Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
gesehen, und das werde ich Eurem Vater beschwören. Und ich will mich bei Euch entschuldigen, Hoheit, auf den Knien, und das habe ich noch bei niemandem getan. Aber zuerst müssen wir Euch lebend hier rausholen. Das dürfte nicht leicht werden.«
Er blickte hoch. Die anderen Ritter hatten einen schützenden Kreis aus Pferden und Stahl um den gefallenen Prinzen gezogen. Mit wachsendem Erstaunen betrachteten sie die feindlichen Krieger, wozu sie bisher kaum Gelegenheit gehabt hatten.
Der Feind war nicht bewaffnet, trug aber eine fremdartige Rüstung. Es waren keine Plattenpanzer oder Kettenhemden, wie die Ritter sie trugen. Diese Krieger steckten in einer Art Schuppenrüstung, die sich wie eine glänzende, zweite Haut über Körper und Glieder zog. Allerdings erschien dieser Schutz auch dünn und angreifbar wie eine zweite Haut.
»Und seht euch das an«, rief ein Ritter entrüstet. »Sie haben Frauen dabei!«
»Warum greifen sie nicht an? Sie sind uns hundertfach überlegen.«
»Vielleicht weil sie nicht bewaffnet sind. Sagt einmal ›buh!‹, und schon rennen sie alle davon.«
»Nächstes Mal lasse ich mein Schwert zu Hause und bringe einen Stock mit. Mehr braucht man nicht, um diese lächerlichen Rüstungen zu durchbohren.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, mahnte Troeven streng. »Ich habe einem einen ordentlichen Schwerthieb verpasst, aber er hatte nicht einmal einen Kratzer.«
Es wurde still. Die Pferde schnaubten nervös, bleckten die Zähne und legten die Ohren an. Unruhig tänzelten sie herum, so dass einige Ritter Mühe hatten, sie im Zaum zu halten. Die beiden Ritter, die vom Haupttrupp abgeschnitten worden waren, waren völlig umzingelt. Aber die Krieger machten keine Anstalten zuzuschlagen.
»Die Pferde mögen sie jedenfalls nicht, so viel steht fest.«
»Pferde sind manchmal klüger als Menschen.«
Der Ritter, der den Stock erwähnt hatte, schnaubte verächtlich und blickte sich um. »Wie geht es Seiner Hoheit?«
»Er lebt«, antwortete Troeven knapp.
Der Anführer überlegte. Er und sein Prinz waren von der Prinzengarde umringt. Gemeinsam waren sie vom Feind umzingelt, und jenseits davon herrschte hektische Betriebsamkeit im Lager des Königs. Offiziere brüllten ihre Befehle, die Trommeln wurden geschlagen, und man hörte das Klirren und Rennen einer Armee, die sich abrupt zur Schlacht anschickt. Dazwischen herrschte auf dem Schlachtfeld eine geradezu unheimliche Stille. Keine Schwerter, die aufeinandertrafen, auf Rüstungen einschlugen oder von Schilden abprallten. Kein Knirschen, kein Stampfen. Kein Keuchen, Fluchen, Schreien, Ächzen. Nur das Lied der Grillen und das Rascheln im hohen Gras, während die Krieger sich langsam um sie versammelten und sie abwartend beobachteten.
»Lord Summerson, helft mir, Seine Hoheit unter diesem Pferd hervorzuziehen!«, forderte Troeven einen Ritter auf.
Seine Stimme dröhnte so unnatürlich laut durch die Stille, dass mehrere aus seinem Gefolge bei dem Geräusch zusammenzuckten. Lord Summerson, ein Bär von einem Mann, quälte sich vom Pferd und stapfte herüber, um Troeven zu unterstützen.
Mit großer Anstrengung stemmte er den Teil des Pferdes hoch, unter dem der Prinz feststeckte. Troeven packte Markus an den Schultern und zog ihn heraus. Das Stöhnen des Prinzen bei dieser Bewegung ließ darauf schließen, dass er ein paar Knochen gebrochen hatte. Doch sie hatten keine Zeit, ihn medizinisch zu versorgen. Dazu mussten sie die Rüstung abnehmen und ihn untersuchen, aber vorläufig war Markus in seiner Rüstung wahrscheinlich weit sicherer als ohne sie – eine Einschätzung, die sich in den nächsten Augenblicken als völlig falsch erweisen würde.
Einer der beiden Ritter, die von ihren Kameraden abgeschnitten waren, fluchte plötzlich laut los: »Bei meinem Leben, das ist zu viel!«
Der Ritter hetzte sein Pferd auf einen der Männer, um ihn umzureiten. Aber das Pferd wollte nichts davon wissen. Es stieg und warf seinen Reiter ab. Dann galoppierte das entsetzte Tier davon.
»Mutter Gottes! Seine Hände!«, erschrak einer der Ritter bei Troeven fast gleichzeitig. »Seht Euch seine Hände an!«
Einer der feindlichen Krieger stand bei dem gestürzten Ritter, ohne ihn zu berühren. Von seinen Fingerspitzen aus zog sich ein sanfter, warmer Schein die Arme hinauf.
»Gott beschütze uns! Dämonen!«, japste einer der jüngeren Ritter.
Ein anderer wollte losreiten. »Wir müssen ihm helfen.«
»Nein!«, sagte Troeven. Er wusste, wie genau der
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