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Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Titel: Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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meist sind sie ebenso froh über ihr Fortgehen wie ihr Elternteil. Wenn Drachen zwangsweise zusammenkommen müssen, gehen sie einander bald auf die Nerven. Dann reagieren sie aufbrausend und sagen Dinge, die sie nie beabsichtigt haben. Die eisigen Regeln der Höflichkeit und die Beachtung von Formalitäten dienen nur dazu, das Feuer im Leib zu besänftigen.
    Zu dieser Förmlichkeit gehört auch, dass Drachen direkt zur Sache kommen. Im Gegensatz zu den Menschen plaudern sie nicht lange über Belanglosigkeiten, wofür Drakonas dankbar war.
    Das Parlament der Drachen war sehr alt. Es stammte noch aus der Zeit des vierten und letzten entsetzlichen Drachenkrieges. An dessen Ende hatten die erschöpften Drachen erkannt, dass ihre Art aus der Welt verschwinden würde, die sie seit Jahrhunderten regierten und die ihren Namen trug, falls die verfeindeten Adelsfamilien nicht lernten, untereinander Frieden zu halten.
    Nur wenige Menschen wussten von den Drachenkriegen, die ausgetragen worden waren, als die Menschen noch ungebildete Wesen waren, die mit der Keule in der Hand durch unberührte Wälder stapften, in Höhlen hausten und um das Lagerfeuer tanzten. In diesen Höhlen jedoch findet man noch heute primitive Darstellungen von gewaltigen Ungeheuern, die sich im Flug bekämpften, bis ihr Blut vom Himmel regnete, und deren Feuer die Nacht erhellte.
    Als die Menschen aus ihren Höhlen in die ersten Dörfer zogen, hatten die Drachenkriege geendet. Das Drachenparlament hatte Gesetze erlassen, nach denen die Drachen sich selbst regierten. Später waren Gesetze hinzugekommen, mit denen sie über jene aufstrebenden, flügellosen Kreaturen herrschten, die sich als Menschen bezeichneten. Sie hatten eine Intelligenz entwickelt, die zwar nicht der Intelligenz der Drachen gleichkam, sie aber doch als Art auswies, die eine gewisse Beachtung verdiente.
    Das Parlament wählte einen Premierminister aus seiner Mitte, der dieses Amt auf Lebenszeit innehatte. Gegenwärtig herrschte die alte Anora, die einer mächtigen Familie vorstand – der Familie von Drakonas, dessen Großtante sie war. Anora war seit vielen Jahrhunderten Ministerin. Selbst in den Augen von Drachen war sie alt, so dass sie nach menschlichen Maßstäben uralt erschien.
    Es ist nicht leicht, das Alter eines Drachen nach dessen Aussehen zu beurteilen, denn im Gegensatz zu den Menschen besitzen sie keine Haare, die grau werden, bekommen keine Falten und brechen sich auch nicht leichter die Knochen. Dennoch konnte Drakonas erkennen, dass Anora gealtert war, seit er sie zuletzt gesehen hatte, und das betrübte ihn. Sie hatte ihren Kopf immer stolz auf dem anmutig geschwungenen Hals getragen. Jetzt sackte er nach vorn, als wäre sein Gewicht zu schwer für sie. Die Haut um die Augen war aufgedunsen, die Augen selbst in die Höhlen gesunken. Wenn sie sprach, war zu erkennen, dass die Zähne, auch die Reißzähne, so abgenutzt waren, dass sie glatt und abgerundet wirkten. An manchen Stellen ihres Körpers war das bloße Fleisch zu sehen. Dort waren Schuppen abgefallen, aber nicht mehr nachgewachsen wie bei den jüngeren Drachen.
    Anora wandte ihren Blick wieder Drakonas zu. In ihren Augen blitzte dieselbe hellwache Intelligenz, die er stets an ihr respektiert hatte. Ihr Kiefer war ebenso straff wie früher, die Gedanken kräftig und nachhallend.
    »Wir haben dich gerufen, Drakonas«, begann die Ministerin, »weil etwas wegen Maristara unternommen werden muss.«
    Drakonas ließ seine Finger knacken und verzog den Mund. Darum also ging es? Wie lange dauerte das nun schon? Dreihundert Jahre? Für einen Drachen ein Lidschlag, auch wenn in dieser Zeit Generationen von Menschen geboren wurden und starben. Etwas musste geschehen sein, dass dieses leidige Thema auf die Tagesordnung gekommen war.
    »Ja, Ministerin«, antwortete Drakonas. Schließlich gab es kaum etwas anderes zu sagen als: Warum, zum Teufel, fällt euch das jetzt erst ein?, aber das wäre schlecht aufgenommen worden.
    Die roten Augen der Ministerin flackerten. Ihr Schwanz zuckte. Anora wusste recht gut, was Drakonas gern ausgesprochen hätte. Wie zufällig hob sie eine Klaue, eine Warnung, sich zusammenzureißen. Sie hatte es nicht eilig, das wusste Drakonas. Er begriff und wartete.
    Ein anderer Drache hob den Kopf und sah die Ministerin an. Es war ein junges Männchen mit glänzenden grünen Schuppen, stark, geschmeidig und gefährlich.
    »Ich bitte um den Stab«, sagte der Drache.
    »Wenn niemand Einwände erhebt,

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