Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hunter
Vom Netzwerk:
die Türen und legte ihr die Hand auf den Rücken, um sie durch die Menschen zu steuern, die in den Raum strömten. Als sie nach draußen traten, löste er sich von ihr, denn kaum hatte das Gedränge nachgelassen, war ihm ihre Nähe plötzlich bewusst geworden.
    »Waren das Ihr Vater und Ihr Großvater?«
    Sie nickte. »Nach Vaters Tod haben meine Großeltern mich aufgezogen. Wir wohnten ohnehin alle zusammen. Meine Mutter ist verschwunden. Dad hat viel gearbeitet und viele Reisen unternommen, deshalb haben meine Großeltern sich um mich gekümmert.«
    »Wann ist Ihr Großvater denn gestorben?«, fragte er und gab sich alle Mühe, als unwissender Begleiter zu erscheinen.
    »Vor zwei Jahren.« Sie lächelte wehmütig. »Er hatte Herzprobleme.«
    »Und was ist Ihrem Vater zugestoßen?« Er machte eine Kunstpause. »Falls meine Frage nicht zu persönlich ist. Ich möchte mich nicht in Ihre Angelegenheiten einmischen.«
    Sie blieben längere Zeit bei einem Gitarristen stehen, der für ein paar Zuhörer ein Kinderlied spielte. Beatrice schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn.
    »Ist schon in Ordnung«, erwiderte sie leise. »Rohe Gewalt herrscht überall, schätze ich – selbst in den malerischen Städten Italiens. Er war in Florenz, um Vorlesungen zu halten, und wurde dort ausgeraubt. Man hat ihm den Wagen gestohlen und ihn umgebracht. Bestimmt, damit er die Täter nicht identifizierte. Denn das hätte er. Er hatte ein nahezu fotografisches Gedächtnis.«
    Ja, und ich schätze, jetzt ist es noch besser.
    »Es tut mir leid, dass Sie ihn verloren haben, Beatrice.«
    Sie wandte sich ihm sichtlich amüsiert zu. »Warum nennen Sie mich eigentlich ständig so bei meinem Namen?«
    Er trat an sie heran. »Wie denn?«
    Sie errötete, wich aber nicht zurück. Er merkte, dass ihr Körper bereits auf seine Nähe, seine Energie reagierte. Die Haare auf ihren Armen richteten sich auf, und sie hatte Gänsehaut. Was wohl geschehen würde, wenn er über die glatte Haut ihres Unterarms strich? Er spürte das weiche Gefühl beinahe unter den Fingerkuppen.
    »Na ja … mit diesem Akzent.« Ihre Brauen rückten zusammen. »Und dazu diese altmodischen Umgangsformen. Und dass Sie meine Großmutter bezirzen.« Sie warf ihm einen Seitenblick zu und betrachtete dann wieder den Gitarristen. »Versuchen Sie, auch mich zu bezirzen?«
    Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Gelingt es mir denn, Beatrice?« Er ließ ihren Namen von der Zunge tropfen. »Das glaube ich nicht.«
    Er fasste sein Ziel wieder fest ins Auge, machte absichtlich einen Schritt nach hinten, steckte die Hände in die Taschen und wies mit dem Kopf auf einen Musiker am Ende des Parkplatzes.
    »Sollen wir?«
    Beatrice folgte seinem Blick, und sie tauchten wieder in den Besucherstrom ein.
    »Ihre Persönlichkeit ist zu stark für nur einen Buchstaben, Beatrice. Und um es klar zu sagen: Ich glaube nicht, dass jemand Ihre Großmutter bezirzt. Ihr eigener Charme ist so groß –«
    Sie lachte und warf den Kopf mit vergnügt strahlenden Augen in den Nacken.
    Giovanni blieb stehen, denn diese klaren, frohen Laute entzückten ihn. Er musterte sie, und ihre dunklen Augen zogen ihn an. Er trat ein wenig zu schnell auf sie zu, doch das Mädchen war so in ihrer Belustigung befangen, dass sie es nicht merkte.
    »Ja, Gio, meine Großmutter hat den ganzen Charme der De Novos abbekommen – in rauen Mengen, wie mein Großvater zu sagen pflegte«, erwiderte sie und lachte noch immer.
    Den ganzen Charme sicher nicht
.
    »Gio?«, fragte er, und es belustigte ihn, dass sie ihn so nannte, wie nur seine engsten Freunde es taten.
    »Tja«, sie zuckte die Achseln, »wie ein Gianni sehen Sie mir nicht aus, darum … ja, ›Gio‹. Wenn Sie weiter Beatrice zu mir sagen, nenne ich Sie Gio.«
    Er blieb mitten im Gedränge stehen und folgte ihr mit seinen Blicken, bis auch sie stehen blieb und sich nach ihm umblickte.
    »Was ist denn?«, fragte sie und runzelte verwirrt die Stirn.
    Die Leute drängten sich um sie herum, jener scheinbar endlose, gleichförmige Menschenstrom, in dem er seit fünfhundert Jahren lebte. Doch sie stand da in ihren schwarzen Sachen, ihre helle Haut strahlte vor Leben, und in ihren dunklen Augen funkelten eine Intelligenz, eine Neugier und ein Humor, die sie außergewöhnlich machten. Einen Augenblick lang vergaß er sein Interesse an ihrem Vater und gab sich ganz dem unerwarteten Vergnügen ihrer Gegenwart hin.
    Sie war keck und schüchtern zugleich, förmlich und

Weitere Kostenlose Bücher