Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
von Menschen in der Stadt … und Kinder … bei lebendigem Leibe verbrannt.« Edward schloss die Augen und schlug eine Hand vor sein Gesicht. »Gott sei ihnen gnädig.«
»Eines noch«, sprach Gunderson den Überlebenden an, der am Rande des Zusammenbruchs stand. »Wie bist du entkommen?«
»Vielleicht durch Gottes Gnade, Herr«, antwortete dieser matt. »Ich weiß es nicht. Ich habe nicht damit gerechnet.«
Der alte Seneschall sah zu, wie seine Männer den Boten wegbrachten, damit er etwas zu essen bekam und seine Wunden versorgt werden konnten.
»Die Krieger haben ihn laufen lassen«, stellte Edward fest. »Er durfte ungehindert passieren. ›Lass immer einen überleben, damit er alles erzählen kann.‹«
Gunderson überlegte, dann stimmte er zu: »Ja, mein König, ich fürchte, Ihr habt Recht. Sie wussten, dass er ›alles erzählen‹ würde. Sie wollten, dass wir davon hören. Denn wir sind die Nächsten.«
»Immerhin haben wir die Kanonen«, gab Edward zu bedenken. »Ich wette, die Drachenkrieger können Kanonenkugeln nicht in Krähen verwandeln.«
»Vater!«
Der König fühlte eine Hand an seinem Arm und drehte sich um. »Markus! Was machst du hier mitten in der Nacht? Du holst dir noch den Tod!«
»Vater!«, drängte Markus verzweifelt. »Du darfst nicht – darfst nicht …«
»Was darf ich nicht?«, fragte Edward, denn sein Sohn sprach nicht weiter.
»Ich weiß es nicht«, klagte Markus verwirrt und voller Qual. Mit zitternden Händen strich er sich durchs Haar. »Ich kann es nicht greifen. Alles scheint sich aufzulösen.«
»Er redet im Fieberwahn!«, rief Edward besorgt aus. »Wo ist sein Leibdiener? He, du da!«, fuhr er den Mann an, der gerade angelaufen kam. »Wieso gestattest du deinem Herrn, um diese Zeit sein Bett zu verlassen?«
»Verzeiht mir, mein König«, keuchte der Mann. »Er hat den Lärm gehört und war auf und davon, ehe ich es bemerkte.«
»Bring ihn ins Bett und ruf den Arzt.« Edward legte seinem Sohn einen Arm um die Schultern. Er fühlte, wie Markus erschauerte. »Hier kannst du nichts tun, mein Sohn. Es ist nichts mehr zu ändern. Geh wieder schlafen.«
Der Diener hatte eine Decke mitgebracht, die er Markus jetzt um die Schultern legte. Dann versuchte er schmeichelnd, den Prinzen zu überreden, wieder in sein Zimmer zu gehen.
Aber Markus weigerte sich. Er starrte an den Nachthimmel, wo die Sterne so stark funkelten, dass es Edward so vorkam, als könne er sich an ihnen schneiden.
»Es ist zu spät, Vater«, meinte Markus mit ruhiger Stimme. »Wir können dem Tod nicht entrinnen.«
Drakonas war dem Tod entronnen. Jedenfalls vorläufig. Vierzehn Tage lang hatte er vergeblich nach dem Heer der Drachenkrieger gesucht. Er hatte beinahe schon geglaubt, dass Maristara den Kampf abgeblasen und nach Hause gegangen wäre, um nachzudenken, als Lysira meldete, dass die Drachenarmee wieder aufgetaucht war. Sie hatte eine Menschenstadt umstellt.
Drakonas warnte Lysira, sie solle sich von dort fernhalten. Dann versuchte er mehrfach, mit Markus Kontakt aufzunehmen, um ihm mitzuteilen, dass Neubramfels belagert würde und der König sofort Verstärkung schicken solle.
Wie sich herausstellte, dachte Maristara gar nicht daran, die Stadtmauern zu belagern. Sie hatte ihren Truppen den Auftrag erteilt, die Stadt zu zerstören, und das taten sie. In weniger als einem Tag war eine Stadt von fünftausend Einwohnern niedergebrannt. Selbst wenn es Drakonas gelungen wäre, Markus zu erreichen – der dieser Tage nie mehr in seinem kleinen Raum weilte –, hätte Edwards Verstärkung die Stadt nicht mehr rechtzeitig erreicht.
Das Gesetz der Drachen. Keine Menschen töten.
Dieses Gesetz hatte Drakonas seit Jahrhunderten geachtet und verteidigt, genau wie andere Drachen vor ihm. Er versuchte, die Stadt zu retten, ohne die Drachenkrieger zu töten. Als er auf sie herabstieß, hatte er nicht vor, ihnen ein Leid zuzufügen, auch wenn sie das nicht wussten. Er wollte sie erschrecken, auseinandertreiben und in die Flucht schlagen. Aber diese Hoffnung war trügerisch, denn offenbar hatte Grald die Soldaten auf genau so einen Angriff vorbereitet.
Als die Krieger Drakonas sichteten, setzten sie ihren Angriff auf die Stadt unbeeindruckt fort. Sie überließen es den Kriegerinnen, den Drachen abzuwehren. Unglaublich rasch beschworen die Frauen einen wahren Orkan aus Magie, mit dem sie Drakonas jagten. Er hatte keine andere Wahl, als seinen Sturzflug abzubrechen und sich zurückzuziehen, sonst hätte
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