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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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ab?«
    »Nein, nein.«
    »Musst du weg?«
    »Nein, ich bin gerade ins Hotel gekommen.«
    »Es klang so … Was hast du gemacht?«
    »Ich war mit Jim und Antun Kaffee trinken. Ehemalige Kollegen von der SIPA .«
    Sie überlegte fieberhaft, wofür die Abkürzung stand – vorgestern dran gedacht, heute schon vergessen. Richtig:
State Investigation and Protection Agency.
Und wer waren Jim und Antun? War da noch jemand dabei gewesen, eine Iva oder eine Tina?
    Sie fragte nicht, natürlich nicht.
    »Du … fehlst mir sehr«, sagte Ben.
    Sie verdrehte die Augen. Ben Liebermann gehörte zu den Männern, die das Falsche sagten, wenn sie das Richtige sagen wollten. Die Gefühle zeigten und damit bedrängten. In manchen seltenen Momenten, dachte sie, waren ihr Männer wie Rolf Bermann lieber, der sagte nichts, höchstens einmal »Okay«. Doch diese Männer taugten nur für zwei Sekunden und keinen Lidschlag länger. Die anderen, die taugten. Die musste man halten. Männer wie Ben, der vielleicht gar nicht zu halten war, weil er nicht zur Ruhe kam, alle zwei, drei Jahre Stadt, Frau, Stelle wechseln musste, als wäre er ein besonders unruhiger Nachfahre von Odysseus.
    Ben schwieg, sie wusste, dass er wartete.
    »Ich hab in Berlin zufällig Element of Crime gehört,
Die schönen Rosen,
bei einem Kollegen im Auto.«
    Stille.
    »Jetzt läuft die CD zu Hause die ganze Zeit.«
    Stille.
    »Mehr gibt’s heute nicht, Benno Liebermann.«
    Fern in Sarajewo erklang ein leises, sanftes Lachen, und sie lachte mit, plötzlich erfüllt von Freude.
    Dann war das Gespräch endlich vorbei.

10
    UM ELF PARKTE SIE im Gewerbegebiet Haid vor dem Gebäude von GoSolar, einem modern anmutenden, fünfstöckigen Würfel aus Glas und Stahl. Wenige Meter vor der Front zog sich ein Panzer aus schräg gestellten Solarzellen in die Höhe. Der Parkplatz war von mit Rindenmulch bedeckten Blumenbeeten und Grünstreifen eingefasst, lediglich ein Dutzend Autos stand darauf. Die Mitarbeiter von GoSolar fuhren Fahrrad – der Radständer entlang der Westseite war übervoll. Wie alle paar Wochen einmal regte sich das schlechte Gewissen in Louise, ein heißer Hauch am fernen Ende ihres Bewusstseins. Beamtin in der grünen Stadt, und sie
besaß
nicht einmal ein Fahrrad; die eineinhalb Kilometer von der Wohnung zur Polizeidirektion fuhr sie mit dem Auto. Man tat das nicht in Freiburg, sagte das schlechte Gewissen und verflüchtigte sich.
    Sie stieg aus und sah sich um. Kein Liebespaar, das sich nicht allzu leidenschaftlich küsste. Aber der Parkplatz lag offen und war von weitem zu überschauen. An einer Kreuzung, in einem Gebäude, auf einem der Gehwege konnte jemand stehen und sie beobachten, ohne dass sie es mitbekam.
    Wanzen und Kameras in Berlin, in Littenweiler.
    Sie wandte sich dem Gebäude zu, starrte auf die dunkelblaue Fassade, die Augen mit einer Hand gegen die Novembersonne abschirmend. Im Innern waren Gestalten zu erkennen,
vor der Eingangstür standen drei Raucher, Sünder im Paradies.
    Das Handy summte vibrierend – eine SMS war eingegangen.
    Holt uns
, schrieb Kilian.
    Irritiert starrte sie auf das Display. Holt uns?
    Wo?, s
chrieb sie zurück.
    Keine Antwort.
    Es dauerte noch einen Moment, bis sie zu begreifen begann. Kilian musste entdeckt und überwältigt worden sein – vermutlich noch in der Nacht. Die Entführer hatten Marc und ihn im Unteren Kapplerwald abgesetzt, einen Mann bei ihnen gelassen, der Kilians Handy dreimal benutzt hatte, um Nachrichten zu versenden und Zeit zu gewinnen. Sie wussten, dass das Telefon geortet worden war – und hatten damit gerechnet, dass die Kripo nicht eingreifen würde.
    Hinter Louise fuhr ein Wagen auf den Parkplatz, eine vertraute Stimme sagte: »Der Kollege ist da.«
    Kurz darauf stand Rolf Bermann grinsend neben ihr, die Finger in den Hosentaschen wie ein Teenie, das weiße Hemd spannte über der kräftigen Brust.
    Sie zeigte ihm die SMS .
    »Verdammt.« Er ging zum Auto zurück, um Streifenbesatzungen und, für alle Fälle, das MEK in den Unteren Kapplerwald zu schicken. Auch ein Hubschrauber musste in Bereitschaft gelegt werden.
    »Die sind ja besser als wir«, sagte er, als er zurück war.
    »Nicht besser, bloß schneller. Was macht die Soko?«
    »Ist auf dem Weg nach Littenweiler und lässt grüßen.«
    Louise zuckte die Achseln. »Vielleicht schaffe ich es morgen.«
    »Du schaffst es heute Abend. Sechs Uhr in meinem Büro.«
    »Wieso nicht im Soko-Raum?«
    »Ist noch eine kleine Soko.«
    Sie runzelte die

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