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Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das verborgene Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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schmutzigen Hände in ihrem schmutzigen Schoß herab. Charles räusperte sich zaghaft. »Mitzy, bitte sag mir, was geschehen ist. Worum ging es bei dem Streit?«, fragte er.
    »Hat Celeste es Ihnen nicht erzählt?«
    »Nein, sie wollte es mir nicht erzählen. Sie sagt, das ginge nur sie und dich etwas an, und ich würde es nicht verstehen.« Dimity dachte darüber nach und war einerseits froh darüber, dass Celeste Charles nichts gesagt hatte. Andererseits machte diese Entscheidung sie misstrauisch. Als hätte die Frau mit diesem Geheimnis mehr Macht.
    »Ich habe … Ich habe ein paar ihrer Sachen anprobiert. In … In ihrem Zimmer. Ihren Schmuck – und ein Tuch. Sie ist hereingekommen und hat mich dabei erwischt. Vielleicht dachte sie, dass ich sie bestehlen wollte. Aber das wollte ich gar nicht! Ich schwöre es! Ich habe mir nichts Böses dabei gedacht!«
    »Das ist alles? Sie hat dich dabei erwischt, wie du ein paar ihrer Sachen anprobiert hast, und allein deshalb war sie rasend vor Wut?« Charles runzelte die Stirn, als könnte er das nicht ganz glauben. Dimity schluckte.
    »Ich dachte, sie würde mich umbringen«, sagte sie kleinlaut.
    »Ach, sei nicht albern. Celeste hat dich sehr lieb.«
    »Haben Sie mich denn lieb?«
    »Ich …« Charles unterbrach sich und betrachtete sie ernst, als sei er sich in irgendetwas plötzlich nicht mehr sicher. Dimity hielt den Atem an. »Ja, natürlich.« Seine Stimme klang seltsam angespannt. »Natürlich habe ich dich lieb – wie meine eigene Tochter, Mitzy. Grün und blau wie du bist. Das wird ein Prachtstück – morgen früh hast du eine große violette Beule. Fühl mal.« Er nahm ihre Finger und führte sie sanft zu der eiförmigen Schwellung an ihrem Kopf. Sie verzog das Gesicht. »Die dürfte sogar Élodie beeindrucken«, sagte er.
    »Das bezweifle ich.«
    »Oh, verflixt. Jetzt nässt sie wieder. Hier.« Charles holte sein Taschentuch heraus, tupfte an der blutigen Platzwunde herum und umfasste ihr Kinn mit einer Hand, um ihren Kopf stillzuhalten. Dimity ließ sich in die Berührung sinken, sie konnte seinen Atem an ihrer Haut spüren und erhaschte einen Hauch seines Geruchs – von seinem Körper, seinem Schweiß. Vorsichtig legte sie eine Hand auf seinen Unterarm, direkt vor ihrem Gesicht. Charles studierte die Platzwunde, doch als er ihre Berührung spürte, begegnete er ihrem Blick, und seine Augen weiteten sich langsam, als sähe er irgendeine Gefahr vor sich. Er hörte zu tupfen auf, und einen Augenblick lang, einen herrlichen Augenblick lang, dachte Dimity, er werde sie wieder küssen. Sie konnte es sich ganz genau vorstellen – wie sein Kopf sich nach vorne neigte und wie sich seine Lippen anfühlen würden. Ihr rasendes Herz ließ den Schmerz in ihrem Kopf erblühen wie scharlachrote Rosen, doch es war ihr gleich.
    »Wird das wieder?«, fragte sie leise.
    »Wird was wieder?«, fragte Charles nervös und trat von ihr zurück.
    »Mit meinem Kopf.«
    »Ach so, ja. Wir haben einen Arzt geholt, damit er sich das ansieht, nur für alle Fälle, und er meinte, du bräuchtest nur Ruhe. Aber ich muss sagen …« Charles unterbrach sich und befühlte ihre Stirn. »Du fühlst dich sehr heiß an. Hast du etwa Fieber?«
    »Ich weiß nicht … Ich habe mich heute Morgen schon nicht gut gefühlt, ehe Celeste …«
    »Ja – du meine Güte, du zitterst ja! Leg dich wieder hin. Du musst dich ausruhen, Mitzy«, sagte Charles, und Dimity gehorchte. Seine zärtliche Besorgnis war wie warmer Honig auf ihrer Zunge.
    Haben Sie mich lieb? Ja, natürlich. Als er gegangen war, hörte Dimity diese Worte immer wieder. Sie waren wie ein Zauber, der die ganze Welt funkeln ließ. Sie stellte sich vor, sie könnte spüren, wie er sie auf den Armen trug, sie in Sicherheit brachte. Sie fühlte den Druck seiner Finger an den Rippen, den schützenden Käfig seiner Umarmung, wäh rend er mit ihr durch die Straßen lief, und es fühlte sich richtig an, absolut perfekt . Doch sie konnte die Kopfschmerzen nicht lange ignorieren, und als sie vorsichtig nach der Platzwunde tastete, fanden ihre Finger auch die kleine Beule an ihrer Schläfe. Die kam davon, dass Celeste sie von dem Schemel gestoßen hatte. Ungebeten blitzten die glühenden Augen der Frau in ihrer Erinnerung auf, und sie schmiegte sich ängstlich tiefer in ihr Kissen, als könnte sie diesem alles durchdringenden Funkeln entkommen.
    Sie döste unruhig, als Delphine wieder hereinkam. Draußen dämmerte es bereits, und Dimity hörte Delphine

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