Das verborgene Netz
Licht sprang an.
»Trotzdem haben Ihre Leute das mitbekommen.«
»Ja.«
»Und mit Willerts Computer Kinderpornos aus dem Internet heruntergeladen und dafür gesorgt, dass er auffliegt?«
»Er war zur Gefahr geworden.«
»Jetzt ist er keine Gefahr mehr. Er hockt in einer heruntergekommenen Wohnung und denkt an früher, als er noch eine Familie, einen Job und ein hübsches Haus hatte.«
Mike schwieg.
»Ist Ihnen egal, oder?«
» Wir haben jetzt keine Zeit für Moral, Frau Bonì.«
»Für Moral ist immer Zeit.«
»Dann reden wir über Ihre Besuche bei Esther.«
Louise zuckte die Achseln. »Sie meinen die Pizza? Ich hatte Hunger.« Sie versuchte, dem harten Blick seiner Augen standzuhalten, doch es gelang ihr nicht. Er wusste, dass er recht hatte. Auch deshalb saß sie hier, war noch an diesem Fall dran.
» Weiter«, sage er.
»GoSolar hat einen Nachfolger für Willert eingestellt, Philipp Schulz. Ich dachte erst, dass er zu Ihnen gehört hat, aber ich hab mich getäuscht. Er war beim Verfassungsschutz.«
Der schwarz vermummte Kopf nickte.
»Wussten Sie das von Anfang an?«
»Erst seit Berlin.«
»Und in Berlin waren Sie, weil Sie Esther observiert haben?«
»Sie hat im Oktober zweimal von einer Telefonzelle aus gesprochen. Dann hat sie das Hotel und den Flug gebucht.«
Verdächtig genug, aus der Sicht von Steinhoff und Mike. Was Louise nicht verstand, war, warum Esther observiert worden war. Hatte Steinhoff an ihrer Zuverlässigkeit gezweifelt?
»Sie war das schwächste Glied in der Kette«, sagte Mike. »Sie gehört nicht zu uns.«
»Und ist psychisch labil.«
Er nickte wieder.
»Trotzdem. Ziemlich viel Aufwand, finde ich.«
»Steinhoff wollte unbedingt, dass sie überwacht wird.«
»Sieh an, ein Paranoiker. Überhaupt, was für ein Aufwand.« Ein Produkt, das möglicherweise nicht einmal in der Zukunft Millionengewinne versprach – dennoch hatte Philipp Schulz sterben müssen, war Heinrich Willert in die Isolation, Esther beinahe in den Selbstmord getrieben worden. Ganz abgesehen von den immensen Summen, die die Infiltrierung von GoSolar verschlungen haben musste. »Sie können mir nicht erzählen, dass das in irgendeiner Relation steht.«
»Kommt wohl auf die Perspektive an«, sagte Mike.
»Mord ist keine Frage der Perspektive.«
»Das ist richtig.«
»Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen?«
»Weiter, Frau Bonì.«
Louise starrte in die dunklen Augen, deren Ausdruck sich nicht deuten ließ, solange sie von schwarzem Stoff umgeben waren. »Esther fliegt also nach Berlin. Sie mieten sich im selben Hotel ein, installieren Ihre kleinen Maschinen, beobachten sie und folgen ihr, wohin sie auch geht. Sie müssen gut organisiert sein.«
»Wir hatten Hilfe.«
»Und der Verfassungsschutz?«
»War auch an ihr dran.«
»Und hat nicht gemerkt, dass Sie da sind?«
»Nein.«
»Waren Sie in der Charité?«
»Ja.«
»Und da dachten Sie, dass alles in Ordnung ist. Nur ein Arztbesuch, kein heimliches Treffen mit dem Amt.«
»Ja.«
»Dann die Sache mit Steinhoff. Das müssen Sie mir erklären.«
Ein dummer Zufall, entgegnete er. Nur sein Geschäftspartner habe Steinhoff vorher getroffen, er selbst nicht. Er habe nur mit ihm telefoniert – und ihn deshalb nicht erkannt.
»Haben Sie gedacht, er könnte Esther gefährlich werden?«
»Ja.«
»Also laufen Sie auf den Gang und prügeln ihn halbtot.«
» Wie gesagt, ein dummer Zufall.«
»Aber wer hätte ein Interesse daran haben können, Esther was zu tun? Der Verfassungsschutz? Wohl kaum.«
Mike antwortete nicht gleich. »Ich habe überreagiert.«
»Wie heute Nachmittag bei Philipp Schulz?«
»Der Reihe nach, Frau Bonì.«
Erneut veränderte sie ihre Position, jetzt schlief die linke Pobacke. »Warum war Steinhoff im Hotel?«
»Er wollte reden.«
»Mit Esther? Warum?«
»Nicht mit Esther. Mit mir.« Mike räusperte sich. Es hatte weitere Missverständnisse gegeben. Alle waren nervös gewesen wegen Esthers mysteriösen Telefonaten und ihrer Reise nach Berlin, vor allem Steinhoff, für den viel auf dem Spiel gestanden hatte. Nicht nur Geld – es war s
eine
Operation gewesen, und er wollte um keinen Preis scheitern. Er hatte das Warten nicht ausgehalten, war nach Berlin gekommen, um Esthers Überwachung vor Ort mitzuverfolgen. In seiner Aufregung hatte er die Zimmernummern verwechselt.
»Und er hat Sie nicht informiert, dass er kommt?«
»Er hat auch die Telefonnummern verwechselt.«
Louise lachte ungläubig auf.
»Er hat auf einen
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