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Das verbotene Tal

Das verbotene Tal

Titel: Das verbotene Tal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Schroeder
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das hatten wir eben nicht — aber
wir kamen aus. Und solange wir unsere Mutter hatten, haben wir nie etwas
vermißt!“ Wehmütig blickte er vor sich hin.
    „Sie ist gestorben, ehe Sie von hier
fortgezogen sind, nicht wahr?“ Paul mochte sich nicht aufdrängen, aber er
merkte doch, daß Dave Brunson reden wollte.
    Der Besucher nickte. „Deshalb sind wir
ja gerade fortgegangen. Ohne Mutter hielt Dad es auf der Farm nicht mehr aus.
Es war... als ob... als ob er nur noch halb wäre, nachdem sie nicht mehr war.
Da hat er dann alle Türen und Fenster zugenagelt, und wir sind in die Großstadt
gezogen.“
    „Sicherlich haben Sie aber dort das Tal
vermißt?“
    „Zuerst gewiß, aber ich war erst zehn
Jahre alt, und das Stadtleben war doch für einen kleinen Jungen recht spannend...
ja, bis Dad als Soldat nach Pearl Harbour ging und nicht mehr zurückkehrte!“ Er
lächelte verkniffen. „Ein paar Jahre habe ich dann so herumgewurstelt, ohne
überhaupt an den alten Hof zu denken... bis eines Tages der Arzt meinte, Letty
gehöre aufs Land. Da beschlossen...“ Er zögerte einen kleinen Augenblick und
verbesserte sich dann: „Da beschloß ich, es ganz neu mit dem Hof zu versuchen.
Vielleicht — und darauf kam es mir hauptsächlich an — würde Letty doch
kräftiger werden. „
    Paul lachte. „Davon bin ich überzeugt.
Sehen Sie als Beweise nur Timmy und unseren kleinen Nachbarsjungen Boomer an!
Da merken Sie sofort, was frische Milch und selbstgezogenes Gemüse ausmachen!“
    „Wenn Sie doch recht hätten!“ seufzte Dave.
„Ich habe darauf all mein Hab und Gut gesetzt!“
    Paul Martin schaute der alten Limousine
des neuen Nachbarn nach, bis sie im Dunkel verschwand. Dann kehrte er
nachdenklich ins Haus zurück.
    „Wenn man so das uralte, klapperige
Auto ansieht*, grübelte er, „dann gab es nicht viel Hab und Gut einzusetzen!“
    Als er nachher mit Ruth sprach, gab
auch sie zu, daß es gewiß besser sei, Brunsons erst etwas in Ruhe zu lassen,
bis man sie besuchte. Vor allem Boomers Mutter, Frau Bates, wollte sie ganz
energisch zur Zurückhaltung mahnen, denn sie hegte schon allerlei Pläne, die
Neuankömmlinge auf ihre forsche Art willkommen zu heißen.
    Wenige Tage später stürmte Timmy in die
Küche, wo seine Mutter bügelte.
    „Mom, Mom!“ rief er ganz aufgeregt. „Eben
habe ich Herrn Brunson getroffen, und er hat mir gesagt, er habe Letty ein Pony
gekauft!“ Draußen klappte die Tür: Lassie kam ebenfalls hereingetollt.
    „Ein Pony?“ Es versetzte Ruth einen
leisen Stich: Auch sie hatten vorgehabt, in diesem Frühjahr Timmy ein Pony zu
schenken. Aber dann hatten sie es wegen des neuen Traktors aufschieben müssen. „Ach,
das ist aber schön!“ brachte sie hervor.
    „Er sagt, nun wird Letty reiten lernen.
Und ich soll kommen und mir das Pony ansehen!“ Er bekam kaum noch Luft. „Dürfen
wir heute hin, Lassie und ich?“
    „Ist das nicht etwas früh, mein Junge?“
bremste Ruth. „Laß doch Letty lieber ein wenig Zeit, sich mit dem Pferdchen
anzufreunden!“
    Timmy schien zutiefst enttäuscht, bald
aber hatte er sich gefaßt.
    „Gut! Aber darf ich dann zu Boomer
gehen und es ihm erzählen?“
    „Aber natürlich! Komm nur nicht zu spät
zurück!“
    „Ja, Mom!“ Und schon fiel die Tür
hinter Timmy und Lassie ins Schloß.
    Timmys Freund Boomer war gerade dabei,
einen Stall für die Küken zu basteln, die sein Vater ihm versprochen hatte. Die
Nachricht von Lettys Pony schien ihn nicht aufzuregen — im Gegenteil, er
schniefte geringschätzig.
    „Pferde machen nur Umstände!“ meinte er
abweisend. „Ich jedenfalls möchte keines haben. Immerzu muß man sie striegeln,
füttern und was weiß ich alles!“
    „Na, ich täte das ganz gern!“ seufzte
Timmy etwas sehnsüchtig. „Ich glaube, mir würde das Spaß machen.“
    „Mir bestimmt nicht!“ Energisch
hämmerte Boomer einen widerspenstigen Nagel krumm.
    „Wofür ist das denn?“ fragte Timmy,
indem er auf den halbfertigen Stall deutete.
    „Für meine Hühner, die ich bekommen
soll“, erklärte Boomer. „Darin halte ich sie, bis sie groß sind; dann verkaufe
ich sie. Und von dem Erlös hole ich mir ein neues Fahrrad.“
    „Wie viele Küken bekommst du denn?“
Timmy schien nicht so überwältigt, wie Boomer es gehofft hatte.
    „Na, vielleicht hundert!“ prahlte er.
    Mißtrauisch betrachtete Timmy das
kleine, schiefe Gebilde aus alten Latten. „Die werden es aber höllisch eng
haben!“
    „Der wird ja noch größer!“

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