Das verborgene Feuer
weiter darunter leiden würden, wenn er ihr Blut tränke. Es würde ihm leichtfallen, ihnen zu suggerieren, dass sie einen sehr netten Abend hatten.
Die Blonde klimperte mit den Wimpern. »Du bist ein Tiger.«
Lächelnd beugte er sich vor und drückte der etwas weniger offensiven Brünetten einen leichten Kuss auf den Hals. Dabei atmete er ihren Geruch ein, ohne sich an dem billigen Alkohol zu stören, den sie im Blut hatte.
An diesem Abend würde er seinen Durst bis zur Neige stillen.
7
Houston, Texas
November 2003
»Du meine Güte!«
»Was halten Sie davon?«
»Ich hatte versucht, sie mir vorzustellen, aber – ich meine … das ist unendlich viel mehr, als ich –«
»Denken Sie, sie ist groß genug, um Sie eine Weile bei Laune zu halten?«
»Sie ist sehr viel größer als erwartet.«
Er zog sich zurück und ließ Beatrice bewundernd die Bibliothek inspizieren, die den halben ersten Stock einnahm.
»Ich lasse euch beide ein wenig allein«, sagte er mit leisem Lachen.
»Okay«, erwiderte sie.
»Soll der Kamin brennen?«
»Okay.« Sie ging zum Kartenschrank und spähte hinein.
»Wie wäre es mit einem Getränk? Soll Caspar Ihnen etwas hochbringen?«
»Klar.«
»Stört es Sie, wenn ich rasch einen Schluck aus Ihrer Halsschlagader nehme, bevor ich gehe?«
»Prima«, murmelte sie und betrachtete eine Landkarte von Südamerika aus dem sechzehnten Jahrhundert.
»Also gut.« Er räusperte sich und kümmerte sich nicht um sein schwaches, aber an ihm zehrendes Hungergefühl. »Ich komme später wieder. Viel Vergnügen.«
»Okay. Gio?«
»Hmm?«
Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. »Das mit der Halsschlagader habe ich gehört. Und die Antwort lautet: Kommt nicht in die Tüte.«
Er grinste. »Fragen kostet nichts.«
»Aber ein Feuer wäre gut. Es ist kalt hier.«
Schmunzelnd ging er zu dem von Sesseln umstandenen Kamin, bückte sich, öffnete das Gasventil, schnippte mit den Fingern und warf eine blaue Flamme auf den Rost, die den Kamin im Nu mit einem warmen Schein erfüllte. Als er sich beim Aufrichten zu Beatrice umdrehte, grinste sie.
»Noch immer sehr cool, Batman.«
Er zwinkerte ihr zu. »Schließlich muss ich jetzt gegen eine Bibliothek antreten.«
Sie seufzte und sah ihn mitleidig an. »Ohne diese Flammentricks wäre das Rennen längst gelaufen.«
Er runzelte die Brauen. »Zugunsten der Bücher?«
»Immer und unter allen Umständen.«
Mit leisem Lachen ging er zur Tür. »Schauen Sie sich ruhig um. Es gibt nur einen abgeschlossenen Schrank, der für Ihre Arbeit aber keine Bedeutung hat. Alles andere steht zum Lesen da. Und machen Sie sich heute Abend mit den Computern vertraut. Caspar hat Ihnen ein Benutzerkonto eingerichtet, in das Sie sich mit Ihrem Vornamen einloggen und als Passwort Ihren Nachnamen eingeben. Lassen Sie das bitte so.«
»Alles klar. Ihre Computer – Ihre Regeln!«
Er nickte nur. »Ich bin unten in meinem Arbeitszimmer und mache ein paar Anrufe.«
Sie war schon in die Erstausgabe eines Romans von Jane Austen vertieft, die er Ende des neunzehnten Jahrhunderts in London erworben hatte. Lächelnd ließ er sie mit seinen Büchern allein.
Unten bat er Caspar, Beatrice etwas zu trinken in die Bibliothek zu bringen. Da sie bei ihm daheim arbeiteten, konnte er bald nach dem Aufstehen beginnen und brauchte nicht bis Sonnenuntergang warten, um das Haus zu verlassen. Er staunte, wie sehr es ihn belebte, eine kompetente Assistentin zu haben. Er hatte den langsamen Übergang des Datenflusses von gedruckten zu elektronischen Medien fünfzehn Jahre lang ängstlich beobachtet und gewusst, dass bald viele unentbehrliche Informationen für ihn außer Reichweite sein würden. Ihr Einverständnis, für ihn zu arbeiten, obwohl sie wusste, wer und was er war, hatte ihm ganz unerwartet eine Last von den Schultern genommen.
Beatrice hatte sich bereit erklärt, jeden Montag- und Donnerstagabend von halb sechs bis neun für ihn zu arbeiten. So konnte sie dienstags etwas mit ihrer Großmutter unternehmen und mittwochs zu ihrer Abendschicht in die Bibliothek gehen.
Ihm war dieses Arrangement sehr recht, und er freute sich, sie drei Abende pro Woche zu sehen. Ihm war klar, dass er mehr kaum verlangen konnte. Auch dass seine Recherchen viel schneller gehen würden als früher, befriedigte ihn.
Er nahm den Hörer und wählte Carwyns Nummer.
»Jesus, Maria und Josef«, sagte der Priester. »Rufst du schon wieder an? Wie ein Kind, das den Weihnachtsmann nicht erwarten kann. So
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