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Das verbotene Land 3 - Drachenbruder

Das verbotene Land 3 - Drachenbruder

Titel: Das verbotene Land 3 - Drachenbruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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Seth zurückging und den Leuten sagte, was sie wusste.
    »Ich werde nie wieder nach Seth gehen«, hatte seine Ziehmutter brüsk abgewehrt. »Überall würde ich deine Mutter sehen.« Und dann hatte sie ihn angesehen – was sie selten tat, weil sie seinen Anblick nicht ausstehen konnte – und ihm das Haar aus der Stirn gestrichen. »Das ist deine Aufgabe, Nem.«
    Nem. Nemesis. Bis heute hatte er ihre Worte über »seine Aufgabe« vergessen. Noch im Tod erhöhte sie seine Bürde.
    Bruder und Schwester wanderten schweigend durch den »Palast«. Herzeleids rotes Gesicht und ihre zusammengepressten Lippen zeigten deutlich, dass sie immer noch verärgert war. Da er nichts mehr sagte, ging die dunkle Färbung ihrer Wangen mit der Zeit zurück. Sie lächelte ihn an.
    »Hast du mich aufgezogen?«, fragte sie. »Was Grald betrifft? Angeblich machen Menschen so etwas – sich gegenzeitig aufziehen.«
    Nem mochte viele Fehler haben, aber er hatte nie mit anderen gespielt. Da ihm keine Erwiderung einfiel, blieb er einfach still. Seine Schwester nahm sein Schweigen als Zustimmung. »Sag so etwas nur nicht zu den Kleinen, ja? Ich will nicht, dass du sie durcheinanderbringst.«
    »Einverstanden«, nickte Nem. Er wollte die Kleinen ohnehin nicht näher kennen lernen.
    Die ganze Zeit war er mit Herzeleid durch den »Palast« gelaufen, durch ein endloses, vielfach verzweigtes Netz aus Gängen und Tunneln, die sich manchmal zu kleinen, schützenden Höhlen erweiterten und manchmal in riesige Gewölbe führten. Auf ihrem Weg sahen sie viele Soldaten und Soldatinnen, die durch den Hort zogen. Wenn sie an ihnen vorbeikamen, verneigten sich die Menschen vor Herzeleid, so wie einfache Menschen sich vor Prinz Markus verneigten. Man behandelte sie betont ehrerbietig und respektvoll. Sie hingegen nahm die Ehrbezeugungen und die gemurmelten Grüße wie selbstverständlich hin. Ihr würdevolles Auftreten zeigte deutlich, dass sie nur bekam, was ihr zustand, und nichts weniger erwartete. Nem begegnete man ebenso aufmerksam, aber er konnte damit hier unten ebenso wenig umgehen wie in der Außenwelt.
    Ihm fiel auf, dass die Drachenkinder sich nicht mit ihren entfernten Verwandten vermischten, den Menschen, die zwar Drachenblut in den Adern, aber keine Schuppen auf dem Körper hatten. Die Drachenkinder hatten eigene Wohnräume abseits der Soldaten. Wenn Menschen und Drachen einander begegneten, hielten sich die Kinder abseits. Einmal trafen sie ein Drachenkind, das mit einem Menschen spielte. Herzeleid packte es fest am Arm, zog es in eine dunkle Ecke und schalt es dort tüchtig aus. Dann schickte sie es fort, damit es mit seinesgleichen spielte.
    »Die einzigen Menschen, die unseren Teil des Palasts betreten dürfen, sind die Mütter. Diejenigen, die uns auf die Welt bringen.«
    »Ich will sie sehen«, verlangte Nem. Es waren die ersten Worte, die er seit Beginn des Rundgangs gesprochen hatte.
    »Wozu um alles in der Welt?«, wunderte sich Herzeleid. »Es sind Menschen, die starke Magie in sich tragen, aber ansonsten sind sie wie alle Menschen. Abgesehen davon, dass unser Vater ihnen die Ehre erwiesen hat.«
    »Ich will es trotzdem«, beharrte Nem. Er konnte es ihr nicht erklären. Sie würde es nicht verstehen. Schließlich verstand er sich selbst kaum.
    Achselzuckend führte Herzeleid ihn zu dem Ort, wo die Frauen lebten, die bald einen Halbdrachen gebären würden.
    Es waren ungefähr zehn. Herzeleid erzählte, dass es mal mehr, mal weniger waren. Alle standen kurz vor der Niederkunft. Ihre Leiber waren prall und voll, die Gesichter hingegen ausgezehrt und bleich, der ganze Körper ausgemergelt, weil das Drachenkind in ihnen der Mutter die Lebenskraft aussaugte.
    Als Nem sie betrachtete, sah er seine eigene Mutter, Melisande, vor sich. Auch sie war von Grald »beehrt« worden.
    »Überleben manche die Geburt?«, fragte er.
    »Nicht viele.« Herzeleid zeigte wenig Mitgefühl. »Und auch die sterben bald darauf. Warum schaust du sie so an? Man sollte sie beneiden, nicht bemitleiden! Die Frauen in Drachenburg streben nach dieser Ehre! Nur die Allerbesten werden ausgewählt, und sie halten sich für die glücklichsten Menschen der Welt.«
    »Sehen diese Frauen besonders glücklich aus?«, wollte Nem wissen.
    »Sie sind Menschen«, meinte Herzeleid abfällig. »Ich sehe sie mir nur selten an.«
    »Der Drache belügt sie, Schwester.« Nem wiederholte, was Drakonas ihm berichtet hatte. »Er erzählt ihnen, sie würden in diesem Palast jeden Luxus

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