Das verbotene Land 2 - Drachensohn
fest. »Edward schickt dich. Du bist hier, um mich davon abzuhalten, dass ich weiterziehe.«
»Wohin?« Drakonas hatte die Hände auf die Hüften gestützt.
»Wohin?« Markus zauderte. »Meinen Bruder suchen.«
»Und wo ist er?«
Markus schwieg.
»Wo ist er? Dein Bruder?« Drakonas ließ nicht locker.
»Er ist bei dem Drachen«, räumte der Junge schließlich ein.
»Er ist bei dem Drachen«, wiederholte der andere. »Und du sagst selbst, dass er genau dort sein will.«
»Ich glaube, Nem glaubt, dass er dort sein will. Ich hoffe, die Begegnung mit mir lässt ihn umdenken.«
»Weil er dir wichtig ist?« Drakonas schnaubte. »Kennst du seinen wahren Namen?«
Markus reagierte überrascht. »Du sagtest, er hieße Nem.«
»Eine Abkürzung für Nemesis – Rache.«
»Gütiger Himmel!«, rief Markus erschüttert aus. »So hat sie ihn genannt? Warum?«
»Weil er seine Mutter rächen soll. Für sie ist Nem nichts weiter als eine Waffe.«
»Du irrst dich! Sie sorgt sich um ihn. Sie ist den ganzen Weg gekommen, nur um ihn zu finden.«
»Ich weiß. Aber ich glaube nicht, dass Nem es weiß. Aus seiner Sicht wurde er sein Leben lang benutzt. Jetzt ist er an der Reihe.«
»Er hat mich kontaktiert«, beharrte Markus. »Ich glaube, er will mich kennen lernen.«
»Das ist eine Falle«, konstatierte Drakonas trocken.
»Das glaube ich dir nicht! Du willst nur, dass ich nicht weitergehe.«
»Ich bin nicht gekommen, um dich aufzuhalten.« Drakonas schüttelte den Kopf. »Wenn du nicht freiwillig gehen würdest, müsste ich dich dazu zwingen. Egal.« Er reagierte nicht auf Markus' fragenden Blick. »Ich bin gekommen, um dir meine Hilfe anzubieten. Der Drache hat Nem verleitet, dich zu rufen. Er will beide Söhne von Melisande, nicht nur den einen.«
»Warum? Was will er von mir?«
»Ich weiß es noch nicht. Aber es dürfte nichts Gutes sein.«
»Du siehst das sehr leidenschaftslos«, stellte Markus fest.
Drakonas zuckte mit den Schultern. »Wir Drachen haben ein Sprichwort: ›Eine Falle ist eine Falle, bis das Opfer sie erkennt.‹«
»Das Opfer. Wie tröstlich«, murmelte Markus.
»Ich bin nicht gekommen, um dich zu trösten. Ich will, dass du deinen Verstand einschaltest.«
»Das tue ich. Ich habe einen Bruder, Drakonas. Einen Bruder! Ich möchte ihm einiges erzählen, manches mit ihm teilen. Ich muss das tun. Ich muss ihn finden.«
Ja, das musst du, sagte sich Drakonas. Eine Falle ist eine Falle, bis das Opfer sie erkennt … oder der Köder …
Später hielten die drei eine Lagebesprechung ab. Bellona war wenig erfreut über Drakonas Einmischung, doch nachdem sie begriffen hatte, dass auch er Nem finden wollte, akzeptierte sie seine Gegenwart, wenn auch nicht seinen Rat.
»Ich kann euch garantieren, Bellona, dass ihr die Stadt nicht finden werdet«, versicherte Drakonas. »Ihr werdet nur Bäume sehen – Stämme, Äste und Blätter.«
»Sein Plan klingt gut, Bellona«, fügte Markus hinzu. »Wenn das mit den Babyschmugglern stimmt, werden diese uns zu dem Schlupfwinkel führen. Heute Nacht ist Vollmond. Du sagtest selbst, dass sie immer bei Vollmond nach Seth ziehen.«
»Wenn sie nicht diesen Monat auf die Reise verzichten oder bereits dort waren«, hielt Bellona dagegen. »Dann müssten wir nämlich bis nächsten Monat oder gar noch länger warten. Nein! Ich sage, wir gehen in die Höhle und ziehen dann auf eigene Faust weiter. Markus weiß, wo Nem zu finden ist.«
»Und Nem weiß, wo Markus zu finden ist«, erinnerte Drakonas. »Schleicht man etwa ins feindliche Lager, um mit einem Trompetenstoß die eigene Ankunft anzukündigen? Oder überrascht man nicht lieber den Feind, indem man sich in der Dunkelheit anpirscht? Warten wir bis heute Nacht. Dann werden wir ja sehen, ob die Kinderschmuggler ihre Reise nach Seth antreten.«
Bellona funkelte ihn an. Seine überlegten Worte machten sie wütend. »Ich warte genau eine Nacht.«
Bellona ruderte zum Eingang der Wasserhöhle. Die Ruder hatte sie mit Lumpen umwickelt und die Dollborde gefettet, damit sie möglichst still durchs Wasser glitten. Markus bot seine Magie an, um das Boot hinter einer Illusion zu verbergen, doch Drakonas schüttelte den Kopf.
»Du bist gut, aber nicht so gut. Denk daran, dass Gralds Untergebene sich mit Drachenmagie auskennen. Sie gehen schon ihr Leben lang damit um. Die führt man nicht so leicht an der Nase herum wie den Wärter im Schloss. Eher fällst du ihnen auf, wenn du einen Fehler machst.«
»Wie könnt Ihr so sicher
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