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Das verbotene Land 3 - Drachenbruder

Das verbotene Land 3 - Drachenbruder

Titel: Das verbotene Land 3 - Drachenbruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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Zweibeiner musste nicht nur wie ein Mensch aussehen, sondern sich auch so fühlen. Inzwischen glaubte er sozusagen selbst an die Lüge, sonst wäre es ihm nie möglich gewesen, das Wesen der Menschen zu begreifen und als Mensch durchzugehen.
    Er überlegte, wie es wohl wäre, als Mensch in diese Höhle vorzudringen – voller Angst vor den Fledermäusen und ohne etwas zu sehen. Ein Mensch würde gegen die Wände laufen, über unsichtbare Hindernisse stolpern und sich dann im Gewirr der Gänge verlaufen. Und ständig befürchten, dass er sein empfindliches Fleisch verletzte oder sich die Knochen brach, den Kopf irgendwo anstieß oder ein ungeschütztes Auge verlor.
    In seiner Drachengestalt steckte Drakonas in Schuppen, die härter waren als jeder von Menschen geschaffene Stahl. Seine Augen entdeckten eine Ratte auf fünfzig Schritt Entfernung, auch wenn es ringsherum pechschwarz war. Er hatte einen Schwanz, der mit einem Schlag Bäume fällte, messerscharfe Klauen und lange, spitze Zähne. Zudem loderte in seinem Blut das Feuer der Magie. Keine Kreatur der Welt konnte es mit ihm aufnehmen, abgesehen von seinen eigenen Artgenossen.
    Jedenfalls bisher.
    König Edwards Kanonen stellten zur Zeit noch keine Bedrohung dar, doch eines konnte man den Menschen zugute halten: Bei ihnen gab es keinen Stillstand. Ständig strebten sie weiter, stapften sturköpfig ihr ganzes, kurzes Leben lang voran und machten dabei Fortschritte, wie sie es nannten. Seit ihre frühesten Vorfahren einst kleine Tiere mit Steinen zur Strecke gebracht hatten, beobachteten die Drachen die Menschen. Und nun hatten sie Kanonen. Vermutlich hatte Anora Recht. Man konnte davon ausgehen, dass die grobe Kanonenkugel, die momentan erst ein paar hundert Fuß weit flog und schließlich im Hirsefeld landete, eines Tages eine Zerstörungsgewalt haben würde, die diesen Berg hier sprengen konnte.
    Erstmals in der Geschichte der Menschheit würden die Drachen mit ihren Jungen, die in ihren sicheren Höhlen tief unter der Erde wundersame Träume webten, der Gnade der Menschen ausgeliefert sein.
    Sie würden sich nie wieder in Sicherheit wiegen können. Wie die Menschen würden fortan auch die Drachen in ständiger Angst leben.
    An diesem Punkt wäre Drakonas beinahe umgekehrt und zur Hintertür wieder hinausspaziert. Am liebsten wäre er in seinen eigenen Hort zurückgekehrt und hätte gesagt: »Zur Hölle damit. Zur Hölle mit ihnen.«
    Da aber fielen ihm seine Worte an Lysira wieder ein. Schöne Worte über die Freiheit und das rechte Handeln.
    »Die Drachen werden sich der neuen Welt anpassen müssen«, sagte er sich. »Wir müssen uns ändern. Etwas geht verloren. Bei jeder Veränderung geht etwas verloren. Aber es wird auch etwas gewonnen, denn auch das ist gegeben. Jedenfalls hoffe ich es.«
    Während er sich fragte, ob der Alarm ausgelöst worden war und ob ihn wohl jemand vernommen hatte, blickte Drakonas forschend in die Finsternis. Er spähte nach den Tunneln, die aus dieser Höhle tiefer in den Hort führten, und entdeckte drei. An jedem einzelnen schnupperte Drakonas und ließ die Luft auf Nase und Zunge einwirken, steckte den Kopf in den Gang und horchte auf das leiseste Geräusch. Er starrte tief in die Dunkelheit, um noch den kleinsten Hinweis wahrzunehmen.
    In keinem Tunnel roch es nach Drachen. Auch das bestätigte ihn in seiner Überzeugung, dass Grald schon lange nicht mehr in diesem Teil des Berges gewesen war.
    Dazu hatte er natürlich auch keine Veranlassung. Er interessierte sich für die Welt der Menschen. Doch es war ein Zeichen, dass der Drache faul geworden war. Obwohl Drakonas in jedem Jahrhundert nur wenige Male seinen Hort aufsuchte, überprüfte er ihn jeweils von oben bis unten. Man musste Zaubersprüche wieder aktivieren oder neu wirken, Fallen nachstellen oder Tiere vertreiben, die sich dort eingenistet hatten. Dabei war es immer wichtig, wenn man wusste, ob dort Fremde herumgeschnüffelt hatten.
    Er fragte sich allmählich, ob der Zugang überhaupt gesichert gewesen war. Angesichts des Fledermausschwarms, der Nacht für Nacht ein- und ausflog, wäre jeder Alarm – sofern er nicht speziell auf Drachen ausgerichtet war – ständig losgegangen.
    Fledermäuse. In einem Drachenhort. Angewidert verzog Drakonas die Lefzen, während er durch ihre knietiefen Hinterlassenschaften watete. Er hielt auf den mittleren Gang zu, denn in den beiden anderen war es still und stank. Aus dem mittleren hingegen drangen ein interessanter Geruch und,

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