Das verborgene Feuer
überrascht: Ihr zwei passt so gut zusammen wie –«
»Denkst du, ich hätte nicht darüber nachgedacht?« Seine Stimmung kippte, und er spürte, wie die Flammen im Kamin hinter ihm in die Höhe schlugen. »Meinst du, ich würde sie nicht gern behalten?«
»Warum weigerst du dich dann –«
»Die Abende, die wir gemeinsam über einem Buch oder einer Landkarte vertieft waren? Die Art, wie sie alles heller und lichter macht? Sodass ich mich manchmal bremsen muss, ihr nicht alles zu erzählen – alles! Als ob sie das überhaupt wissen wollte.«
»Woher weißt du, dass sie das nicht will, du sturer, alter Narr?«
»Meinst du, ich hätte mir nicht ausgemalt, wie es wäre, mit ihr zu reden?«, stieß er hervor. »Und sie ganz für mich zu haben? Glaubst du, ich hätte darüber nicht nachgedacht?«
Caspar erhob sich steif und trat ans Feuer. »Was hält dich zurück? Sie wird dir weiterhin helfen, ihren Vater zu finden. Das will sie so sehr wie du. Hältst du sie nicht für klug genug, um die Konsequenzen zu begreifen? Du willst ihr ja nicht einmal eine Chance einräumen, du Narr! Oder hast du Angst, sie könnte dir einen Korb geben?«
Eine heftige Sehnsucht erhob sich in seiner Brust, doch Bitternis dämpfte sie. »Beatrice ist ein Kind. In diesem Alter weiß sie noch nicht, was sie will. Mit zweiundzwanzig wolltest du Claire Lipton heiraten, mit ihr durchbrennen und ans Theater gehen. Drei Jahre später wolltest du Verkehrspilot werden. Und danach –«
»Weißt du, mir ist längst klar, dass ich nicht gerade ausdauernd bin, du unausstehlicher Schwachkopf. Das musst du mir nicht noch unter die Nase reiben.«
Giovanni holte tief Luft und legte Caspar die Hand auf die Schulter. »Sie ist nun einmal in einem sprunghaften Alter, und wenn sie Gefühle für mich hat, dann ist das bloße … Verliebtheit. Es wäre nicht fair, das auszunutzen.«
»Aber du nutzt sie aus, um ihren Vater zu finden, oder nicht? Damit hast du kein Problem.«
Er straffte sich und wandte sich ab. »Du sagst doch selbst, dass auch sie ihn finden will.«
Tränen prickelten in Caspars Augen, als er sein Gegenüber ansah.
»Du bist ein anständiger Kerl, Giovanni Vecchio. Vergiss das bei dieser verrückten Suche nicht.«
Caspar kehrte zum Sofa zurück, setzte sich, nahm seinen Drink und starrte ins Feuer. Giovanni sah, dass er sich langsam beruhigte.
»Weißt du, ich erinnere mich kaum an das Leben, das ich vor dir geführt habe. Ich war noch so jung, als du mich aufgenommen hast. Ich weiß noch, dass ich mich in Rotterdam mit meinem Vater auf einem Dachboden versteckt hielt und es unglaublich heiß war, nahezu erstickend. Ich erinnere mich an den Geruch von Staub und altem Papier von den Büchern, die mein Vater gerettet hatte.«
»Du warst ein solch stilles Kind.«
»Ich weiß noch, wie ich dich zum ersten Mal gesehen habe«, fuhr er fort, »und mein Vater mir gesagt hat, ich könne dir vertrauen, weil du ein alter Freund seist und keiner von den Bösen, obwohl du ein Fremder warst. Dass du dich um mich kümmern würdest.«
Giovanni setzte sich in seinen Sessel und trank einen Schluck Scotch.
»Hattest du Angst? Als ich dich nach England mitnahm und du tagsüber im Haus eingesperrt werden musstest, weil du klein warst? Ich hab es dir zu erklären versucht, so gut ich konnte, aber du warst erst vier oder fünf Jahre alt. Es muss dich verwirrt haben.«
Caspar zuckte die Achseln. »Kinder sind unglaublich anpassungsfähig. An Angst erinnere ich mich nicht. Aber ich weiß noch, wie mir, als ich etwas älter war, auffiel, dass die meisten Kinder tagsüber nicht schliefen, sondern zur Schule gingen, aber da wusste ich schon, dass du ein Vampir bist. Und dann begannen unsere Abenteuer.«
Giovanni hatte Caspar auf viele Reisen mitgenommen, als der Junge älter und ihm eine Hilfe geworden war. Er war stets ein wunderbarer Begleiter gewesen. Erst hatte er ihn als Sohn ausgegeben, dann als Neffen, schließlich als Bruder, da sie sich immer ähnlicher wurden und Caspar älter wurde.
In seinem langen Leben war dieser Junge, den er damals gerettet hatte, der Mensch, den Giovanni am meisten liebte, und es hatte ihm das Herz gebrochen, als Caspar ihm in seinen Vierzigern sagte, er wolle kein Vampir werden. Dabei war er der erste Mensch, den Giovanni je aufrichtig zu einem von ihnen hatte machen wollen.
Er sah ihn an. »War es ein gutes Leben mit mir, Caspar? Bereust du, nie geheiratet und keine Kinder bekommen zu haben? Habe ich dich davon
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