Das verbotene Eden 01 - David & Juna
Gwen. »Na ja, komm erst mal rein. Du kannst mir alles bei Tisch erzählen. Und Ihr macht gefälligst, dass Ihr von meiner Tür wegkommt«, fauchte sie die Gardistin an. »Ihr könnt Wache schieben, soviel Ihr wollt, aber tut das gefälligst draußen.« Mit einem Knall flog die Tür zu.
Juna musste schmunzeln. Gwen konnte ausgesprochen spröde reagieren, wenn man unangemeldet ihr Haus betrat.
»Zieh deine Schuhe aus und setz dich schon mal an den Tisch. Ich habe noch ein Hefebrot und etwas Butter.«
Kurz darauf saßen die beiden zusammen und aßen. Gwen biss mit grimmigem Gesicht in ihr Brot, während Juna erzählte, was vorgefallen war. Sie berichtete von dem Verhör, von Edana und von dem Zustand, in dem die Gefangenen waren. Natürlich verschwieg sie die Sache mit dem Buch. Es war nicht nötig, noch ein weiteres Fass aufzumachen.
Sie berührte Gwens Hände. »Ich fürchte, ich brauche deine Hilfe«, sagte sie.
Gwen wischte sich den Mund ab. »Hilfe?«
Juna nickte. »Ich muss hier verschwinden.«
»Aber du stehst unter Arrest.«
»Das weiß ich. Eben darum brauche ich ja deine Hilfe.«
»Was hast du vor?«
»Kann ich dir nicht sagen. Ich will dich da nicht mit hineinziehen, es ist so schon schlimm genug. Aber glaub mir, ich würde dich nicht fragen, wenn es nicht wirklich wichtig wäre. Ich bin da in eine dumme Sache hineingeraten, und alleine schaffe ich es nicht.«
Gwens Augen verengten sich. »Was hast du angestellt?«
»Bitte, dräng mich nicht. Ich kann es dir nicht sagen, selbst wenn ich wollte. Es hat etwas mit Edana zu tun und ihrem Plan, meine Mutter zu stürzen.«
»Edana will deine Mutter stürzen?«
Juna legte ihren Finger an die Lippen. »Leise.« Sie deutete nach draußen und machte ein Zeichen, dass sie belauscht wurden. »Es ist von größter Wichtigkeit, dass ich unbemerkt von hier wegkomme«, flüsterte sie. »Bis Sonnenaufgang bin ich wieder da.«
Gwen warf ihr einen durchdringenden Blick zu. »Das ist eine schwerwiegende Sache, die du da von mir verlangst. Wenn sie heute Nacht kommen und du nicht da bist, dann steckt mein Hals mit in der Schlinge.«
»Das weiß ich«, flüsterte Juna. »Aber du bist die Einzige, der ich vertrauen kann. Bitte hilf mir.«
»Ich habe Edana noch nie leiden können.« Gwen schaute Juna eine Weile prüfend an, dann nickte sie. »Na gut, ich werde es tun. Aber nur aus einem Grund. Nicht, weil ich etwas für deine Mutter übrighätte. Sie hat mich immer nur mit Herablassung behandelt. Auch nicht, weil mir das Heil der Gefangenen am Herzen liegt. Von mir aus können diese beiden Teufel auf dem Scheiterhaufen brennen. Ich tue es, weil ich dich liebe, weil du für mich der wichtigste Mensch auf der Welt bist.«
Juna ergriff ihre ausgestreckte Hand. Sie kam sich in diesem Moment richtig schäbig vor.
Es war kurz nach Mitternacht, als Juna so weit war, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Neben dem Haus stand eine mächtige Atlaszeder, deren Äste zum Teil bis über das Dach reichten. Gwens Großmutter, eine Tischlerin, hatte das Haus direkt neben den Baum gebaut. Im Sommer spendete er wohltuenden Schatten, im Winter hielt er größere Schneemengen ab. Natürlich bestand die Gefahr, dass irgendwann einmal einer der Äste abbrechen und ein Loch in das strohgedeckte Dach reißen könnte, aber noch war der Baum stark und gesund. Vom Dachboden aus konnte man über eine kleine Luke einen der Äste erreichen und auf den Baum gelangen. Juna hatte schon öfter mit dem Gedanken gespielt, auf den Baum zu klettern, doch die Gelegenheit hatte sich bisher noch nicht geboten.
Bis jetzt.
Sie hatte eine Umhängetasche mit Proviant, Medizin und Verbandszeug gefüllt, außerdem waren ein Messer und Werkzeug dabei. Sie wusste, dass ihr Plan verrückt war, aber sie musste es wenigstes versuchen. Ihr blieben noch fünf Stunden bis zur Rückkehr. Ging irgendetwas schief, würde man sie für vogelfrei erklären.
Rasch kletterte sie über eine Leiter auf den Dachboden. Hier oben war es eng und stickig. Staub kitzelte ihre Nase. Sie musste sich beherrschen, um nicht zu niesen, aber die Anspannung und das Adrenalin verhinderten das Schlimmste. Ihre Sinne waren aufs äußerste geschärft. Sie konnte sehen, wie eine Maus in panischer Eile davonrannte. Vorsichtig öffnete Juna die Luke einen Spalt. Kühle Luft schlug ihr ins Gesicht. Sie lauschte eine Weile. Alles war ruhig. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und öffnete die Luke ganz. Zuerst stopfte sie ihre Tasche hindurch,
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