Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
aufgehalten? Was sagten und taten sie dann?
Bei Nacht hatten wesentlich weniger Gesegnete auf der Brücke Dienst. Auf der Stadtseite waren es nur drei Posten, auf der Palastseite noch immer kein einziger. Das konnte nur daran liegen, dass es im Palast niemanden zu bewachen gab, was insbesondere für die Tochter von Anton und Rosa ein düsterer Gedanke war.
Er wartete und wartete. Niemand machte Anstalten hinüberzugehen. Eine Stunde später war Drakonas klar, dass es auch niemand versuchen würde. Wenn es hieß, dass niemand den Palast betrat, dann war dies die Wahrheit.
Die Gesegneten wanderten ziellos umher. Mitunter trafen sie einander, wechselten ein paar Worte und gingen dann weiter. Drakonas überlegte, ob er sich mit Hilfe seiner Magie unsichtbar machen sollte. Bei normalen Menschen wirkte die Illusion. Bei diesen Mönchen war er sich nicht so sicher. Während einer der ihren, der die Brücke überqueren wollte …
Er fasste seinen Entschluss, stand auf und hielt zielstrebig auf die Brücke zu.
Die Mönche dort waren es offenbar nicht gewohnt, bei Nacht mit Eindringlingen fertig zu werden, denn sie waren bass erstaunt, als Drakonas plötzlich aus der Nacht trat. Sie bemerkten ihn erst, als er schon fast bei ihnen war. Alle drei starrten ihn so verwundert an, als würden sie sich fragen, ob er vielleicht eine Erscheinung war.
»Seid gegrüßt, Brüder«, begann Drakonas freundlich. Mit flatternden Roben ging er an ihnen vorbei und blickte zum Himmel. »Wenigstens regnet es nicht mehr. Dann habe ich meinen Auftrag sicher erledigt und liege längst im Bett, bis es wieder schüttet.«
Dabei ging er unbeirrt weiter, als wäre es das Normalste auf der Welt, bei Nacht über diese Brücke zu laufen. Keiner der Mönche sagte ein Wort oder rührte sich. Schon glaubte er, er hätte es geschafft. Aber beim nächsten Schritt glitt einer zur Seite und baute sich entschlossen vor Drakonas auf.
»Hier darf niemand durch«, sagte der Mann. Sein Ton war nicht drohend, sondern einfach eine höfliche Feststellung. Seine Augen allerdings blickten nicht ziellos in der Gegend herum, sondern sie wirkten ziemlich gesund. Viel zu gesund.
»Aber der Drache hat es verlangt.« Drakonas gab sich einen erstaunten Anschein. »Ich sollte die Waffenlieferung begutachten, die heute in den Palast gebracht wurde. Offenbar ist der Drache mit der Qualität nicht recht zufrieden. Er will den Schmied vielleicht morgen früh zur Rechenschaft ziehen.«
»Das kann nicht deine Sorge sein, Bruder. Darum kümmern sich die, die drinnen sind«, erwiderte der andere ruhig.
»Aber ich soll mich persönlich darum kümmern«, wandte Drakonas ein.
»Das muss ein Irrtum gewesen sein.«
Der Mönch ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und rührte sich keinen Zoll breit vom Fleck. Drakonas spähte an ihm vorüber zum gegenüberliegenden Ende der Brücke. Natürlich konnte er einfach loslaufen. Mit seiner Drachenkraft und der entsprechenden Geschwindigkeit konnte er dem Menschen leicht davonrennen. Doch als er sich wieder dem Mönch zuwandte, bemerkte er einen Lichtschimmer wie von feiner Gischt im Sonnenlicht – nur gab es hier weder Wasser noch Sonne. Wenn er direkt auf das Ende der Brücke starrte, verschwand das Schimmern, doch wenn er die Augen abwendete, war es wieder da.
Drakonas war hin und her gerissen. Er war schon in vielen Drachenhorten gewesen und erkannte eine magische Schranke auf Anhieb. Diese hier war zweifelsohne so sensibel, dass sie auf jeden Rattenschwanz reagieren würde. Drakonas konnte gegen den Mönch und die Schranke natürlich seine Magie einsetzen, aber beim Blick in die viel zu klaren Augen seines Gegenübers keimte bei ihm der Verdacht, dass dieser Mann selbst ein paar Tricks kannte. Ein magisches Feuerwerk gleich vor Gralds Wohnzimmerfenster war das Letzte, was Drakonas momentan wollte.
Ihm fiel kein überzeugendes Argument mehr ein. Grollend, weil er angeblich Ärger bekommen würde, stapfte er davon und zog sich in die Straße zurück. Aus einer Seitengasse heraus warf er noch einen Blick auf die Brücke, die unnachgiebigen Wachen und die unsichtbare Sperre.
»Niemand darf hindurch«, wiederholte er. »Nur wer ausdrücklich eingeladen ist, und nur die Frauen, die starke Drachenmagie in sich tragen. Niemand anders darf hinüber, nicht einmal die Gesegneten. Was ist denn in dem Palast, wenn es niemand sehen darf?«
Niemand durfte hinüber. Jedenfalls nicht über die Brücke, und die war der einzige Zugang zum
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