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Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das verborgene Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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weißer Toyota Pick-up so schwungvoll an der Haltestelle, dass er Hannahs Stiefel mit schlammigem Wasser vollspritzte. Sie trat vor und beugte sich zum offenen Seitenfenster herab. Zach starrte hinüber. In dem Auto saßen zwei Män ner, aber er konnte ihre Gesichter nicht erkennen. Hannah sprach nicht länger als zehn Sekunden mit ihnen, dann griff sie in ihre hintere Hosentasche und reichte einen zer knitterten Briefumschlag durchs Fenster. Durch die Windschutzscheibe konnte Zach den weißen Umschlag schimmern sehen, während der Mann auf dem Beifahrersitz ihn öffnete und mit den Fingerspitzen darin herumtastete. Geld, dachte Zach. Er musste wohl Geld zählen. Hannah nickte und trat zurück, und der Pick-up fuhr los. Sie schob die Hände wieder in die Taschen und blickte ihm nach, und als der Wagen vor dem Pub um die Ecke bog, sah Zach den Arm, den der Beifahrer am Seitenfenster ruhen ließ. Ein fliederfarbener Sweatshirt-Ärmel. Dann sah er auch den massigen Oberkörper und den stoppelig behaar ten Hals. James Horne. Hannah blieb einen Moment lang stehen und schaute auf ihre Füße hinab, immer noch starr vor Anspannung. Dann ging sie über die Straße auf den Pub zu.
    Hannah ging schnurstracks an die Bar und hielt Pete Murray mit einem breiten Lächeln ihre EC -Karte hin.
    »Wie, alles auf einmal?«, fragte der Wirt überrascht.
    »Oh, ihr Kleingläubigen. Ich habe dir doch gesagt, dass ich nur noch ein paar Tage brauche.«
    »Ich weiß. Ich hätte nur mit einigen Tagen mehr gerechnet.« Pete zuckte mit den Schultern.
    »Wenn ich heute Abend wiederkomme, fangen wir mit dem Anschreiben ganz neu an.« Sie lehnte sich an die Bar und wartete, ohne sich umzuschauen, während Pete die Zahlung abwickelte. Zach holte schon Luft, um nach ihr zu rufen, doch irgendetwas hielt ihn davon ab. Vielleicht war es die Art, wie sie sich eben nicht umdrehte, um Ausschau nach ihm zu halten, wie sie den Blick starr auf die Auffangschale unter den Zapfhähnen gerichtet hielt und ungeduldig mit einem Bierfilz auf das Messing tippte. Vielleicht lag es auch an der Vielzahl der Fragen, die ihm durch den Kopf schossen. Er wusste, dass sie sie nicht beantworten würde, also wollte er sie gar nicht erst stellen. Doch als sie sich zum Gehen wandte, war er schon aufgesprungen, ehe er sich dessen bewusst wurde, und lief ihr nach. Er hielt sie am Arm zurück, und ihr Gesichtsausdruck sagte ihm alles, was er wissen musste. Ihr Blick war energisch und verschlossen, der Mund ein resoluter Strich, das Ganze überzogen mit einem Hauch von Bedauern. Sämtliche Fragen erstarben ihm auf den Lippen, und er empfand beinahe so etwas wie Angst. Denn auf einmal sah er, wie leicht er sie verlieren könnte.
    »Hannah«, sagte er und holte tief Luft. »Was immer es ist – du kannst es mir anvertrauen. Ich hoffe, das weißt du.« Ihre Augen weiteten sich, und einen Moment lang wirkte sie einsam und ängstlich. Doch dann kehrte ihre Entschlossenheit zurück, und sie schüttelte den Kopf.
    »Das nicht. Wirklich nicht. Tut mir leid, Zach.«
    Der nächste Tag war ein Donnerstag, und Zach fuhr landeinwärts auf die Autobahn nach Surrey. Heute hatte er den Termin bei Annie Langton, der Dame, die eines der kürzlich aufgetauchten Dennis-Porträts gekauft hatte. In der vergangenen Nacht hatte er kaum geschlafen, weil er ständig an Hannah denken musste und sich ausmalte, in was für Schwierigkeiten sie stecken mochte. Vielleicht war sie verzweifelt genug gewesen, um sich Geld bei James Horne zu leihen. Dann hätte es bei dem Streit hinterm Gartenzaun um die Rückzahlung gehen können, die Zach möglicherweise am Abend beobachtet hatte. Aber irgendwie wollte diese Version der Ereignisse nicht recht passen. Ein legales Darlehen zahlte man nicht am Straßenrand zurück, mit einem Bündel Scheine in einem Briefumschlag. Von jeman dem wie James Horne lieh man sich überhaupt kein Geld. Zach konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Hannah den Mann tatsächlich um Hilfe gebeten haben sollte. Aber wenn sie Horne das Geld aus irgendeinem anderen Grund gegeben hatte, wollte Zach nicht einmal darüber nachdenken, was das für ein Grund sein könnte. Und er konnte sich nicht erklären, wie sie plötzlich an das Geld gekommen war, das sie in diesen Umschlag gesteckt hatte.
    Er war so müde und mit alledem beschäftigt gewesen, dass er den Termin mit Mrs. Langton nur deshalb nicht versäumte, weil sein Handy ihn piepsend daran erinnert hatte. Überrascht stellte er fest, dass er

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