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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Stirn. Eine Soko, die man rasch verschwinden lassen konnte. Reinhard Graeve baute vor. Er wusste, dass er es nicht mehr nur mit dem Verfassungsschutz zu tun hatte, sondern auch mit dem Innenministerium und der Landesregierung. Er hatte Henning Ziller den Krieg erklärt, und der würde schwere Geschütze auffahren – Behördenleiter, Staatssekretäre und andere Politiker. Wenn der Druck zu groß würde, bliebe Graeve keine andere Wahl, als zu kapitulieren.
    »Übrigens«, sagte Bermann. Das Handy, mit dem der Unbekannte den Notruf abgesetzt hatte, war ein Prepaid-Telefon und bei dem kurzen Gespräch mit der Rettungsleitstelle um 1 Uhr 57 zum ersten und einzigen Mal benutzt worden. Das Gerät konnte nicht geortet werden, es war ausgeschaltet.
    Louise nickte. Vermutlich lag es längst auf dem Grund der Dreisam.
    Bermann zeigte auf das GoSolar-Gebäude. »Tun wir mal so, als ob.«
    »Als ob was?«
    »Als ob wir noch nicht wüssten, dass Kilian und Marc wahrscheinlich in Sicherheit sind. Zwei entführte Kriminalbeamte, da kannst du in jede Aufsichtsratssitzung platzen. Versuchte Tötung in Berlin ist ein bisschen wenig.«
    »Klingt mehr nach Bonì als nach Bermann.«
    »Ein Ziller am Morgen lässt den charakterstärksten Ermittler wanken.«
    Sie wandten sich in Richtung Eingang.
    »Spürst du das?«, fragte Louise.
    »Was?«
    »Wir werden beobachtet.«
    Er schnaubte durch die Nase. »Wir werden paranoid.«
    Durch eine Wolke aus Zigarettenrauch traten sie zur Eingangstür. Louise hob den Blick, starrte in ein kleines dunkles Kameraauge über dem Portal.
    Bermann zog einen Flügel auf, ließ sie an sich vorbeigehen. »Du führst das Gespräch«, sagte er.
    »Ich dachte, du wärst zu alt, um dich zu ändern.«
    Er lachte melancholisch. »Heute bin ich wieder jung.«
     
    Das Foyer, in dem sich der Empfang befand, war lichtdurchflutet und reichte nach oben bis zum Glasdach. Die Rezeptionistin führte ein kurzes Telefonat mit einem »Herrn Kleinert«, dann wurden sie per Fahrstuhl in den fünften Stock geleitet. In einer Wartezone mit Panoramablick setzten sie sich zwischen raumhohe Pflanzen und Wasserspender auf Rattansessel. Auf einer Videowand hinter ihnen lief ein Imagefilm – Kinder spielten im Sonnenschein an einem Wasserfall. Der Ton war abgestellt, eine Fernbedienung lag auf einem Tischchen bereit. Neben der Bildschirmwand befand sich eine Kaffeetheke mit einer teuer aussehenden Espressomaschine. Auf Bermanns Brust bewegte sich der Schatten einer Zimmerpalme. Hier drinnen, so kam es Louise vor, war nicht Spätherbst, sondern Sommer.
    Sie blinzelte im Sonnenlicht. Die Müdigkeit war wieder da.
    Eine Blondine eilte herbei und bot Kaffee, Softdrinks, Gebäck an. Bermann grinste selig, sie lehnten ab.
    »Ich vermisse die alten Kollegen«, sagte Louise. »Illi und Alfons. Den Chef natürlich, Almenbroich.«
    Bermann sagte nichts.
    »Sogar Anne.« Sie tippte sich an die Stirn. »Sie sind alle da drin, und ich kriege sie nicht raus. Manchmal wundere ich mich, dass in ihren Büros andere Kollegen sitzen. Dass das technisch gesehen überhaupt möglich ist.«
    Sie wartete auf eine Reaktion. Bermann musterte sie reglos.
    »Na ja.« Sie lauschte dem Summen in ihrem Kopf, das ein fester Bestandteil ihres Körpers geworden war und sich ihrer Umgebung anzupassen schien. Hier klang es sanft und unaufgeregt, war leicht und luftig. Die Ökovariante eben.
    Sie griff nach einer der Firmenbroschüren, die auf dem Tischchen auslagen. Auf Seite 2 stieß sie auf Gerhard Kleinert, der souverän und zuversichtlich lächelte. Sie kannte das jugendlich frische Gesicht bereits von der Firmenwebsite. Laut Text war er zweiundfünfzig, Diplom-Ingenieur, Chief Technical Officer und einer der drei Gründer des Unternehmens.
    Sie hielt Bermann das Foto entgegen. Er nickte desinteressiert, die Blondine war wieder im Anmarsch und bat um einen weiteren Moment Geduld. Er nickte und sah ihr geduldig nach.
    Lachend stand Louise auf, ging zum nächsten Wasserspender und trank. Das Rattan knarzte heimelig, als sie sich wieder setzte. Schlafen, dachte sie, nur eine halbe Stunde schlafen.
    Schließlich klatschte Bermann in die Hände. »Holen wir uns den Kerl.«
    Sie gähnte. Da war tatsächlich mehr Bonì in Bermann, als sie für möglich gehalten hätte.
     
    Sie mussten nicht lange suchen. Kleinerts Büro lag zwei Türen weiter. »Wow«, sagte Bermann spöttisch und deutete auf das Namensschild. Kleinert war doppelt promoviert.
    Bermann klopfte und öffnete

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