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Das verborgene Kind

Das verborgene Kind

Titel: Das verborgene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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breites Fenster hatte er ein kleines Sofa und daneben ein Tischchen mit Büchern und Zeitschriften gestellt. Jetzt setzte er den Cherub auf das Fenstersims und drehte ihn leicht, sodass er lächelnd in den Garten hinunterschaute. Matt ließ sich auf dem Sofa nieder und gedachte in aller Stille der Toten.

33. Kapitel
    D as Wetter schlug um; es wurde kühl und nass, und kalte Winde aus Südost setzten den zarten Blüten zu. Zwei Wochen lang fielen Venetias Ausflüge im Rollstuhl fast völlig aus. Eines Morgens jedoch, als der eisige Wind einer warmen Brise von Westen gewichen war, fuhr Milo sie nach Dunster.
    Wieder in ihrem kleinen Haus angekommen, schaute Venetia sich wohlgefällig um. Sie hatte es stärker vermisst, als ihr bewusst gewesen war. Während Milo sich bückte, um in der Diele ein paar Briefe vom Boden aufzuheben, humpelte sie ins Wohnzimmer, getragen von der wärmenden Empfindung, wieder zu Hause zu sein. Auf den Stock gestützt stand sie da und staunte über die Vehemenz ihrer Gefühle. Schließlich war sie in High House mit Lottie und Milo sehr glücklich, froh, in Sicherheit zu sein und versorgt zu werden – und doch sehnte sie sich jetzt wieder nach ihrem Zuhause. Ihr fehlten die kleinen spontanen Mittagessen mit ihren Freundinnen; die Bridge-Partien mit anschließendem Abendessen am Kamin; die Freiheit, im Fernsehen anzuschauen, was sie wollte. Milo war ein Schatz, aber er neigte zu abfälligen Bemerkungen über ihre Lieblings-Soaps und eignete sich grundsätzlich die Fernbedienung an. Lottie schien das nicht viel auszumachen – sie steckte für gewöhnlich die Nase in ein Buch –, aber Venetia war es ein wenig peinlich, dass ihre Lieblingssendungen genau die waren, die sich nach Milos Ansicht nur für Schwachsinnige eigneten. Zum Glück liebte er die Archers .
    Außerdem hatte Venetia ziemlich verstimmt registriert, dass Milo dazu neigte, beim Frühstück zu schweigen. Nie hätte sie vermutet, dass er zu diesen Männern gehörte, die sich mürrisch hinter ihre Zeitung zurückziehen. Glücklicherweise war Lottie gern bereit, beim Toast zu plaudern. Sie ignorierte Milo vollständig, der angesichts ihrer Fröhlichkeit und ihres Gelächters demonstrativ und irritiert mit der Zeitung raschelte.
    Venetia humpelte in die Diele zurück. Inzwischen war ihr klar, dass es nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen war, mit Milo zusammenzuleben, obwohl Lottie auf ihre seltsame distanzierte Art vollkommen zufrieden zu sein schien. Sie selbst allerdings wusste jetzt, dass sie sich darauf freute, wieder nach Hause zurückzukehren, obwohl es sehr nett war, die beiden zur Gesellschaft zu haben und sich im Notfall auf sie verlassen zu können. Sie folgte Milo in die Küche.
    »Ich habe überall nachgesehen«, erklärte er. »Keine Probleme. Ich habe die Tür zum Garten offen gelassen. Ich dachte, du würdest vielleicht gern nach draußen schauen.«
    »Oh ja. Gern.« Ihr lieber kleiner, von hohen Steinmauern geschützter Garten, der kaum groß genug war, um etwas anderes als Kletterpflanzen zu ziehen: zarte Alpenwaldreben mit lilafarbenen Blüten, weißen Jasmin mit trompetenförmigen Blüten und verschlungenen Stämmen und das Geißblatt, das über das Dach des kleinen Steinschuppens rankte und dessen Duft sie liebte.
    »Bald kannst du ja nach Hause.« Milo war dicht neben sie getreten. »Hat trotzdem keinen Sinn, etwas zu überstürzen. Du musst dich erst wieder richtig erholen. Aber im Sommer möchtest du bestimmt zurück sein.«
    Sie sah ihn an und fragte sich, ob er aus seiner persönlichen Sicht sprach oder gespürt hatte, dass sie sich danach sehnte, wieder in ihrer eigenen Umgebung zu sein. Beifällig, sogar voller Zuneigung schaute er sich in dem Gärtchen um, und sie wurde plötzlich von ihrer Liebe zu ihm überwältigt. Wie verwirrend Emotionen doch waren!
    »Es wird nett sein, wieder nach Hause zu kommen«, gestand sie – und versuchte, nicht zu eifrig zu klingen, um ihn nicht zu verletzen.
    Er zog die Augenbrauen hoch, als verblüffe ihn ihre Zurückhaltung. »Natürlich wird es das. Es geht doch nichts über das eigene Heim, oder? Ich kann dir mit deinen Kübeln und Pflanztöpfen helfen. Ich weiß, dass du den Garten im Sommer gern hübsch machst.«
    »Allerdings. Um rundherum Beete anzulegen, ist gar kein Platz, aber ich würde ihn gern schön zurechtmachen, sobald es nicht mehr friert.«
    »Wenn du möchtest, können wir das zusammen angehen.« Er warf ihr einen Seitenblick zu. »Ich verspreche, mich

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