Das verborgene Kind
nicht einzumischen. Ich werde nur Befehle entgegennehmen.«
Sie lachte lauthals. »Das glaube ich erst, wenn ich es sehe«, meinte sie spöttisch. »Aber ja, das wäre nett von dir. Mit einer Hand könnte sich das ein wenig schwierig gestalten, obwohl sie langsam besser wird.«
Die beiden kehrten ins Haus zurück, und er schloss die Tür ab. Sie humpelte vor ihm die Diele entlang und blieb am Fuß der Treppe stehen, wo sie unter Schmerzen und Angst gelegen hatte. Panik ergriff sie. Sie dachte an die Furcht und Hilflosigkeit zurück, die sie in diesem Moment empfunden hatte, und fragte sich, ob sie sich doch für die Sicherheit entscheiden und in High House bleiben sollte. Da stand sie, umklammerte den Stock und kämpfte gegen die Panik an. Sie rief sich ins Gedächtnis, dass ihr kleines Apartment in High House immer auf sie warten würde, sollte sie Hilfe oder Gesellschaft brauchen. Nach und nach fasste sie wieder Mut und straffte die Schultern. Noch war sie nicht bereit, ihre Unabhängigkeit aufzugeben.
»Mit der Treppe nehme ich es lieber nicht auf«, meinte sie. »Hast du meine Briefe, Milo?«
»In der Tasche«, sagte er. »Sollen wir noch einen Drink im Lutts nehmen?«
Sie dachte über seinen Vorschlag nach. Ein Drink im Luttrell Arms wäre sehr nett, und vielleicht konnten sie auch zu Mittag essen. Milo hatte ihr einen Ausflug versprochen, und sie war entschlossen, jede Minute auszukosten.
Dodger beobachtete Pud äußerst skeptisch. Jedes Mal, wenn der ältere Hund im Schlaf zuckte, peitschte Dodgers Schwanz nervös auf den Boden. Pud schlummerte unterdessen weiter, und bald entspannte Dodger sich. Er lief im Wintergarten umher, wobei er Pud aber nie aus den Augen ließ.
Im und Lottie schauten belustigt zu.
»Es ist gut für Dodger, dass Pud ihm Benehmen beibringen kann«, meinte Im. »Ich glaube, die beiden haben den Spaziergang genossen, oder?«
»Er entwickelt sich prächtig«, pflichtete Lottie ihr bei. »Es ist immer nützlich, einen älteren Hund zu haben, der einem Welpen zeigt, wo es langgeht, und für Pud ist es auch gut. Durch Dodger ist er richtig aufgeblüht. Wie geht es eigentlich Jules?«
»Prima. Hör mal, ich habe gute Nachrichten. Die Websters haben uns die Scheune zum Kauf angeboten.«
»Wirklich? Das ist ja phantastisch! Schon merkwürdig, dass sie euch das nicht gleich angeboten haben. Warum ausgerechnet jetzt?«
»Keine Ahnung. Ich glaube, als sie zum ersten Mal an Jules herangetreten sind, hatten sie eher vor, sich statt der Feriengäste einen Dauermieter zu suchen; aber vielleicht ist bei ihnen das Bargeld knapp wie derzeit bei den meisten Bauern, sodass sie sich zum Verkauf entschlossen haben. Sie wussten, dass wir eigentlich Eigentum wollten, und anscheinend halten sie uns für nette Nachbarn. Es ist einfach genial, weil uns die Scheune so gut gefällt. Wir hätten nicht gedacht, dass sie sie verkaufen würden. Viel Platz haben wir nicht, aber das ist okay. Ich liebe die Lage und die Aussicht.«
»Dann trauerst du dem Sommerhaus nicht mehr nach?«
»Nein. Die Scheune ist genau das Richtige für uns alle; und ich fange an, mein Projekt auf die Beine zu stellen. Soll ich dir sagen, was es ist? Eine Agentur, die Familienurlaube im Exmoor vermittelt. Das bedeutet eine Menge Recherchen, aber es macht mir wirklich Spaß. Ich hoffe nur, dass es klappt.«
»Eine großartige Idee. Ich kann mir vorstellen, dass du sämtliche Reitställe persönlich überprüfen wirst, oder?«
»Stimmt. Ich kann es kaum abwarten, wieder auf einem Pferd zu sitzen. Allmählich bin ich wieder so weit. Nach Rosies Geburt hatte ich entsetzliche Angst vor jeder Art von Risiko, aber darüber bin ich jetzt hinweg. Isst Matt mit uns zu Mittag?«
»Ja. Er müsste eigentlich jeden Moment kommen.«
Dodger hatte Puds Ball gefunden. Er stupste ihn an, und der Ball rollte davon, worauf der Welpe hinterherrannte und gegen Pud prallte, der mit einem aufgeregten Kläffen hochfuhr. Rosie, die in ihrem Kinderwagen tief geschlafen hatte, schreckte ebenfalls aus dem Schlaf, und Im seufzte.
»Unsere fünf Minuten Ruhe sind vorbei.«
Im beugte sich über die Aquarelle und nahm jedes einzelne aufmerksam in Augenschein. Hinter ihr konnte Matt durch das Fenster Lottie und Rosie sehen, die im Garten mit den Hunden spielten. Der Wintergarten war von Vogelgezwitscher und Sonnenschein erfüllt, obwohl über ihnen immer noch der Westwind heulte.
»Und das glaubst du wirklich?« Sie hob den Kopf und starrte ihn schockiert an.
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