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Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)

Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)

Titel: Das verbotene Reich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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denen die alten Worte lagerten. Jedes Manuskript maß hochkant beinahe einen Meter und umfasste lose, jahrhundertealte Seiden- und Leinenblätter, die in Stoff gehüllt und zwischen zwei geschnitzte Bretter gepresst waren. Im Rahmen seiner Ausbildung hatte er persönlich mehrere von ihnen restauriert. An den Wänden hingen Silberlampen, doch ihr Licht war überflüssig, da strahlender Sonnenschein durch die oberen beiden Galerien flutete. Draußen verkündete der klagende Ton einer von einem Bruder geblasenen Schneckenmuschel, dass es fünfzehn Uhr war.
    »Von uns allen seid ihr es, die ihr nach meiner Überzeugung die beste Chance habt, in einflussreiche und mächtige Positionen aufzusteigen. Einer von euch könnte sogar Parteigeneralsekretär werden, was uns unserem Ziel wesentlich näher bringen würde. Ich habe dafür gesorgt, dass jeder von euch einen angemessenen Start bekommt. Ihr seid bereit. Geht also vorwärts. Tou liang huan zhu.«
    Ersetzt die Balken und Pfosten durch morsches Holz.
    Tang verstand das Sprichwort vollkommen.
    Sabotiert oder zerstört die Schlüsselstrukturen, auf die sich eure Gegenspieler stützen, und ersetzt sie durch eure eigenen. Verdrängt euren Gegner, übernehmt die Kontrolle von innen.
    »Wenn man die Räder festhält, kann der Wagen nicht fahren«, sagte Pau Wen. »Wenn die Balken und Pfosten entfernt werden, fällt das Haus zusammen.«
    Tang war stolz darauf, ein Teil dessen zu sein, was nun beginnen würde.
    »Ich breche bald von hier auf«, stellte Pau klar. »Das ist notwendig, damit wir Erfolg haben und unser Ziel erreichen. Aber ich werde eure Fortschritte aus der Ferne überwachen und lenken. Bruder Tang wird mein Sprachrohr sein.«
    Hatte er richtig gehört? Warum keiner der älteren Brüder? Er war noch nicht einmal dreißig und neu in der Ba. Und doch sollte er die Führung übernehmen?
    »Seine Jugend ist sein Trumpf«, erklärte Pau. »Unser Plan wird viel Zeit benötigen. Obgleich viele von euch weit erfahrener sind, arbeitet die Zeit nicht für euch.«
    Tang blickte sich in der Halle um und sah, dass keiner der anderen Brüder die geringste Reaktion zeigte. Die Ba war keine Demokratie. Diese Idee war der legalistischen Denkweise tatsächlich vollkommen fremd. Der Hegemon traf alle Entscheidungen ohne jede Diskussion.
    »Und warum musst du gehen?«, fragte einer der älteren Männer plötzlich.
    Pau Wens Gesicht blieb ausdruckslos. »Ich könnte eine Ablenkung darstellen.«
    »Damit meinst du, dass deine Feinde eingreifen könnten.«
    »Du hegst schon seit langem Vorbehalte gegen unseren Kurs«, sagte Pau.
    »Das ist falsch. Meine Vorbehalte gelten allein dir.«
    Tang wusste, dass dieser Mann fast gleichrangig mit Pau Wen war. Man schätzte ihn in der Hauptstadt, und die Partei kannte ihn. Er war angesehen. Aber Tang begriff auch, was Pau gerade tat.
    Den Tiger aus den Bergen locken.
    Viel besser, als sich auf gefährliches und unvertrautes Terrain zu wagen, um einem Gegenspieler entgegenzutreten, war es, ihn dazu zu bringen, vorzutreten und sich zum Kampf zu stellen.
    »Du schickst uns in einen schwierigen Kampf«, sagte Paus Gegner. »Und du bist nicht bereit, ihn an unserer Seite auszufechten. Manche von uns mögen Erfolg haben, aber viele werden scheitern. Du dagegen kannst nicht verlieren.«
    »Was soll ich deiner Meinung nach tun?«
    »Bleibe zumindest hier.«
    Ein kluger Schachzug, dachte Tang. Wenn ein Gegner im Vorteil war, leistete man ihm besser nicht direkten Widerstand, sondern man schwächte seine Kräfte. Brachte ihn dazu, einen Fehler zu begehen. Bei einem weniger gewieften Mann hätte dieser Trick vielleicht funktioniert …
    »Aber dann könntest du meine Autorität nicht untergraben«, hielt Pau dagegen.
    Die Blicke hefteten sich ineinander.
    »Ich weiß, was du die ganze Zeit getan hast«, erklärte Pau. »Ich weiß, dass du, kaum dass ich weg bin, alles an dich reißen wirst, was ich geplant habe. Deshalb habe ich dich nicht zu meinem Sprachrohr ernannt. Und deshalb sind wir hier, damit alle von deinem Verrat erfahren.«
    Der Mann hielt die Stellung, mit geradem Rücken und stählerner Entschlossenheit. »Du wirst unser Untergang sein.«
    Paus Arme waren vor der Brust verschränkt und die Hände unter den Ärmeln seines Gewandes verborgen. Tang beobachtete, wie die Augen des älteren Mannes, der ansonsten keine Miene regte, nach links blickten. Der Bruder, der Paus Herausforderer am nächsten stand, trat zwei Schritte vor, packte den Kopf des

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