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Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Titel: Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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Meisterin.
    »Aber Fragen stellt Ihr Euch dennoch«, bohrte Drakonas weiter. »Geheimnisse bleiben selten geheim. Die Leute flüstern. Sie tratschen. Jeder glaubt, eine Familie zu kennen, die ein ›Klosterkind‹ aufgenommen hat. Aber immer ist es der Freund eines Freundes. Ist es nicht so?«
    Das zu glauben wäre unfassbar. Die Babys, kleine, fest gewickelte Bündel mit winzigen Fäustchen, einem Mund wie eine Rosenknospe und fragenden Augen. Heimlich bei Nacht davongetragen. Niemand wusste, wohin sie kamen und wie, nur die Meisterin. Niemand kannte ein »Klosterkind«. Nur die Meisterin.
    »Wie dumm ich war«, murmelte Melisande.
    »Man hat Euch belogen«, tröstete Edward. »Euch trifft keine Schuld. Ihr konntet es nicht wissen.«
    »Wirklich nicht?« Melisande starrte über das Wasser auf die Weiden, deren überhängende Zweige das Wasser berührten, welches das Boot vorbeitrug. »Gestern konnte ich nicht einschlafen, weil ich immer an das Opfer des Drachen denken musste, das unter endlosen Schmerzen allein und vergessen in seinem dunklen Sarkophag gefangen liegt und nur noch eine einzige Hoffnung hat, nämlich sterben zu dürfen. Dabei waren wir im gleichen Raum mit ihr, so nahe, dass wir sie hätten berühren können. Wir haben stolz und geduldig an unserer Magie gearbeitet. Vielleicht hat sie unsere Stimmen vernommen. Vielleicht hat sie nach uns gerufen. Vielleicht habe ich sie sogar gehört!«
    Sie erschauerte. Jetzt faltete sie die Hände. »Einmal glaubte ich, eine Stimme zu vernehmen, einen Schrei. Ich redete mir ein, ich hätte mir das nur eingebildet. Aber vielleicht war das ihr verzweifelter Hilfeschrei, und ich habe mich abgewendet, denn ich wollte die wunderbare Ruhe meines Lebens nicht aufstören. Und die Babys«, fuhr sie gnadenlos fort. »Ich hätte es wissen sollen. Im Nachhinein springt es einem so ins Auge. Ich habe nie ein Klosterkind kennen gelernt. Warum habe ich nie nachgefragt, was aus ihnen wird?«
    Sie hob den Kopf und schaute Edward ins Gesicht. »Warum habt Ihr unser Reich ausgewählt? Wusstet Ihr, dass es insgeheim von einem Drachen regiert wird?«
    »Wussten wir das, Drakonas?«, gab Edward die Frage weiter.
    Beinahe hätte der überrumpelte Drakonas wahrheitsgemäß geantwortet. Er musste sich die Worte erst zurechtlegen, als würde er vorsichtig den Kern aus einer Kirsche lösen.
    »Ich habe Euer Königreich gewählt, weil bekannt war, dass Euer Volk Drachen bekämpfen kann«, gab er zur Antwort. »Hunderte von Jahren wart Ihr vor ihnen sicher.«
    »Wir dachten, sie wollten uns Schaden zufügen«, überlegte Melisande leise. Ihre Gedanken kehrten sich nach innen. »Inzwischen frage ich mich, ob sie wirklich uns angegriffen haben, wie die Meisterin behauptete, oder ob sie nicht vielmehr versuchten, uns zu retten.«
    »Das werden wir wohl nie herausfinden«, meinte Drakonas.
    »Wahrscheinlich nicht.« Melisande seufzte tief. »Erzählt mir doch mehr über den Drachen, der Euer Königreich heimsucht, Majestät.«
    Daraufhin erzählte Edward seine Geschichte, und Melisande lauschte ihm mit stillem Ernst.
    Zwischen den beiden saß Drakonas und ruderte das Boot stromabwärts.
    Bis in den Nachmittag setzten sie ihre idyllische Reise störungsfrei fort. Nachdem über den Drachen alles gesagt war, fanden Edward und Melisande kein Thema mehr für eine Unterhaltung. Sie versuchten es mit Fischen, nachdem einer aus dem Wasser gesprungen war, doch das gab ebenso wenig her wie ein Gespräch über Vögel. Was sie einander eigentlich hätten mitteilen wollen, war von den entgegengesetzten Seiten des Bootes und mit Drakonas in der Mitte schlecht in Worte zu fassen.
    Dass die Strömung nachließ, nahmen sie kaum wahr, denn Drakonas brachte das Boot mit seinen starken Armen schnell voran. Noch immer ließ er Edward nicht an die Ruder. Angeblich genoss er die Anstrengung.
    Der Aston war für seine vielen Zuflüsse bekannt, die den Hauptstrom nährten, kleine Bäche, die aus Quellen oder von Berghängen stammten, bis hin zu breiteren Flüssen, die zuvor andere, ferne Länder gesehen hatten. Auch der Aston selbst hatte zahlreiche Nebenarme, die er in das Umland ausschickte, als könne er seine Hände nicht bei sich behalten.
    Am Nachmittag gelangten sie an ein hohes Gebilde aus rotem Gestein, das aus der Erde aufragte und den Fluss in zwei solche Arme teilte. Der schmalere Arm bog westwärts ab, der Hauptstrom floss weiter in Richtung Süden. Hier hielt Drakonas das Boot ein wenig auf, denn er

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