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Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)

Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)

Titel: Das verbotene Reich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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weiter, gewiss versengten die Flammen schon die Füße des Mannes.
    Der Gefangene begann mit dem Kopf zu nicken, um sein Nachgeben zu signalisieren.
    »Das hat ja nicht lange gedauert.« Pau winkte, und der Mann auf dem Dachboden schwenkte den Gefangenen von den Flammen weg. Das Klebeband wurde vom Mund des Mannes gerissen. Ein quälender Schrei durchdrang die Nacht.
    »Hier gibt es niemanden, der Sie hören könnte«, rief Pau. »Die nächsten Nachbarn wohnen Kilometer entfernt. Sagen Sie mir, was wir wissen wollen, oder Sie hängen gleich wieder dort oben.«
    Der Mann schnappte ein paarmal nach Luft und schien sich zu fassen.
    »Tang … will Ihren Tod. Und ebenfalls den von Minister Ni.«
    »Erzählen Sie mir mehr«, rief Pau.
    »Er ist … hinter der … Lampe her. In diesem … Moment.«
    »Und Cassiopeia Vitt?«
    »Sie ist ebenfalls … dahinter her. Man hat sie … entkommen lassen. Männer … folgen ihr.«
    »Sehen Sie, Herr Minister«, flüsterte Pau leise. »Das ist der Grund, warum es bis heute Folter gibt. Sie funktioniert. Man erfährt eine Menge entscheidender Dinge.«
    Das elende Gefühl in Nis Magengrube wurde stärker. Gab es denn keine Regeln, keine ethischen Grenzen? Was war mit seinem Gewissen geschehen?
    Pau winkte erneut, und der Gefangene wurde auf den Boden heruntergelassen. Einer der Männer in den grünen Kitteln zog sofort eine Pistole und schoss den Gefesselten in den Kopf.
    Ni stand schweigend da und fragte schließlich: »War das nötig?«
    »Was hätte ich denn tun sollen? Ihn freilassen?«
    Ni antwortete nicht.
    »Herr Minister, wie wollen Sie China führen, wenn Sie nicht den Mut haben, sich selbst zu verteidigen?«
    Dieser Tadel passte ihm nicht. »Ich glaube an Gerichte, das Gesetz und die Justiz.«
    »Sie lassen sich gerade auf einen Kampf ein, den nur einer von Ihnen beiden überleben wird. Weder Gerichte noch das Gesetz oder die Justiz werden diesen Konflikt entscheiden.«
    »Mir war nicht bewusst, dass dies ein Kampf auf Leben und Tod ist.«
    »Hat Karl Tang das nicht gerade eben deutlich gemacht?«
    Das war wohl so, dachte Ni.
    »Tang ist vollkommen skrupellos. Er hat Männer losgeschickt, um den Kampf zu beenden, bevor er überhaupt richtig losgegangen ist. Wie werden Sie darauf reagieren, Herr Minister?«
    Die letzten paar Stunden an diesem Ort der Gewalt hatten Ni ein sonderbares Gefühl der Verwundbarkeit eingeflößt und alles in Frage gestellt, was er über sich zu wissen meinte. Er hatte nie unmittelbar jemandes Tod befohlen – allerdings hatte er viele Menschen festgenommen, die schließlich hingerichtet worden waren. Zum ersten Mal spürte er die Last des ungeheuren Unterfangens, das er sich aufgebürdet hatte. Vielleicht hatte Pau recht. Es erforderte Stärke, China zu regieren. Aber eines fragte er sich. Könnte er mit derselben kühlen Gleichgültigkeit töten, die Pau Wen zeigte?
    Wahrscheinlich nicht.
    »Wir müssen los«, sagte Pau. »Es ist nur eine kurze Fahrt.«
    Ni wusste, wo sie hinwollten.
    Zum Dries-Van-Egmond-Museum.
    Bevor es zu spät war.
    24
    Provinz Gansu, China
    Tang machte die Wohnwagentür auf und trat in eine mondlose Nacht hinaus. Die Sterne waren von Wolken verdeckt. Hier, Hunderte von Kilometern von der nächsten Stadt entfernt, war die Luft erfrischend klar. Er wippte in den Knien. Alte Gefühle brodelten in ihm. Er war dicht daran – ganz dicht – und er wusste es.
    Er dachte an seinen Vater und seine Mutter, naive Menschen, die nichts über die Welt jenseits ihres schlichten Dorfes wussten. Die Familie hatte abgelegen in den Bergen zwischen Bäumen und terrassierten Gemüsefeldern gelebt. Sein Bruder war beim Kampf gegen Aufständische in Tibet gefallen. Keiner hatte ihnen je erklärt, was dort vorgefallen war. Seine Eltern hatten nicht danach gefragt, und es lag kein Bericht vor .
    Aber das spielte keine Rolle.
    Bekämpfe den Egoismus. Das hatte Mao gepredigt. Glaube an die Partei, vertraue dem Staat. Das Individuum bedeutete nichts.
    Seiner Familie war Mao heilig gewesen. Doch sein Vater hatte auch große Hochachtung vor Konfuzius empfunden, genau wie dessen Vater vor ihm.
    Erst nachdem Tang sein Dorf verlassen hatte – man hatte ihn eigens für eine höhere Bildung ausgewählt –, hatte er den dramatischen Widerspruch begriffen. Sein Philosophiedozent an der Universität hatte ihm die Augen geöffnet.
    »Ich will Ihnen von einem Mann erzählen, der im Staat Song lebte und getreulich sein Feld bestellte. Seine Bemühungen

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