrehte.
Zu entdecken war nichts. Seine Umgebung schwieg. Auch das Zittern im Boden merkte er nicht mehr. Das Watt war zu einem undurchsichtigen Spiegel geworden, über dem die Decke der Dunkelheit allmählich dichter wurde.
Harry schüttelte den Kopf. Er stand dicht davor, sich einen Narren zu schimpfen, doch so überzeugt war er davon nicht. Zwar sah in dieser Umgebung alles normal aus, doch er wollte es auf keinen Fall unterschreiben.
Hier war das Ziel des Unheimlichen.
An diesem Strandabschnitt hatte er zum erstenmal Bekanntschaft mit dem Schrecken gemacht. Er rechnete damit, daß es sich wiederholte.
Ein hartes Klatschen ließ ihn aufmerksam werden.
Dann hörte er die schrillen Schreie der Vögel. Als er über das Watt schaute, da stiegen sie an einer bestimmten Stelle im Pulk hoch und verschwanden, als wäre der gefiederte Vogelteufel hinter ihnen her.
Stahl ging davon aus, daß sie bestimmt nicht grundlos verschwunden waren. Jetzt vibrierte nicht der Boden unter seinen Füßen, sondern er.
Etwas kam, etwas hatte sich gelöst, etwas stand dicht davor, sich zu zeigen, und Harry war auf der Hut, weil er daran dachte, wie knapp er bei der ersten Begegnung dem Krakenarm entkommen war.
Wie würde die zweite ablaufen?
Noch war nichts zu sehen. Trotzdem ließ er das Watt nicht aus den Augen.
Die Bewegung entstand urplötzlich.
Wegen
Weitere Kostenlose Bücher