Das verbotene Land 2 - Drachensohn
Mönchen hatte sich Evelina gehorsam, gefügig und still gezeigt, um sie durch diese scheinbare Unterwürfigkeit zu täuschen. Vielleicht würde ihre Wachsamkeit nachlassen, so dass sie fliehen könnte. Der erste Fluchtversuch war fehlgeschlagen. Sie hatten sie erwischt und zurückgeholt. Das Mädchen hatte mit einer Bestrafung gerechnet und festgestellt, dass diese eher milde ausfiel – nur ein paar Schläge ins Gesicht. Danach hielt Evelina den Mund. Augen und Ohren hingegen blieben offen. Sie belauschte die Gespräche und dachte ständig darüber nach, was diese Worte mit dem einzigen Menschen zu tun hatten, der ihr wichtig war – mit ihr selbst.
Die Mönche waren nicht sehr redselig. Von ihnen hatte Evelina nichts erfahren. Hin und wieder unterhielt sich die Schwester gedämpft mit einem von ihnen. Dann bemühte sich Evelina nach Kräften, etwas mitzubekommen, und es war ihr mitunter auch geglückt. Meistens jedoch verstand sie nichts oder wollte gar nicht verstehen (wenn es nichts mit ihr zu tun hatte). Eine Unterhaltung allerdings war sehr aufschlussreich gewesen.
»Warum schleppen wir diese unnütze Last überhaupt mit?«, hatte der Mönch die Schwester angeknurrt. Sein Blick verriet, dass er Evelina meinte.
»Hast du gesehen, wie der Drachensohn sie anschaut? Er ist in sie verliebt.«
Der Mönch zuckte mit den Schultern. »Na und?«
»Der Drache hat an seinem Sprössling einen Hang zur Unabhängigkeit entdeckt, der vielleicht schwer zu kontrollieren ist.«
»Aha, verstehe«, hatte der Mönch erwidert.
Jetzt ging Evelina dieses Gespräch noch einmal durch. Ein Teil davon war verwirrend – das mit dem Drachen und dem Sprössling und dem Hang zur Unabhängigkeit. All das tat sie als unwichtig ab. Ausschlaggebend war, dass Nem sie liebte. Sie war schon von anderen Männern geliebt worden und hatte diese Liebe immer als höchst nützlich angesehen, wenn auch höchst kostspielig für die Männer. Bei Nem würde das kaum anders sein.
»Ich habe Fehler gemacht«, gestand sie sich ein. »Aber die kann ich wieder gutmachen.«
Sie wünschte, es wäre ein Spiegel im Zimmer. Der lange Weg hatte ihrer Schönheit sicher zugesetzt.
Bestimmt sehe ich blass und abgekämpft aus, dachte sie.
Da hörte sie Schritte auf der Treppe. Jemand kam den Gang entlang. Vor ihrer Tür hielten die Schritte an. Sie hielt vor Angst den Atem an. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie rechnete damit, dass jemand die Tür aufreißen würde, doch derjenige draußen klopfte nur zögernd. Deshalb – und weil das Klopfen sich nicht wiederholte, als sie nicht gleich antwortete – erriet Evelina, dass es Nem war.
Sie musste eine Entscheidung treffen, und das tat sie prompt. Sie kniff sich in die Wangen und biss sich auf die Lippen, um mehr Farbe zu haben, sprang vom Stuhl und warf sich auf das Bett. Dort legte sie sich möglichst vorteilhaft so hin, dass alles ganz ungekünstelt wirkte. Sie wünschte, sie würde nicht diese abscheuliche Nonnentracht tragen, doch daran war nun nichts zu ändern. Sobald sie bereit war, rief sie mit zitternder, ängstlicher Stimme. »Wer ist da?«
Nach kurzem Schweigen kam die Antwort: »Ich bin es, Nem. Du brauchst keine Angst zu haben«, fügte er schnell hinzu. »Ich will dir nichts tun. Ich wollte nur sicher sein, dass es dir gut geht und dass du alles hast, was du brauchst.« Nach einer Pause sagte er noch: »Darf ich eintreten?«
»Du brauchst nicht zu fragen«, antwortete Evelina halb erstickt. »Die Tür hat kein Schloss.«
Langsam senkte sich die Klinke, und ebenso langsam ging die Tür auf. Seine Beine und Füße wurden von der Mönchskutte verdeckt, doch sie erinnerte sich genau daran, wie sie sich auf ihrer Haut angefühlt hatten. Ihr Magen rebellierte. Ob sie ihre Rolle durchhalten konnte?
Dann aber erkannte Evelina, dass die Nonne die Wahrheit gesagt hatte. Sein Gesicht wirkte unbeteiligt, doch der Ausdruck in seinen Augen war unverkennbar. Er war verrückt nach ihr. Evelina entspannte sich. Alles war gut.
Sie drehte sich auf die Seite, barg ihr Gesicht in dem harten Kissen und begann zu weinen. Da sie kein Taschentuch hatte, musste sie den Saum ihres Gewands benutzen, um das Schluchzen zu dämpfen. Dabei zog sie den Rock bis zu den Knien herauf, um einen großzügigen Blick auf ihre hübschen Beine zu gestatten. Weil die arme Evelina befürchtete, das könne nicht reichen, griff sie nach unten und zog das Gewand scheinbar unabsichtlich noch höher.
Aus dem Augenwinkel schielte sie
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