Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)
im Gegenteil. Er scheint sehr gebildet zu sein. Er behauptet, Euch von früher zu kennen. Ich habe unseren Wachen aufgetragen, ihm Handschellen anzulegen und ihn festzuhalten.«
»Hat er auch einen Namen?« Marcus Capistranus tauchte seine Finger in das Weihwasserbecken, neigte sein Haupt vor dem Kreuz und bekreuzigte sich.
»Ja, Herr. Er sagt, sein Name sei Claudius.«
Marcus Capistranus horchte auf. »Claudius?«
»Das war sein Name.«
»Hm.« Der Inquisitor trocknete seine Hände und sein Gesicht an dem Tuch, das einer seiner Kirchendiener ihm reichte. »Ich kannte mal einen Claudius, doch das ist lange her. Er fiel durch die Hand der Hexen. Außerdem ist der Name nicht so ungewöhnlich. Wie sieht er aus?«
»Er ist etwa in Eurem Alter, Hochwürden. Einen halben Kopf kleiner als Ihr, dafür recht stämmig gebaut. Soll ich den Grenzern sagen, dass sie ihn wieder aus der Stadt werfen sollen?«
Capistranus zögerte. »Nein, lass nur«, sagte er. »Ich werde ihn mir ansehen. Schick ihn in einer Viertelstunde rüber in mein Hauptquartier, ich werde nur schnell mein Ornat wechseln und mich frisch machen.«
Die Zeit verging wie im Flug. Marcus Capistranus war gerade in seinem Arbeitszimmer angelangt, als es auch schon an die Tür klopfte. »Herein.«
Ein müde aussehender Grenzsoldat kam herein und verbeugte sich. »Ich bringe den Fremden, Hochwürden.« Er trat vor und legte eine Umhängetasche auf den Tisch. »Das hier trug er bei sich. Wir fanden eine Pistole sowie etwas Proviant darin. Wir haben ihn gründlich durchsucht.«
Capistranus ging um den Tisch herum und öffnete die Tasche. Sie war aus grobem Stoff gewirkt mit einer metallenen Schnalle und Lederbeschlägen an den Kanten. Im Inneren fand er den Proviant, eine einfache Skizze, die als Stadtplan diente, und eine schwarzgraue Pistole nebst einigen Schachteln Munition. Der Inquisitor nahm die Pistole heraus und hielt sie ans Licht. Etwas Dunkles regte sich in seinem Inneren. Er meinte, diese Waffe schon einmal gesehen zu haben. Hatte Benedikt nicht so eine besessen? Ein altes Familienerbstück, an das düstere Geschichten geknüpft waren.
Er begutachtete die Pistole, nahm sie in die Hand und prüfte das Magazin. Sie war durchgeladen und schussbereit.
»In Ordnung«, sagte er. »Führt ihn herein.«
Der Grenzsoldat klatschte in die Hände, und zwei weitere Männer erschienen, begleitet von einem Mann in Handschellen.
Er trug ein grobes Leinenhemd mit lederner Weste, braune Hosen und abgewetzte Schuhe. Sein Haar war kurzgeschnitten, und ein silbergrauer Bart umrahmte sein Gesicht. Mehr war in dem schlechten Licht nicht zu erkennen. Doch das wenige reichte aus, um Capistranus’ Neugier weiter anzustacheln.
»Nehmt ihm die Handschellen ab.«
»Aber Hochwürden …«
»Ich komme schon mit ihm klar.«
Die Wachen taten, wie ihnen geheißen wurde. Als sie sich rechts von der Tür postieren wollten, schüttelte er den Kopf. »Nein, wartet draußen. Ich werde euch rufen, wenn ich euch brauche. Lasst uns allein.«
Die Männer sahen einander ratlos an, dann zuckten sie die Schultern, drehten sich um und gingen. Die Tür fiel mit einem satten Klicken ins Schloss.
»Komm näher«, sagte Capistranus. »Hier, zu mir ans Fenster, damit ich dich besser sehen kann.«
Der Mann folgte dem Befehl und umrundete den mächtigen Schreibtisch. Die Art, wie er sich bewegte, wirkte so vertraut. Wie ein Schatten aus dunkler Vergangenheit. Konnte es tatsächlich möglich sein? War er es?
Er richtete die Pistole auf den Mann. »Das genügt. Nun heb deinen Kopf.«
Der Wind rüttelte an den Fenstern. Für einen Moment riss die Wolkendecke auf. Im Arbeitszimmer wurde es schlagartig hell.
»Herr im Himmel.«
Marcus Capistranus hielt den Atem an. Ihm wurde schwindelig. Seine Beine wollten ihn nicht länger tragen. Es war, als hätte er einen Geist gesehen.
»Das kann nicht sein«, flüsterte er. »Das ist einfach unmöglich.«
»Nichts ist unmöglich, wusstest du das nicht?«
Diese Stimme. Tief und ruhig. Wie ein Traum aus weiter Ferne. Zwanzig Jahre lang hatte er diese Stimme nicht gehört, und doch kam es ihm vor, als habe sie erst gestern zu ihm gesprochen. Die Pistole in seiner Hand zitterte. Als ihm bewusst wurde, dass der Lauf immer noch auf seinen Freund gerichtet war, legte er sie beiseite.
»Claudius.«
Ein vorsichtiges Lächeln erschien auf dem bärtigen Gesicht. »Ich sehe, du erinnerst dich noch an mich.«
Marcus Capistranus schüttelte den Kopf. »Aber
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