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Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Titel: Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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Elf Drachen aus den zwölf Drachenhäusern, die Oberhäupter jedes Hauses – das Parlament.
    Der zwölfte Drache landete auf dem Boden der Höhle und setzte sich zurecht. Nachdem er vor den anderen den Kopf geneigt hatte, suchte er eine bequeme Haltung für seinen schweren Leib, legte die Flügel an und schlang den Schwanz um seine Beine. Gedämpft bat er die anderen, sein spätes Eintreffen zu entschuldigen, was murmelnd gewährt wurde.
    In der Luft hing der Staub, den seine Schwingen aufgewirbelt hatten. Hätten die Drachen in der Sonne gesessen, so wäre funkelndes Licht über ihre leuchtenden Schuppen getanzt. Das war ein hinreißender Anblick, an dem Auge und Geist sich berauschen konnten, denn wenn ein Drache sich bewegte, schimmerten seine blinkenden Schuppen wie das Sonnenlicht auf den Wellen des Meeres. Der Besucher sah das wundervolle Bild nur innerlich vor sich, denn hier, im Zwielicht der Höhle, erschienen alle Drachen grau, so grau wie die Felswände, von denen sie umgeben waren. Nur die Augenschlitze leuchteten rot.
    Geduldig wartend stand er am Eingang des Saales. Die Zwölf hatten einen Kreis gebildet, in dem die Ministerin den Nordpunkt einnahm. Alle hatten sich auf alle viere niedergelassen und ihre Schwänze um die Hinterläufe gewickelt, so dass die Spitze die Vorderläufe berührte, die sie vor sich fest auf den Boden gesetzt hatten. Sie hielten die Köpfe aufrecht. Ihre Augen starrten ihn an, ohne zu zwinkern. Er hörte ihr Atmen, das Schaben ihrer Flügel, das Scharren ihrer Klauen. Das waren die einzigen Geräusche, die in dieser Stille die Ohren erreichten. Mehr würde man auch nicht hören. Drachen kommunizierten allein durch Gedanken, nicht durch das gesprochene Wort.
    Die Sprache der Drachen ist eine bildhafte Sprache – Oberflächen, Formen, Farben und Gefühle, die alle Sinne ansprechen. Ein Drache, dem ein anderer Drache von einem Sturm berichtet, fühlt den kalten Regen, hört die Donnerschläge und sieht die windgepeitschten Brecher an die Küste schlagen. Der Pinsel, der solche Bilder malt, überträgt die Gefühle des Drachen, und ein Drache, der ein solches Bild empfängt, versteht, ob er vor einem herannahenden Sturm gewarnt wird oder ob er nur von einem Sturm erfährt, der lange her ist. So können die einsiedlerischen Drachen mit ihren Artgenossen kommunizieren, wenn es nötig ist.
    Das menschliche Gehirn ist für derartige Mitteilungen nicht geschaffen. Als der Gerufene es zum ersten Mal versucht hatte, war es ihm so vorgekommen, als würden die Farben, Bilder und Gefühle in seinem Kopf explodieren. Sie zersprangen wie ein bemaltes Glasfenster, das vom Blitz getroffen wird, in bunte, scharfe Bruchstücke. Er war fast wahnsinnig geworden, bis er gelernt hatte, die Gedanken in einfache Worte, Bilder und Formen zu kleiden.
    Die Drachen nahmen ihrerseits Rücksicht, indem sie graue, abgerundete Gedanken dachten, um ihn nicht zu überwältigen.
    Er hatte lange nicht mehr mit Drachen kommuniziert. Deshalb brauchte er eine kurze Übergangszeit, um den Sprung von den menschlichen Gedankenmustern und Sprachgewohnheiten hin zu denen der Drachen zu vollziehen. Aber dann sah er sich selbst im Geist der Ministerin, wie er ins Zentrum des Saales trat. Sein Bild war von hellem Sonnenlicht umgeben.
    »Tritt näher, Drakonas«, forderte die Ministerin ihn auf. Höflich fügte sie hinzu: »Es ist schön, dich wieder zu sehen. Danke, dass du gekommen bist.«
    Drakonas stellte sich direkt gegenüber der Ministerin in den Süden des Kreises. Dort verbeugte er sich. Auch die Mitglieder des Parlaments neigten die Köpfe.
    »Euer Ruf ist mir eine Ehre«, antwortete Drakonas in derselben stummen Sprache. Seine Gedanken, die erst durch seinen Menschenverstand dringen mussten, waren für die Drachen wie Kindergekrakel. »Ich freue mich, dieser illustren Versammlung nach Kräften dienen zu dürfen.«
    Diese Bemerkung war eigentlich überflüssig, denn er hätte den Ruf nicht willentlich ignorieren können. Drachen jedoch verhalten sich stets höflich. Ihnen ist bewusst, wie wichtig Förmlichkeiten und Zeremonien sind, besonders innerhalb ihrer eigenen Kreise. Drachen sind keine geselligen Wesen, nicht einmal unter ihresgleichen. Trotz inniger Liebe kann ein Drachenpaar mehrere hundert Meilen voneinander entfernt leben. Man kommuniziert möglicherweise täglich, sieht den anderen jedoch nur alle paar hundert Jahre. Jungdrachen werden in die Welt hinausgeschickt, sobald sie selber jagen können, und

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