Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
Drachenkinder sind in Seth«, wiederholte Maristara mit dumpfen Farben.
»Wie konntest du das zulassen?«
»Ich kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein!«, gab Maristara scharf zurück. »Ich kann nicht von Drachenburg aus diesen Krieg vorantreiben, wie du verlangst, und gleichzeitig Gralds Monsternachwuchs jagen.«
Anora griff nur ein Wort auf. »Monster. Ja, dafür werden die Menschen in Seth sie halten. Ihr Leben lang hat man ihnen eingeschärft, dass sie die Drachen fürchten müssen. Wir müssen uns keine Sorgen machen. Zweifellos haben die Menschen sie mittlerweile getötet.«
»Im Gegenteil – sie haben sie mit offenen Armen aufgenommen«, gab Maristara zu. Sie hätte ihre Gedanken wohl lieber für sich behalten, aber Anora entdeckte sie trotzdem. »Ich habe den Kontakt zur Hohepriesterin verloren. Das Herz im Medaillon ist zu Staub zerfallen. Sie haben Lucrettas Körper gefunden und sie von meinem Zauber befreit. Der Körper, den ich übernommen hatte, ist tot. Zum Glück war ich zu dem Zeitpunkt nicht in ihm. Ich hatte ihn abgelegt.«
»Ich glaube, du hast deinen Verstand abgelegt! Eines der zwei Menschenreiche unter Drachenherrschaft – Seth ist für uns verloren!«
»Wir erobern es zurück.« Maristara war voller Zuversicht.
Blinde Zuversicht – die Zuversicht der Unwissenheit, dachte Anora zähneknirschend. Kein Kontakt mehr nach Seth. Die Drachenmeisterin entlarvt. Dabei wäre es nur logisch gewesen, wenn die Menschen aus Seth die monströsen Halbdrachen umgebracht hätten.
Menschen sind so schrecklich unberechenbar! Anora schäumte. In Nonnentracht hatte sie mit Unterbrechungen viele Jahre unter Menschen verbracht, aber immer noch verschlugen ihre Reaktionen Anora oft die Sprache.
Wir müssen sie vernichten, begriff Anora. Sie alle. Erst dann haben wir endlich Frieden.
»Und in Ramsgate läuft alles gut?«, vergewisserte sich Maristara. »Alles wie geplant?«
»Ja«, antwortete Anora. »Alles planmäßig. Die Drachenarmee marschiert bei Tagesanbruch los. Wenn morgen die Sonne untergeht, gähnt statt der Stadt ein Loch im Boden, und die Menschenwelt hat eine bittere Lektion gelernt.«
Damit war das Gespräch der beiden Drachen beendet, und Anora konnte ihren Zauber fortsetzen. Ihr Plan war idiotensicher. Er konnte nicht fehlschlagen. Menschen waren zwar unberechenbar, aber hier konnten sie ihrem Schicksal kein Schnippchen mehr schlagen. Die echte Armee würde sich mit einer Illusion belegen. Eine Illusionsarmee sollte das Schloss angreifen. Die Kanonen würden in die Luft gehen. Die entsetzliche Explosion würde jedes lebende Wesen im Umkreis von zwanzig Meilen auslöschen.
Zwei wichtige Städte zerstört. Der Rest des Reiches Idlyswylde würde um Frieden bitten.
Dann würde die Drachenarmee das Nachbarreich Weinmauer angreifen.
Bedingungen: Kapitulation oder Vernichtung.
Oder vielleicht nur Vernichtung.
Anora begann, ihre Magie vorzubereiten.
41
Am nächsten Morgen brachten die Kundschafter bei Tagesanbruch die Nachricht, dass die feindliche Armee auf die Stadt zumarschierte. Noch war der Feind einige Meilen entfernt und rückte nur langsam vor. Ein Bericht besagte, dass man das Sonnenlicht schon von weitem auf ihren Rüstungen blitzen sah. Ebenso den Rauch, der von den Feldern und Gehöften aufstieg, welche die Armee bei ihrem Vormarsch in Brand setzte. Die Krieger riefen Blitze aus heiterem Himmel herab, die Feuer entfachten, wo sie auch einschlugen, so dass es den Opfern so vorkam, als würde Gott selbst sie mit seinem Zorn strafen. Manche begannen zu schreien, dass diese Krieger keine Dämonen seien, sondern Racheengel, die sie für ihre Sünden strafen sollten.
»Das Ende der Welt ist gekommen«, jammerten sie. So war es auch, aber sie ahnten nicht den wahren Grund.
Nachdem König Edward von dem schrecklichen Blutzoll in Neubramfels gehört hatte, hatte er die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus Ramsgate-upon-the-Aston befohlen. Die Klöster und Abteien der umliegenden Orte nahmen viele der Flüchtlinge auf. Kaufleute schlossen ihre Geschäfte, packten ihre Waren ein und reisten auf dem Fluss oder über Land ab. Nachdem die Zivilisten gegangen waren, zog der König die Soldaten von den Stadtmauern im Schloss zusammen, das sie verteidigen sollten.
Edward bemühte sich, seine Soldaten zu überzeugen, dass diese Krieger weder Dämonen noch Engel waren, sondern normale Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Aber nur wenige glaubten ihm. Der König hätte natürlich auf
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