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Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das verborgene Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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eiskalter Wut sagen: »Charles. Wie konntest du nur?«
    Stroh pikste Zach in den Rücken, und der durchdringende Geruch von Vieh drang ihm durch Hannahs Haar in die Nase. Ihr Kopf ruhte an seiner Halsbeuge, und er schloss eine Zeit lang die Augen und genoss es, wie ihre Nase und ihr Kinn sich in seinen Hals bohrten. Ihr Atem war warm und beruhigte sich langsam wieder. Hinter dem Strohballen, an dem er lehnte, blökte plötzlich laut ein Schaf. Sofort fuhr Hannahs Kopf hoch, und ihr etwas wirrer Blick rang um Schärfe.
    »Fehlt ihr etwas?«, fragte Zach. Hannah richtete sich zum Sitzen auf und sah nach dem Schaf, und Zach spürte deutlich, wie sich ihre Körper voneinander lösten und die kühle Luft plötzlich seine feuchte, empfindliche Haut berührte.
    »Ich glaube nicht. Es wird nur allmählich unangenehm für das arme Mädchen. Ich sollte trotzdem mal nach ihr sehen.« Sie stieg von Zach herunter, stand auf, zerrte sich die Hose über die Hüfte hoch und schloss den Reißverschluss. An einem Knie klebte Schafskot. Sie ging um den Strohballen herum und hockte sich neben das lammende Schaf, dessen schneller Atem seine Nüstern blähte und den ganzen Körper schwanken ließ. Hannah spähte unter den Schwanz und tastete das Tier mit sanften Fingern ab. »Ich kann Klauen und Nüstern fühlen.«
    »Ist das gut?«
    »Ja, das ist gut. Nüstern bedeuten eine normale Geburt, mit dem Kopf voran. Steißlage ist viel schwieriger.«
    »Oh, gut. Also … Das habe ich auch noch nicht gemacht. Es in einem Schuppen voller Schafe getrieben, meine ich«, bemerkte Zach, zog ebenfalls seine Hose hoch und schnippte ein paar scharfkantige Häcksel von seiner Haut. Hannah blickte auf und lächelte ihm kurz zu.
    »Bringt auf jeden Fall etwas Abwechslung in die endlose Stallwache beim Lammen. Wirfst du mir mal den Lappen da herüber?« Sie fing ihn geschickt auf, wischte sich den Dreck von der Hand und setzte sich dann wieder neben ihn auf den Strohballen. Zach nahm ihre Hand, verschränkte die Finger mit ihren und spürte die harte Narbe an ihrem Daumenballen.
    Die kleinen, milchkaffeebraunen Mutterschafe standen in dem Stall verstreut. Neben einigen schliefen schon zu sammengerollte, winzig kleine Lämmer, andere lagen da und keuchten wie das Schaf, das Hannah gerade untersucht hatte, wieder andere mampften ihr Heu, als hätten sie mit alldem nichts zu tun. Es war drei Uhr früh, und draußen war ein makelloser Vollmond aufgegangen, der silbrige Schatten warf. Zach spähte durch die Tür auf den Hügel hinaus, wo sich der lange Umriss von The Watch an den Horizont duckte. Im Küchenfenster unten brannte ein einzelnes Licht, und er fragte sich, ob Dimity noch auf war oder nur vergessen hatte, es auszuschalten.
    »Musst du sie nicht mit einem Klecks grüner Farbe markieren? Oder mit einer Nummer oder so, damit du weißt, welches zu welchem Schaf gehört?« Er zeigte auf die Schafe, die bereits Lämmer hatten. Sämtliche Muttertiere hatten einen großen Fleck smaragdgrüner Farbe am Hinterteil.
    »Ich bin sicher, die Schafe wissen das. Und die Lämmer bekommen recht bald ihre Ohrmarken. Diese grüne Farbe ist ein furchtbar hartnäckiges Zeug – wenn sie erst einmal drauf ist, kriegt man sie kaum wieder ab. Nicht gerade ideal für Biofelle. Die kommt nur noch auf die Brust des Bocks, damit man sieht, wen er gedeckt hat.«
    »Geht das Lammen immer so leicht vonstatten?«, fragte er. Hannah zuckte mit den Schultern.
    »Das ist meine erste Saison mit dieser Herde, schon vergessen? Hoffentlich plumpsen sie weiter einfach so heraus, denn ich kann es mir gerade nicht leisten, den Tierarzt zu holen.« Zach dachte kurz darüber nach.
    »Was ist mit – mit deinen Bildern? Ich meine, nimm es mir nicht übel, aber dein Hofladen hat nicht gerade viel Laufkundschaft. Könntest du sie nicht einer hiesigen Galerie oder einem Souvenirladen anbieten? Ich bin mir sicher, dass sie sich gut verkaufen würden.«
    »Das könnte ich schon. Aber irgendwie gefällt mir die Vorstellung nicht.«
    »Welche Vorstellung? Eine talentierte Künstlerin zu sein und ein kleines Zusatzeinkommen mit dem Verkauf deiner Werke zu erzielen? Was kann einem daran nicht gefallen?«
    »Ich will keine Künstlerin sein. Sondern Bio-Schäferin.«
    »Das eine schließt das andere doch nicht aus, oder?«
    »Schon irgendwie. Wenn die Bilder sich wirklich gut verkaufen würden, müsste ich mehr davon machen … Und ehe ich weiß, wie mir geschieht, pinsele ich Gänseblümchen auf

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