Das verborgene Netz
Wesen der Plage nichts ändert.«
»Sprechen Sie weiter, ich höre Ihnen so gern zu.«
»Verdammt!«
Louise deutete auf den Latte macchiato. »Auch einen?«
»Ich vertrage Milch nicht.«
»Espresso?«
Mayerhöfer starrte sie an.
»Haben wir einen Deal? Ich hole den Espresso, Sie drucken die Liste aus?«
»Verdammt.«
Wenige Minuten später hielt Louise eine Liste jener GoSolar-Mitarbeiter in der Hand, die in diesem Jahr eingestellt worden waren. Sechzehn Namen und Adressen, darunter die Daten von Philipp Schulz, außerdem, von Mayerhöfer handschriftlich ergänzt, die von Heinrich Willert, dessen Vorgänger.
»Wenn ich nicht am Montag meinen Resturlaub antreten würde, hätten Sie das nicht bekommen«, sagte Mayerhöfer und rührte unwillig in der Espressotasse.
»Ich weiß. Danke. Kann ich Ihr Fax benutzen?«
»Nimmt das nie ein Ende?«
Der Zeigefinger wies auf ein Multifunktionsgerät an der Seitenwand.
»Haben Sie einen Stift?«
Ein Kugelschreiber rollte über die Tischplatte.
»Rufen Sie an, wenn’s regnet, dann bringe ich Ihnen einen Schirm vorbei«, sagte Mayerhöfer.
»Eine Pizza wäre mir lieber«, erwiderte Louise.
Auf der Treppe kam ihr ein weiterer Gedanke, der allzu lange unterwegs gewesen war. Falls Philipp Schulz Teil des Netzes war und sie kannte, hatte er sie vielleicht auf einem Monitor gesehen – oder aber vergangene Nacht in Littenweiler.
War Schulz Esther Grafs Schutzengel?
12
IM AUTO RIEF SIE BERMANN AN . Er war noch in Esthers Haus, zusammen mit zwei weiteren Mitgliedern der Sonderkommission. Bisher hatten sie nichts Interessantes gefunden, die Suche dauerte an.
Louise ließ die beiden Vorderfenster herunter. Das Auto hatte fast drei Stunden in der Sonne gestanden, die stickige Wärme raubte ihr den Atem.
Bermann sprach weiter. Lubowitz hatte telefonisch erste Ergebnisse des Erkennungsdienstes durchgegeben. In dem Blut in Grafs Bad, im oberen Flur, im Schlafzimmer sowie auf der Treppe – nur nach unten, nicht nach oben – und im unteren Flur war immer dasselbe Sohlenprofil zu erkennen. Die Abdrücke passten zu denen, die die Berliner Kollegen im Treppenhaus des Hotels gesichert hatten.
Von den Abriebspuren am Schreibtischschloss und den offensichtlich kürzlich ab- oder anmontierten Steckdosen wusste sie bereits. In der Fassung einer Lampe im Schlafzimmer sowie an einem Holzregal im Wohnzimmer befanden sich ähnliche Spuren. Lubowitz hatte sich die Stellen genau angesehen und war, sagte Bermann, davon überzeugt, dass Louise recht hatte: Esther Graf war mit Wanzen und Kameras überwacht worden, die sich offenbar in allen Räumen befunden hatten.
Fingerabdruckspuren hatten nur zwei Personen hinterlassen: Graf – und die Kollegin Bonì.
»Hast du da zu Abend gegessen?«
»Pizza mit Salami und Pilzen.«
»Geht das nicht ein bisschen weit? Abendessen bei einer Zeugin?«
» Was für ’ne Zeugin?«
Bermann lachte. »Apropos, wann zeigst du mir deine Einkäufe vom Türkenmarkt?«
»Bringe ich zur Soko-Sitzung mit. Was ist mit Marc und Kilian?«
Waren übernächtigt, durchgefroren und ein bisschen verwirrt, ansonsten wohlauf. Sie bemühten sich um Coolness und überboten sich gegenseitig mit Witzeleien, um davon abzulenken, dass sie sich ziemlich dämlich verhalten und in großer Gefahr geschwebt hatten.
Ihre Aussagen hatten sie bereits zu Protokoll gegeben.
Marc war auf der Straße vor Grafs Haus auf zwei Männer gestoßen. Ein dritter hatte ihn von hinten niedergeschlagen. Er hatte keine Gesichter gesehen, konnte nur ihre Kleidung beschreiben.
»Hat er sie sprechen gehört?«
»Ja. Deutsche.« Marc hatte sich festgelegt: keine Franzosen, keine sonstigen Ausländer.
»Und was ist mit Kilian passiert?«
Bermann seufzte theatralisch.
Kilian war den drei Unbekannten und Marc eine Viertelstunde lang durch den Wald gefolgt, bis ihm aufgefallen war, dass er nur noch zwei Männer und Marc vor sich gehabt hatte. Da war es schon zu spät gewesen: Der dritte Mann hatte ihm die Waffenmündung an den Hinterkopf gedrückt.
» Was passiert jetzt mit ihm?«
»Wissen wir noch nicht. Ich setze mich später mit ihm,
dem Chef und Schöne zusammen, dann überlegen wir.« Peter Schöne bestand auf einem Vermerk in Kilians Personalakte. Dass die Bonì’schen Methoden – auf eigene Faust ermitteln, Anordnungen von höherrangigen Kollegen missachten – Schule machten, passte ihm überhaupt nicht. »Du hast wenigstens Erfolg damit. Kilian lässt sich fangen.«
»Lasst
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