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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hunter
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Verdacht nur bestätigte. Schon vor Monaten hatte er geargwöhnt, Lorenzo habe Stephen in einen Vampir verwandelt, doch davon hatte er ihr nichts sagen wollen.
    »Umbringen ist ein hartes Wort. Und nicht sonderlich zutreffend – schließlich habe ich ihn verwandelt. Er lebt, und es geht ihm gut … glaube ich. Ein ungezogener Junge, dieser Stephen, dass er mir so entflohen ist.«
    Seinem frotzelnden Ton zum Trotz bemerkte Giovanni das kalte Licht in Lorenzos Augen, das in den letzten hundert Jahren noch stärker geworden war.
    »Warum bist du in Houston? Die Briefe hast doch wohl du geschickt?«
    »Oh«, Lorenzos Augen erstrahlten, »reden wir über alte Geschichten? Weiß sie alles über uns? Hast du ihr unser kleines Geheimnis erzählt? Sagt ihr der alte Nic etwas?« Er grinste, als er Giovannis grimmigen Blick sah. »Ich wette, von Nic weiß sie nichts, hm?«
    »Warum bist du hier?«, schrie Giovanni auf Italienisch. Blaue Flammen flackerten auf seinen Armen, und er spürte seine Ärmel verbrennen und in Fetzen zu Boden segeln. »Ist das nur ein perverses Spiel für dich? Sag, was du willst, und verschwinde!«
    Lorenzo sah aus, als hätte er einen Preis gewonnen. »Oh, sie ist wunderbar … oder sind es deine Bücher? Was hat Niccolos Musterknaben die Beherrschung verlieren lassen? Wirklich unsäglich schön!« Ein krankes, flötendes Lachen sprudelte aus seiner Kehle.
    »Gio?«
    Das Zittern in Beatrices Stimme ließ ihn aufhorchen. Offenkundig war sie tief erschrocken, versuchte es aber zu verbergen. Er wünschte, er könnte sie umarmen und ihr rasendes Herz beruhigen. Dessen hektisches Schlagen begann selbst ihn abzulenken, und wenn er schon das köstliche Brennen in der Kehle empfand, dann musste Lorenzo eine quälende Lust verspüren, ihr die Zähne in den Hals zu schlagen.
    Er holte tief Atem und hoffte, diese alte Gewohnheit würde ihn beruhigen, und langsam verschwanden die blauen Flammen wieder in seiner Haut. Auch Lorenzo holte tief Luft, und seine Nüstern blähten sich, als er den Geruch einsog. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, und er schloss befriedigt die Augen.
    »Sie riecht wirklich wie ihr Vater«, säuselte er. »Du hättest seinen Geschmack geliebt, Giovanni – rein wie kühles Wasser an einem heißen Tag. Weißt du noch, wie erfrischend das ist? Doch ich verbringe mal wieder zu viel Zeit mit Erinnerungen.«
    Lorenzo öffnete die Augen und begann, seine von den Flammen lädierte Jacke mit der Hand abzubürsten. »Ich habe einen Termin um acht. Wenn du Beatrice erlauben würdest, mein Dokument zu holen, müsstest du dich nicht länger hier herumdrücken.«
    »Fahr zur Hölle«, erwiderte Giovanni ruhig. »Warum bist du hier? Ich weiß, dass du meine Bücher hast, du verlogener Dreckskerl. Was also willst du?«
    »Das Mädchen natürlich. Ich brauche sie, um ihren Vater aufzutreiben; er ist ein richtiges Problemkind geworden.« Lorenzo schnalzte kopfschüttelnd mit der Zunge. »Für Heranwachsende ist das leider typisch. Du hattest Glück mit mir, Giovanni. Ich habe dir erst nach fast fünfzig Jahren Kopfschmerzen bereitet.«
    Er sah sich erneut um und zwinkerte dem verängstigten Mädchen zu. »Das ist nur eine Phase, meine Liebe. Sie brauchen sich um Ihren Vater keine Sorgen zu machen. Ich hab ihn in null Komma nichts wieder im Schoß der Familie.«
    Giovanni begab sich zu Beatrice, die wachsam wie eine Glucke vor den auf dem Tisch liegenden Briefen stand. »Das Mädchen gehört mir. Verschwinde.«
    »Ach ja?« Lorenzo neigte den Kopf zur Seite. »Stimmt das, Giovanni? Das wäre ja was! Wie ungewöhnlich für dich, dir einen Menschen zu halten. Was mag dich an ihr nur faszinieren?« Er musterte Beatrice mit neuem Interesse, und ein weiteres animalisches Knurren drang aus Giovannis Kehle.
    Lorenzo sah ihn ermutigend an. »Ich bezahle natürlich für sie. Vor allem, wenn es wirklich so viel Spaß mit ihr macht. Ich erwarte nichts ohne Gegenleistung und wäre sogar bereit, einen Handel abzuschließen.«
    Giovannis Augen wurden schmal. »Du erwartest nichts ohne Gegenleistung? Das wäre wirklich untypisch für dich, Lorenzo.«
    Der blonde Vampir verdrehte die Augen. »Du tust so, als hättest du gar nichts davon, Papà. Dabei wissen wir beide, dass das nicht stimmt. Was bedeuten schon ein paar alte Bücher und Briefe zwischen Vater und Sohn?« Er kam näher, neigte den Kopf zur Seite, um Beatrice besser betrachten zu können, und richtete dann wieder den Blick auf Giovanni.

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