Das verborgene Lied: Roman (German Edition)
Gießkannen und betreibe einen Souvenirladen statt eines Bauernhofs.« Sie schauderte, und Zach lachte leise.
»Aber du malst doch sowieso schon. Die Bilder sind da – es würde bestimmt nicht schaden, sie irgendwo aufzuhängen, wo sie sich eher verkaufen würden. Ich kann mich ja mal umsehen, wenn du möchtest?«, schlug er vor. Hannah sah ihn unverwandt an.
»Nein, ist schon gut. Ich werde es mir überlegen«, sagte sie. »Und was ist mit dir? Ich wette, du wolltest ursprünglich Künstler werden, oder? Warum hast du eine Galerie eröffnet?«
»Weil niemand meine Kunst gekauft hat und ich eine Frau und ein Kind zu ernähren hatte. Eigentlich hat eher Ali sich, mich und Elise ernährt. Sie ist Anwältin, eine sehr gute sogar.«
»Das hat deinem Selbstbewusstsein sicher wahnsinnig gutgetan.«
»Es war ja meine eigene Schuld – dass ich es nicht geschafft habe. Ich hatte meine Chance, und ich hab’s vermasselt.« Zach lächelte schief und schüttelte bei der Erinnerung den Kopf. Er war damals so eingebildet gewesen, so überzeugt von sich selbst.
Das war in seinem letzten Jahr am Goldsmiths, und seine Abschlussausstellung begeisterte sowohl das Institut als auch seine Kommilitonen. Außerdem wurde sie hoch gelobt von einer Journalistin, die in ihrer Zeitschrift regelmäßig junge Künstler vorstellte, die man im Auge behalten sollte. Zach Gilchrist, stand in dem Artikel, verbindet einen klassischen Blick mit einer fordernden, beinahe surrealistischen Annäherung an Motiv und Bedeutung. Gerüchteweise hieß es, Simon d’Angelico, einer der einflussreichsten Sammler zeitgenössischer britischer Kunst, wolle selbst zu der Ausstellung kommen, um sich Zachs Werke anzusehen. Das war ein richtiges, echtes Gerücht, nicht etwa eines, das Zach selbst in die Welt gesetzt hätte. Solche Verheißungen, so viel Potenzial. Zach verlor völlig die Tatsache aus den Augen, dass all das nur Möglichkeiten und Andeutungen waren, nichts Konkreteres. Dass er immer noch gerade erst sein Studium abgeschlossen und sich noch nicht bewiesen hatte – ein Vielleicht, mehr nicht. Er hatte das Gefühl, es schon geschafft zu haben. Als eine Frau namens Lauren Holt, die eine kleine Galerie in der Nähe der Vyner Street betrieb und gerade einen Stamm neuer Künstler aufbaute, ihn aufsuchte und ihm anbot, sein Abschlusswerk und zwei weitere Bilder auszustellen, hörte er ihr kaum zu. Er hatte noch nie von ihrer Galerie gehört und glaubte, mehr brauche er gar nicht darüber zu wissen. Sie hatte hellrotes Haar, obwohl sie über fünfzig zu sein schien, und die Farbe biss sich mit ihrem grünen Lidschatten. Zach dachte sich, dass sie wohl glaubte, damit avantgardistisch zu wirken, und schrieb sie als exzentrische Amateurin ab. Ihre Galerie gab es erst seit einem halben Jahr, und soweit er wusste, war das einer von den Läden, in denen man auch Kunstpostkarten aus so einem drehbaren Ständer kaufen konnte. Also lehnte er rundheraus ab und verschwendete keinen Gedanken mehr daran, denn er war sich gewiss, dass ihn Größeres erwartete.
Neun Monate später veranstaltete Lauren Holt in ihrer Galerie eine Vernissage, die in der Presse für Aufsehen sorgte und auch in den Kunstkreisen, zu denen Zach so verzweifelt Zugang suchte. Simon d’Angelico war nicht zu seiner Abschlussausstellung gekommen, und es gab keine weiteren Artikel oder Kritiken in Fachzeitschriften. Zach stattete Lauren Holts Galerie einen Besuch ab, schlenderte umher und nahm mit wachsender Bestürzung die Qualität der aus gestellten Werke zur Kenntnis, die perfekte Beleuchtung, die angeregten Gespräche. Faszinierende Werke von Künstlern, von denen er sehr wohl schon gehört hatte, und sie wurden diskutiert von den Leuten, auf die es ankam. Lau ren Holt erschien durch eine Hintertür in der weißen Wand. Sie war ganz in Schwarz gekleidet, und ihr rotes Haar leuchtete. Zach versuchte, sich hinter einer Drahtskulptur zu verstecken, doch ihre Blicke trafen sich, und sie lächelte schief, eher wehmütig als schadenfroh. Zach schlich sich davon, zu beschämt, um sie zu fragen, ob sie noch Interesse hätte. Und das war es dann mit seiner besten Chance, in einer einflussreichen Galerie ausgestellt zu werden. Was seine Karriere als Künstler betraf, ging es von da an nur noch bergab.
»Warum hast du sie nicht auf der Stelle gefragt, ob sie dich noch haben will? Die Galerie war noch recht neu, und wenn du ein bisschen gebettelt hättest, wäre sie womöglich geschmeichelt genug
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