Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
sehen war. Es war das höchste Gebäude der Stadt, höher noch als die schwarze Kathedrale. Ein seltsamer Ort, über den die wildesten Gerüchte im Umlauf waren.
»Warst du schon einmal dort?«
Logan schüttelte den Kopf.
»Ich auch nicht. Ist ja auch egal. Jedenfalls sagte er, er würde den Blick auf das Land genießen, das helfe ihm beim Nachdenken und Meditieren. Ich vermute, er war nicht ganz richtig im Kopf.«
»Die Himmelskerze liegt im Territorium der Kreuzgässler, nicht wahr?«
»Ja, eine ziemlich unsichere Gegend. Angeblich wurden dort schon die Bleichen gesehen. Keine Ahnung, ob der Kerl immer noch da wohnt, die Geschichte liegt ja schon einige Zeit zurück. Aber seine Erzählungen waren allemal unterhaltsam. Mein Vater gab dem Kerl zu essen und zu trinken, das lockerte seine Zunge. Was dann geschah, war allerdings wirklich bemerkenswert.«
Logan rückte näher.
»Er trug ein kleines Gerät bei sich, nicht größer als meine Hand. Es hatte eine Vielzahl von Knöpfen und einen langen Stab, den man auseinanderziehen konnte. Er war in der Lage, diesem Gerät seltsame Geräusche zu entlocken. Einige davon klangen wie gesprochene Worte. Manchmal, so sagte er, wenn die Sonne untergegangen und die Nacht sternenklar sei, könne man damit Stimmen empfangen. Stimmen von Menschen, die weit, weit entfernt lebten. Sie sprächen in Hunderten von Sprachen, die so unterschiedlich seien wie Bäume im Wald.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Das war alles.«
Logan schwieg eine Weile. Das war das Verrückteste, was er je gehört hatte. Er fragte sich, ob dieses Ding eventuell ein Radio gewesen sein konnte. Sein Vater hatte ihm davon erzählt. Er lächelte. Selbst wenn es nicht stimmte, war es eine gute Geschichte, und Logan liebte gute Geschichten. Sie war es auf jeden Fall wert, dass man ihr nachging. Nur wollte er Cedric nicht dabeihaben.
Der Sohn des Warlords sah ihn aufmerksam an. »Na, was denkst du?«
Logan schüttelte den Kopf und tat so, als würde ihn das nicht interessieren.
»Ich glaube, du hast recht«, sagte er. »Der Kerl war nicht ganz richtig im Kopf. Gib einem Mann genügend Bier, und er fängt an, das Blaue vom Himmel zu lügen.« Er stieß ein Seufzen aus. »So gerne ich noch mehr hören würde, ich muss wieder zurück an meine Arbeit. Mein Vater erwartet mich, und um ehrlich zu sein, dem Gespräch deines Vaters und des Inquisitors kann ich schon lange nicht mehr folgen. Ich bin aber auch nicht so gebildet wie du.«
Die Schmeichelei kam an. »Ja, geh nur«, sagte Cedric. »Ich werde noch ein wenig lauschen. Wenn du magst, komme ich dich in den nächsten Tagen mal besuchen. Ich hätte da einen interessanten Auftrag für euch. Nebenher können wir dann ja über unsere gemeinsame Zukunft plaudern.«
»Das würde mich sehr freuen«, sagte Logan und presste die Lippen zusammen. Wenn er auf etwas keine Lust hatte, dann, seine Zeit mit dem Sohn des Warlords zu verbringen.
18
G wen war gerade damit beschäftigt, Verbandszeug und Arzneimittel für die Reise zu packen, als ein Klopfen ertönte und Magda den Kopf zur Tür hereinstreckte.
»Darf ich reinkommen?«
Eigentlich hatte Gwen keine Lust auf eine Unterhaltung, aber der obersten Heilerin konnte sie natürlich nicht die Tür verbieten. Besonders nicht hier in den Häusern der Heilung.
»Natürlich. Gerne.«
Die Heilerin trat ein und schloss dann die Tür. Seit Gwen entschieden hatte, die Expedition in die Stadt zu begleiten, war ihr Verhältnis abgekühlt. Magdalena konnte ungemein störrisch sein, wenn ihr etwas gegen die Hutschnur ging – und das hier passte ihr ganz und gar nicht.
»Ich sehe, du steckst mitten in den Vorbereitungen. Wann soll es denn losgehen?« Sie ließ ihren Blick durch Gwens Zimmer schweifen. Überall lagen Hemden, Blusen und Röcke herum. Gwen hatte sich für dunkle Farben entschieden. So gern sie sich auch schön anzog, bei dieser Reise mussten die Sachen vor allem praktisch und komfortabel sein.
»Morgen früh, kurz vor Sonnenaufgang.«
»Dann will ich dich nicht lange aufhalten. Hast du einen Moment für mich?«
Gwen seufzte. »Na gut. Nimm dir eine Tasse Tee, er müsste noch warm sein.«
Magdalena ignorierte das Angebot und setzte sich auf den einzig freien Stuhl.
»Ich muss gestehen, ich war von deiner Entscheidung überrascht. Was hat dich bewogen, dich diesem Himmelfahrtskommando anzuschließen?«
Gwen nahm sich eine Tasse Tee. Sie hatte eigentlich keinen Durst, aber die Tasse in ihren Händen übte
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