Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)
etwas brechen, du könntest krank werden, oder …«
»Ich kenne die Risiken«, sagte Magda schroff. »Ich bin die oberste Heilerin, hast du das vergessen?«
»Natürlich nicht, Herrin, ich wollte nur …«
»Mach dir keine Sorgen. Jeder anderen Frau in meinem Alter hätte ich genau den gleichen Ratschlag gegeben. Bleib da, ruh dich aus, geh keine Risiken ein. Alles sehr vernünftig.« Sie lächelte. »Das Problem ist nur, dass ich noch nie vernünftig war. Gute Ratschläge hatten bei mir nie eine Chance, zumindest, wenn sie meine Person betrafen. Sobald ich mir etwas in den Kopf setze, gibt es kein Zurück mehr. Dann können mich keine zehn Pferde davon abhalten. Du ahnst gar nicht, wie viele Leute mich deswegen schon verflucht haben. Doch die meisten von ihnen haben ihre guten Ratschläge bereits mit ins Grab genommen, während ich immer noch auf beiden Beinen stehe.« Magda legte ihre Haarbürste und ihren Armreif in die Schatulle und verschloss diese. »Weißt du, es hat etwas mit dem zu tun, über das wir vor ein paar Tagen gesprochen haben. Du erinnerst dich: als ich dich aus deiner Gefangenschaft befreit habe und wir oben vom Tempelberg aus den Abmarsch der Brigantinnen beobachteten.«
»Die Karte?«
»Ganz recht. Aber mehr noch der Brief. Die Erwähnung des Klosters und der Hütte in Verbindung mit diesem Namen …«
»Ben.«
Magda nickte. »Weißt du, ich kannte mal einen Mann, der diesen Namen trug und auf den die Beschreibung zutrifft. Eigentlich hieß er Benedikt, aber wir beide fanden den Namen so scheußlich, dass wir nur Ben sagten. Er war ein wilder Kerl, der seine Freizeit gerne auf irgendwelchen Ritterturnieren verbrachte.«
»Ritterturniere? Was ist denn das?«
»Waffenspiele. Mit Schwertern, Äxten und so. So ähnlich, wie es heutzutage bei den Clans üblich ist. Damals war alles natürlich viel harmloser. Man verwendete stumpfe Waffen, aber es war ein Kampfsport, und Ben war ziemlich gut.«
»Warum sollte jemand Gefallen daran finden, so zu tun, als würde er den anderen verletzen wollen. Der Sinn erschließt sich mir nicht …«
»Ich glaube, es war die Sehnsucht nach dem einfachen Leben. Es waren ja nicht nur die Kämpfe, es war das Drumherum. Das Leben in Zelten oder Hütten, das Tragen handgefertigter Kleidung, das Essen einfacher Nahrung. Dazu Musik, Tanzen, Lachen. Du musst wissen, unsere Welt war damals bestimmt von Wohlstand und Technik. Es gab Computer, Fernseher, Radios und Handys. Wenn wir Hunger hatten, schoben wir ein fertiges Menü in eine Vorrichtung, drückten auf einen Knopf, und schon fünf Minuten später gab es etwas zu essen. Die Wäsche kam in Waschmaschinen; wenn wir irgendwohin wollten, setzten wir uns in Autos; und wenn wir nicht einschlafen konnten, warfen wir eine Pille ein. Für jeden Lebensbereich war gesorgt, wir mussten uns nie wirklich Gedanken ums Überleben machen. Nur darüber, wie wir das Fett wieder abtrainierten, das wir durch unseren Bewegungsmangel ansammelten.« Sie lächelte. »Trotzdem waren die Menschen nicht glücklicher. Der Wohlstand hatte auch seine Kehrseite. Alles wurde immer schneller und hektischer. Niemand arbeitete noch mit den Händen. Morgens gingen die Leute ins Büro, setzten sich auf ihre Stühle und blieben dort, bis die Essensglocke klingelte oder es Zeit war, nach Hause zu gehen und den Fernseher anzuschalten. Stell dir vor, es gab Menschen, die in Hochhäusern arbeiteten und nie das Tageslicht zu sehen bekamen. Morgens, wenn die Sonne aufging, verschwanden sie in ihren künstlich beleuchteten Höhlen; abends, wenn sie unterging, kamen sie wieder heraus. Sie lebten in einer von Menschen erdachten und geformten Welt. Einer Welt, in der es keine Zufälle, keine Abwechslung und kein Abenteuer gab. Gewiss, alles war sicher – aber es war auch langweilig. Ein Tag wie der andere. Eintönig, kalt und steril. Kein Wunder, dass es manche Menschen zurück zum einfachen Leben zog. Aber jetzt bin ich schon wieder ins Plaudern geraten. Hör bloß nicht auf mich, ich rede schon wie ein altes Waschweib.«
Doch Zoe schien zu gefallen, was sie da erzählte. Sie warf Magda einen belustigten Blick zu. »Um ehrlich zu sein, ich habe Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass du jemals als Zofe verkleidet in einem Zelt gelebt haben sollst.«
Magda lachte. »Ich? Bei den Göttinnen, bewahre. Ich konnte mit dem Kram nichts anfangen. Rauhe, kratzige Leinengewänder, geflochtene Ledersandalen und Hautcreme aus Schweineschmalz mit
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