Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)
Lavendelextrakt. Nein danke. Du hättest mich damals sehen sollen. Ich war jung, hübsch und modern. Ich trug Kleider von Donna Karan New York und Dolce & Gabbana, Handtaschen von Armani und Calvin Klein, und ich wäre nie auf die Idee gekommen, das Haus ohne mein iPhone zu verlassen.« Sie schmunzelte. »Ist das nicht komisch? So viele Dinge habe ich vergessen, aber nicht die Markennamen.«
»Mir sagt das alles nichts …«
»Wie sollte es auch? Es war lange vor deiner Zeit und hat absolut keine Bedeutung für unser heutiges Leben. Aber damals schien es für mich die ganze Welt zu sein.« Sie schüttelte den Kopf. »Da kannst du mal sehen, wie vernebelt unsere Köpfe waren. Hauptsache, kaufen, kaufen, kaufen. Nur nicht darüber nachdenken, was mit der Welt geschah. So lange, bis sie uns um die Ohren geflogen ist …«
Zoe schwieg. Dann sagte sie: »Und ich kann dich wirklich nicht davon abhalten, in die alte Stadt zu reisen?«
»Wirklich nicht, nein.«
»Na schön. Aber dann werde ich dich begleiten. Alleine kommst du ja nicht mal durch die Verbotene Zone. Und versuche nicht, mich davon abzuhalten. Ich kann nämlich genauso starrsinnig sein wie du.«
»Ich habe vermutet, dass du das sagen wirst.« Magda lächelte. »Und weißt du was? Ich freue mich über deine Begleitung. Du bist ein gutes Mädchen. Arkana hatte wirklich ein glückliches Händchen, als sie dich als Zofe ausgewählt hat. Ich frage mich, wie es ihr jetzt wohl geht, so allein im Wald. Vielleicht bietet sich die Möglichkeit, sie noch einmal zu sehen. Ich würde gerne noch einmal mit ihr reden, ehe ich in den Wald der Göttinnen einkehre.«
20
D er alte Mann führte seinen Esel durch das dichte Unterholz. Er fegte mit seinem Stab Efeu und Brombeerranken beiseite und suchte weiter nach dem verlorenen Pfad. Die Natur besaß große Kraft; unaufhaltsam holte sie sich alles wieder zurück. Früher war hier mal ein Park gewesen. Ein Ort, an dem Kinder spielten, Mütter mit ihren Kinderwägen die Wege entlangpatrouillierten und Hundebesitzer ihre Lieblinge mit Bällchen über die Wiesen scheuchten. Heute galt diese Gegend als Niemandsland. Ein Urwald aus Buchen, Kastanien, Erlen und Eichen, zwischen denen Büsche und Unterholz emporschossen und um Tageslicht stritten. Man musste sich schon gut auskennen, um hier nicht die Orientierung zu verlieren.
Benedikt, der diesen Weg schon viele hundert Male gegangen war, musste trotz seiner guten Ortskenntnisse immer wieder anhalten und nach Spuren und Wegzeichen suchen. Manchmal kam es ihm so vor, als würde der Wald seine Gestalt verändern. Als würden Bäume die Position verändern, Wege verschwinden und an anderer Stelle wieder auftauchen. Gewiss, sein Augenlicht war nicht mehr das beste. Es fiel ihm schwer, im immerwährenden Zwielicht unter den Zweigen ausreichend zu sehen. Trotzdem war das kein ausreichender Grund, warum an Orten, die früher kahl gewesen waren, plötzlich Farne und Brennnesseln in die Höhe schossen und ihm den Weg versperrten. Der Wald trieb sein Spiel mit ihm. Er hatte seinen Spaß daran, den armen Abt hierhin und dorthin zu scheuchen, nur um ihm hinterher klarzumachen, dass er im Kreis gelaufen war. Benedikt war der Gedanke gekommen, beim nächsten Mal einen Farbtopf mitzunehmen und die Bäume zu markieren, aber schnell musste er einsehen, dass das Unsinn war. Er würde damit nur seine Freunde gefährden, die irgendwo vor ihm in der alten Waldhütte lebten und auf seinen Schutz und seine Diskretion vertrauten. Ein bisschen Verlaufen schadete nichts. So konnte er wenigstens sicher sein, dass er nicht verfolgt wurde.
Er kniff die Augen zusammen.
Vor ihm, zwischen den Zweigen einer jungen Birke, sah er ein Glitzern. Auch glaubte er, Wasser plätschern zu hören. Hoffnung keimte in ihm auf. Wenn es das war, wofür er es hielt, wusste er wieder, wo er war.
Mit Stockschlägen bahnte er sich seinen Weg durch das herbstlich gefärbte Laub. Sein treuer Esel folgte ihm brav. Diogenes war die Ruhe auf vier Hufen. Selbstgenügsam, bescheiden und wie alle Exemplare seiner Art mit einem ausgeprägten Dickkopf gesegnet. Manchmal, wenn er ihn ansah, war Benedikt überzeugt, dass hinter der grauen Stirn ein ziemlich wacher Verstand tickte. Ein Verstand, der es locker mit dem einen oder anderen Klosterbruder aufnehmen konnte. Dann war er traurig, dass Diogenes nicht sprechen und ihm erzählen konnte, was ihn beschäftigte. Es wäre bestimmt interessant, zu erfahren, über was ein Esel sich so
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