Das verborgene Kind
Zeit.«
»Wie lange?«
Ein kurzes Schweigen trat ein. »Zwei Wochen«, antwortete Nick zögernd. »Dann werden die Bücher geprüft.«
Milo schloss die Augen. »Mein Gott, Nick!«
»Ich weiß«, gab er unglücklich zurück. »Ich habe alles versucht, was mir eingefallen ist, bevor ich zu dir gekommen bin ... Herrgott, Dad!« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich wünschte, das wäre mir erspart geblieben.«
Sein Ausbruch rührte Milo nicht – Nick neigte dazu, theatralisch zu werden, wenn die Situation es erforderte –, aber er stand auf, ging zu dem Tablett mit den Drinks und schenkte ihm einen kleinen Scotch ein. Milo stand hinter Nick, während der ihn trank, und starrte blicklos auf das dichte blonde Haar seines Sohns hinunter. Wie sollte er ihm helfen? Er legte Nick eine Hand auf die Schulter und spürte, dass sein Sohn unglücklich und gedemütigt war.
»Was hat deine Mutter dazu gesagt?«
Er spürte, wie Nick unter seiner Hand die Achseln zuckte. »Sie ist wütend auf mich, aber sie gibt Alice die Schuld, was nicht ganz fair ist. Du hast recht. Ich hätte mehr Mut beweisen und ihr gegenüber ab und zu hart bleiben sollen. Das Problem ist, dass ich mich wie ein Versager fühle, wenn ich ihre Erwartungen nicht erfüllen kann, verstehst du.«
Unwillkürlich wurde Milos Griff fester, als ihn das Gefühl, ebenfalls versagt zu haben, überfiel. Er hatte bei Sara ähnliche Fehler begangen, und daran war ihre Ehe zerbrochen. Und welchen Schaden hatte das Nick zugefügt? Ganz plötzlich verschwamm die kleine Szene, und er fand sich um fast vierzig Jahre zurückversetzt. Dieses Mal war es sein Vater, der am Tisch saß und ihn schockiert und fassungslos anstarrte.
»Scheidung?«, wiederholte er ungläubig. »Ihr wollt euch scheiden lassen, du und Sara? Aber was wird aus dem Kind? Und was in aller Welt wird deine Mutter dazu sagen?«
Seine Mutter hatte verstört, zornig und missbilligend reagiert. Selbst jetzt noch spürte Milo, wie die Erinnerung an seine Hilflosigkeit und Demütigung in seiner Magengrube brannte.
»Irgendwie schaffen wir das schon«, sagte er – und spürte, wie Nicks Schulter vor Erleichterung nach vorn sackte. »Jetzt muss ich nachdenken«, erklärte er, »und du musst mir versprechen, dass du aus dieser Erfahrung lernst und deine Beziehung zu Alice auf eine andere Basis stellst. Wenn sie mehr will, als du ihr geben kannst, dann soll sie sich das Geld gefälligst selbst verdienen. Sag ihr das!«
Nick nickte ernst – er sah aus, als sei ihm schwindlig vor Erleichterung –, doch Milo wusste, dass sein Sohn sich nur aus Dankbarkeit bereit zeigte, etwas zu verändern. Nichts würde sich ändern. Er seufzte.
»Lottie ist bald zurück«, sagte er. »Möchtest du, dass diese Sache unter uns bleibt?«
Nick schüttelte den Kopf. »Ich habe es auch schon Im erzählt«, erklärte er. »Es macht nichts, wenn Lottie erfährt, dass ich ein ›unmoralischer Schwachkopf‹ bin. Sie ist meine Tante, da dürfte es für sie nichts Neues sein.«
Die Bitterkeit in seiner Stimme, seine Betonung des hässlichen Ausdrucks, den er schon einmal benutzt hatte, zerriss Milo das Herz. Gleichzeitig empfand er Ungeduld mit Nick und überlegte nervös, wie er ihm helfen sollte.
»Wäre es besser«, fragte Nick gerade zaghaft, »wenn ich zurück nach London fahren würde?« Er lächelte, eine ziemlich gezwungene, niedergeschlagene Grimasse. »Solange ich noch hier sitze, kannst du dich bei Lottie nicht wirklich über mich auslassen, oder?«
Auch Milo lächelte. Er dachte an Lotties Bemerkung über Hugh Grant und den Scotch. »Und warum nicht?«, gab er zurück. »Das hat mich noch nie davon abgehalten. Sie ist schließlich deine Tante.«
Nick sah ihn dankbar an. »Danke, Dad. Ich meine, wirklich danke. Du hast mir das Leben gerettet.« Er stand auf. »Ich gehe auspacken. Ist es okay, wenn ich dusche?«
Milo schaute ihm nach und schenkte sich dann selbst einen Drink ein. Er setzte sich an den Tisch und begann zu überlegen, wie er Nick helfen sollte. Als Lottie und Pud zurückkamen, saß er immer noch dort. Sie zog die Augenbrauen hoch, und er nickte und zeigte zur Decke hoch.
»Dreiundzwanzigtausend«, murmelte er, und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Ich weiß«, sagte er. »Aber dieses Mal ist die Lage ausgesprochen verzweifelt.«
»Du scheinst das ziemlich ruhig zu nehmen.« Lottie sprach leise. »Wie in aller Welt willst du das fertigbringen?«
Er zuckte leicht die Achseln. »Ich hatte
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